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Schweinemäster mobilisieren zum Boykott

Statt dass gewisse Schweinemäster (Aufnahme aus ihren Betrieben in Heft 10/97) ihre Ställe endlich auf tierfreundlich umstellen, versuchen sie hinter den Kulissen zum Boykott der Mythen-Post zu mobilisieren. Akut davon betroffen ist der Ort Steinen.
Ein Innendekorateur und langjähriger Kunde erklärte anfangs Dezember ’97 gegenüber der Mythen-Post, dass er momentan unmöglich in unserem Heft inserieren könne: „Ich kann mir das schlichtweg nicht leisten.“ Grund: betroffene Schweinemäster und mit ihnen wirtschaftlich verflochtene Gewerbler (u.a. ein lokaler Bauunternehmer und Zimmermann) üben am Stammtisch Druck auf ihn aus.

Noch sind offenbar gewisse Tierhalter der Meinung, sie könnten es bis in alle Ewigkeit bei den alten Zuständen belassen. (Aufnahme aus einem Schweinestall an der Rossbergstrasse ob Steinen.)

„Ein grosser Fehler“
Ein anderer Gewerbler, Garagist im Frauholz, bestätigt das: „Die Mäster begehen eine grossen Fehler. Statt vor ihrer eigenen Tür zu kehren und die Missstände in Ordnung zu bringen, versuchen sie sich an der Mythen-Post zu rächen.“
Für unsere Zeitschrift ist die Ergründung dieser Vorgänge äusserst interessant, sieht man doch, wie das lokale Gewerbe zusammengesetzt ist, wo Abhängigkeitsverhältnisse bestehen usw.

Wider Inserate-Boykotten
Die verfassungsmässig garantierte Pressefreiheit kann nur von unabhängigen Medien garantiert werden. Hier kommt es zu einem Problem: Die Medien sind betriebswirtschaftlich in hohem Masse von Werbeeinnahmen des Gewerbes und der Industrie abhängig. Umgekehrt sind Unternehmen auf Werbung angewiesen.
Was, wenn das Gewerbe versucht, eine kritisch recherchierende Redaktion gefügig zu machen? In Zusammenhang mit den Enthüllungen über die Zustände in Schwyzer Schweinefabriken wird auf die Mythen-Post wirtschaftlich Druck auszuüben versucht. Involvierte Kreise argumentieren, Schweinemäster seien auch „Gewerbler“ und müssten deshalb „geschützt“ werden. Es gehe nicht, dass diese Leute offen kritisiert würden.
Die Mythen-Post hat absolut nichts gegen das Halten von Schweinen, nur sollen es die Tiere gut haben. Hier aber liegt genau das Problem: Rückständige Gewerbler sehen nur die Wirtschaftlichkeit und klammern die Ethik aus. Profit ist ihnen wichtiger als das Wohlergehen der Tiere.

Es wird mehr Druck zu machen versucht als man denkt
Boykottdrohungen durch Wirtschaftsunternehmen sind hierzulande keine Seltenheit. Auch in der Region Schwyz finden sie statt. Wer daran zweifelt, frage z.B. den ehemaligen Chefredaktor des „Boten der Urschweiz“ Karl Wiget, Ibach, oder Ex-BMW-Garagist Franz Schibig, Seewen.

Kleine besonders betroffen
Gerade für kleinere Verlagshäuser und Medienunternehmen sei es schwierig, sich einer Einflussnahme auf den redaktionellen Teil zu entziehen, zumal im Extremfall die Existenz auf dem Spiel stehe, sagt dazu auch der Medienwissenschafter Roger Blum.

Werbefreiheit und unabhängige Presse
Natürlich ist es dem werbenden Gewerbe grundsätzlich freigestellt, dort zu inserieren, wo man will. Gleichzeitig aber muss es Ehrensache für Journalisten sein, nicht käuflich zu sein.

Zeitungssterben
In der Schweiz zeichnet sich derzeit ein grosses Zeitungssterben ab. Kleine Zeitungen gehen entweder ein oder werden von grossen aufgekauft.
Journalistische Unabhängigkeit ist heute bereits bei vielen Zeitungen nicht mehr gewährleistet. Die stärkere Berücksichtigung wirtschaftlicher Interessen hat sich vor allem in den vergangenen Jahren zu einem allgemeinen Trend entwickelt.
Redaktionell wirkt sich dies dann mit Vorsicht und Zurücknahme aus. Mutiger Journalismus wird zur Seltenheit.

Heute an der Tagesordnung: „Prostitutions-Journalismus“
Sind Zeitungen nur noch Marionetten, die sich vom Gewerbe und der Industrie nach Belieben manipulieren lassen?
Es ist bedenklich, welchen Einfluss heute die Wirtschaft auf die Presse ausübt (klar ersichtlich z.B. in der NZZ betr. Gentechnik).
„Gut“ ist nur noch das, was Geld einbringt. Kritische Einwände, die wahr sind und nicht widerlegt werden können, sind unerwünscht.

„Schwarze Liste“
Der Presserat des Schweizer Verbandes der Journalistinnen und Journalisten hat sich mit dem Thema Inserate-Boykott auseinandergesetzt und empfohlen, Boykotte der werbenden Wirtschaft seien sofort publik zu machen. Medienschaffende seien ethisch verpflichtet, die mit Boykottdrohungen verknüpften Forderungen abzulehnen.
Die Mythen-Post hat bis jetzt zugewartet und auf eine Verbesserung der Verhältnisse gehofft. Aufgrund der aktuellen Situation behalten wir uns vor, eine Liste der boykottierenden Betriebe zu veröffentlichen.

Aufruf
Gleichzeitig möchten wir die Leserinnen und Leser der Mythen-Post auffordern, bei ihren Einkäufen, Aufträgen usw. umso mehr unsere Inserenten zu berücksichtigen.

Reaktionen

Sehr geehrter Herr Beeler
Sie sind Herrn Dr. Erwin Kessler und seinen Mitkämpfern positiv eingestellt und veröffentlichen in Ihrer „Mythen-Post“ sachliche Berichte über die Missstände in der Tierhaltung und über die Intervention des Vereins gegen Tierfabriken.
Ich möchte Ihnen ganz herzlich dafür danken, da Sie damit für unsere Mitgeschöpfe und die Menschen, die sich für sie einsetzen, eine unschätzbare Hilfe sind. Information ist dringend nötig!
Es ist ja entsetzlich und skandalös, wie mit den Tieren umgegangen wird. Dass dann ausgerechnet sogenannte Christen auch zu den Tierquälern gehören, ist ganz einfach miserabel. Es ist eine Schande, dass die meisten Medien nicht oder nicht richtig darüber berichten dürfen und/oder wollen.
Ihre Haltung und Unterstützung ist umso wertvoller und lobenswert, und ich hoffe, dass es Ihnen möglich sein wird, auch in Zukunft mitzukämpfen!
Ich wünsche Ihnen privat und geschäftlich alles Gute und viel Erfolg und grüsse Sie freundlich H.L. (Name der Redaktion bekannt)

Eine Leserin aus Steinen schrieb dem „Beobachter“ und legte 1 Exemplar der Mythen-Post bei. Redaktor Hans Caprez antwortete:
„Besten Dank für Ihre wertvollen Informationen in bezug auf die Schweinehaltung im Kanton Schwyz. Ein Kompliment gehört der Zeitschrift ‚Mythen-Post‘. Sie hat das Thema mutig aufgegriffen.
Sicher wird sich auch der Beobachter in absehbarer Zeit wieder einmal mit dem Problem der skandalösen Schweinehaltung befassen. Meines Erachtens sind es die am meisten geplagten und geschundenen Nutztiere. Dies gilt natürlich nur für die Intensivmasten. Ich denke, dass stetige Artikel über diese unhaltbaren Zustände schliesslich genug Druck von Konsumentinnen und Konsumenten erzeugen, so dass die Haltung verbessert werden muss.
Ihnen danke ich nochmals für Ihre Informationen, und ich grüsse Sie freundlich: DER SCHWEIZERISCHE BEOBACHTER, Hans Caprez, Redaktion.“

 

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