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Professor und Architekt C. Meier aus Nürnberg spricht Klartext

Gibt es bald eine Trendwende beim Thema Isolieren? Lesen Sie den interessanten Beitrag von Professor C. Meier:

PROF: DR.-ING. HABIL. CLAUS MEIER – ARCHITEKT SRL – WISS: DIREKTOR
NEUENDETTELSAUER STRASSE 39 – 90449 NÜRNBERG
TEL. (0911) 68 97 526 – FAX (0911) 68 97 527
e-Mail:
prof.dr.c.meier@t-online.de Prof. Dr. C. Meier – Neuendettelsauerstr. 39 – 90449 Nürnberg
Frau
Inge Beckel
Redakteurin „tec 21“
e-Mail: beckel@tec21.ch
Nürnberg, den 03.10.2001

 

Paul Bossert: „Geht die Wärmedämmung in die falsche Richtung?“
In SIA-Zeitschrift „tec 21“ Nr. 37 vom 14. September 2001, S.44

 

 

Sehr geehrte Frau Beckel

Da das Bauen heutzutage durch die Energiedebatte präjudiziert wird, greift dieser Artikel ein zentrales Thema auf: Die Gültigkeit des U-Wertes. Immerhin werden große Diskrepanzen zwischen Rechnung und Verbrauch festgestellt. Mathematisch gesehen wird der U-Wert aus der allgemeinen Fourierschen Wärmeleitungsgleichung durch Nullsetzung dieser Gleichung abgeleitet. Dies bedeutet: keine Solarstrahlung, keine Speicherung, konstante Wärmestromdichte. Diese Bedingungen treffen in Realität nie zu: die Sonne scheint immer (diffuse Strahlung genügt), schweres Material (Altbauten) kann speichern, die Wärmestromdichten sind in Richtung und Größe unterschiedlich. Diesem U-Wert-Dilemma steht die „akademische Lehrmeinung“ hilflos gegenüber. Aus Trotz (wir haben seit jeher so gerechnet) wird betonkopfartig am Dogma des U-Wertes festgehalten – mit katastrophalen Folgen.

Gebäude werden heutzutage totgedämmt – mit fatalen Folgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Das Bild zeigt eine desasatröse Glaswolle-Fassadenisolation.

Wird die U-Wert-Funktion mathematisch analysiert, so ergibt sich eine Hyperbel. Dies heißt im Klartext: Mit doppeltem Aufwand wird der halbe Effekt erzielt – die Effizienz nimmt mit dem Quadrat des U-Wertes ab (der Unterschied kleiner U-Werte ist kaum meßbar, zumal der Wärmebrückeneffekt den „rechnerischen Gewinn“ wieder zunichte macht). Dies ist auch der Grund, weswegen das einfallslose Herunterfahren der U-Werte bis zu 0,1 W/m2K (40 cm Dämmung) unsinnig ist. Man läuft einer Fata Morgana nach, wenn man glaubt, die rigorose Reduzierung der U-Werte erbringe auch praktisch einen energetischen Nutzen.

Mit den kleinen U-Werten werden jedoch Wärmedämmverbundsysteme forciert – die aber haben enorme bautechnische Nachteile:

  1. Trotz der Beschwörungen zur „Solararchitektur“ wird die Solarenergie von der speicherfähigen Wand abgekoppelt – dies wird sogar von Prof. Gertis bestätigt; konstruktiv ein energetischer Widersinn.
  2. Durch meist sorptionsdichte und diffusionsbehindernde äußere Schichten des WDV-Systems wird die Entfeuchtung der Konstruktion nach außen stark beeinträchtigt. Durchfeuchtung der Konstruktion ist die zwangsläufige Folge.
  3. Die dann verstärkt nach innen orientierte Entfeuchtung führt an der Innenwand meist zur Schimmelpilzbildung. „Schimmelhäuser“ sind viel diskutierte Sanierungsobjekte. Viele „neue“ Wohnungen sind durch Umweltgifte und Schimmelpilze belastet.
  4. Wegen fehlender Speicherfähigkeit der äußeren Putzschicht unterkühlt nachts die Oberfläche infolge Abstrahlung derart stark, daß Kondensation der Nachtluft und damit Algenbildung meist nicht zu vermeiden sind. Viele „sanierte“ Bauten veralgen. Diese Unterkühlung ist bei Autodächern ja allseits bekannt.
  5. Um die Algenbildung zu vermeiden, wird nun versucht, durch den Einsatz von „umweltverträglichen“ Algiziden das Problem zu lösen. Am Sick-Building Syndrom wird also strikt festgehalten.

Nur die rigorose Abkehr vom Dämmungswahn mit Polystyrol und Mineralwolle kann die Gebäude noch retten. [Textstelle von der Mythen-Post fett hervorgehoben.] Nur die monolithische Massivwand kann die Lösung sein, denn Wärmeschutz wird weitgehend von der Speicherung getragen. Die ausschließliche Beachtung der Dämmung und der damit irrtümlich ausgeübte Zwang zum „MINERGIE-Standard“ mit seinen Superdämmungen führen auch zu irreparablen Bauschäden. Sowohl theoretische als auch die u. a. von Paul Bossert durchgeführten empirische Untersuchungen zeigen, daß damit der falsche Weg gewiesen wird. Die unheilige Allianz von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Administration allerdings glaubt fest an den U-Wert – und irrt damit gewaltig. […]

Was Paul Bossert seit Jahrzehnten predigt, wird langsam, aber nur sehr langsam in den Köpfen der Verantwortlichen wahrgenommen, aber nicht durch Einsicht, sondern nur durch die Macht der überall zu registrierenden, unübersehbaren Bauschäden. „Niedrigenergiehäuser“ mit Holz z.B. faulen langsam vor sich hin.

Prof. Dr.-Ing. habil. Claus Meier
Architekt, Nürnberg

 

Inhalt Mythen-Post 4/02

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