Inserat

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Vorbemerkung: Hier finden Sie Briefe (Faxe) von Urs Beeler an Tierschützer Dr. Erwin Kessler, Präsident des Vereins gegen Tierfabriken, Schweiz:

Mythen-Post Verein gegen Tierfabriken
Dr. Erwin Kessler
Postfach 7 Im Buehl 2
6431 Schwyz 9546 Tuttwil
Tel./Fax 041 811 20 77 Fax: 052 378 23 62

Schwyz, den 13.1.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Herzlichen Dank für Ihren Fax vom 12.1.97.
Damit die Leser wissen, worum’s geht, sah ich vor, ein Bild (VgT-Aktivisten vor dem Kloster Einsiedeln) und die Farbkopie des Beobachter-Artikels (verkleinert) darunter zu plazieren. (…)
Die andere Möglichkeit wäre, dass man die Bilder von der Tierhaltung des Klosters Fahr separat in der Mythen-Post bringt. Dazu müsste ich jedoch einen entsprechenden Text haben. Frage: Sie haben mir gestern gesagt, dass aufgrund einer superprovisorischen Verfügung (?) die VgT-Nachrichten, welche den Kloster-Fahr-Beitrag beinhalteten, zur Zeit nicht verteilt werden dürfen. Könnte man die Sache mit der Mythen-Post umgehen?
Wichtig ist das richtige Timing. Ende Januar erscheint der offene Brief des VgT an das Kloster Einsiedeln. Ende Februar möchte ich dann das Bild von der gestrigen Protestaktion bringen (in Kombination ev. mit einer Kopie des Beobacher-Artikels bzw. den drei Kloster-Fahr-Bildern).
(…)
In der Sonderausgabe werde ich nochmals den Bericht über die Schwyzer Schweinefabriken bringen, dazu ev. den Artikel von M.R. plus ev. zusätzlich noch Ihren Beitrag „Kastration ohne Narkose“. (In diese Ausgabe kommt selbstverständlich ebenso der Artikel über die Protestaktion vor dem Kloster Einsiedeln.) Sie müssen mich jedoch bremsen, wenn ich zuviel „agiere“. Ich habe in der Vergangenheit oft den Fehler begangen, dass ich etwas „zu gut“ machen wollte – und dann zuviel Pulver verschoss („Sowjetisches Kraftwerk…“). Bestimmen deshalb besser Sie, was wann erscheinen soll!
Betr. des gestrigen Autofahrer SZ „xy“ (weinroter Opel Omega Kombi) habe ich nachgeschaut: K., xy, E.. (Ich weiss jedoch nicht, ob diese Nachforschung stimmt, da das betr. Autonummern-Büchlein nicht auf dem allerneusten Stand ist.)
Ein Thema, dem unbedingt grössere Beachtung geschenkt werden muss, ist die Sicherheit. Christoph Blocher hat bei öffentlichen Veranstaltungen meistens Sicherheitsleute um sich. Ich meine, dass Ihre Person besser geschützt werden muss. (Ich mache mir echt Gedanken darum.) Ich finde, man sollte mindestens 4-6 Leute diskret in der Nähe haben, verteilt z.B. auf dem Parkplatz vis-à-vis vom Klosterplatz und vor dem Klostereingang, z.T. ausgerüstet mit Photoapparaten mit Teleobjektiven. „Verdächtige“ könnten fotografiert und brenzlige Situationen sofort festgehalten werden (Dokumentationsmaterial zur Veröffentlichung). Ein paar Stämmige (als „Reserve“), die eingreifen können, wenn’s zu heiss wird, würden auch nichts schaden. [Anmerkung: Das wurde dann auch so gemacht.] Mit der Strategie des „friedlichen Protests“ haben Sie sicher recht. [Anmerkung: Es geht nur mit passivem Widerstand. Alles andere würde nur zu staatlichen Repressionen führen!] Und dass die Prävention das A und O ist, auch. Man muss aber auch für brenzlige Situationen gerüstet sein.
Wichtig ist, dass Sie auch Ihr Haus (vor allem das Archiv, EDV etc.) schützen. Je stärker und „gefährlicher“ Sie für die Agro-Mafia der werden, desto grösser das Sicherheitsrisiko. Prävention ist besser!
Kann sein, dass ich punkto Sicherheit vielleicht übertreibe, weil ich früher zu viele Geschichtsbücher las. Kann sein, dass der Spruch „Wenn es nicht gerüstet ist, kannst du dich auch auf eine Tramschiene legen“ meiner Grossmutter stimmt. Mir geht es aber einfach darum, dass es Ihnen gut geht und Sie Ihre wichtige Tierschutzarbeit mit Elan fortsetzen können.
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler

PS: Ich habe noch etwa 250-300 Mythen-Post 10/96 Hefte „Grauenhafte Schwyzer Schweinefabriken“ an Lager. Faxen Sie einfach, wieviele ich bei der nächsten Protestaktion nach Einsiedeln mitnehmen soll.


Schwyz, den 28.1.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Herzlichen Dank für Ihren Fax vom 27.1.97.
Der „Bote“ hat heute auf der letzten Seite (grosse rote Box) über die VgT-Protestkundgebung vor dem Kloster Einsiedeln berichtet. Mein 7. Sinn sagt mir, dass sich die Sache allmählich zuspitzt. Slogans wie „Militante Tierschützer vor dem Kloster Einsiedeln“ und „Jetzt legen die es noch mit der Polizei an“ heizen die Stimmung an. Wichtig ist, dass man mit der Situation richtig umgeht.
Ich habe einfach das ungute Gefühl, dass an irgend einem Sonntag ein paar frustrierte Gülis und Schweinemäster auf dem Klosterplatz sind und „die frechen Demonstranten vor dem Kloster vertreiben“ wollen. Wenn sich dann noch die konservative Presse und die P. mit diesen Typen verbündet, wird’s schwierig.
Wichtig ist, dass die künftigen Protestaktionen vor dem Kloster Einsiedeln friedlich ablaufen können. Ich versuchte gestern (und auch heute) mit T.S. von der Sicherheitsunternehmung S., B. 102, Tel. xy, Fax 041 zv Kontakt aufzunehmen. Leider bis jetzt ohne Erfolg. S. war früher bei der (…). Sein Sicherheitsdienst umfasst über 30 Personen (inkl. Filiale P.).
Sch. scheint mir gut gesinnt. [Anmerkung: Später nicht mehr. Und betr. Kessler schon gar nicht.] Er machte 1996 – aus Sympathie – einen Inserate-Jahresabschluss, wurde jetzt jedoch von rückständigen Gewerbekreisen unter Druck gesetzt (man drohte ihm, Bewachungsverträge nicht mehr zu verlängern, sondern die Konkurrenz zu berücksichtigen). Da er über 30 MitarbeiterInnen beschäftigt, akzeptiere ich dieses „Opfer“. T.Sch. war wenigstens so ehrlich, mir die Sache, wie sie ist, zu sagen.
Ich bitte Sie, dass die geschilderte Angelegenheit unter uns bleibt (Ich habe T. Sch. versprochen, dass seine Name aus dem Spiel bleibt).
Das Thema Sicherheit besprach ich gestern auch mit meinem Kollegen und Treuhänder M.W. Er empfahl, Sch. vor dem Kloster Einsiedeln zu engagieren. Die Leute seien „Profis“ und trotzdem „günstig“.
Vorgängig mit T.Sch. Kontakt aufzunehmen, lohnt sich schon deshalb, weil sein Sicherheitsunternehmen auch für die Bewachung von xy zuständig ist.
Als Alternative zur Sicherheitsunternehmung Sch. habe ich die „xy“
A.S. hat mir heute am Telefon gesagt, dass es ihm nicht darauf ankomme, ob die VgT-Protestkundgebung von der P. bewilligt sei oder nicht. [Anmerkung: diesen grossspurigen Spruch korrigierte A.S. später.] Seine Leute seien einfach für die Sicherheit und Ordnung da. Der Stundenansatz betrage Fr. 30.- (zusätzlich ev. ein bescheidenes Kilometergeld). „Xy“ würde den Auftrag – mit grösster Wahrscheinlichkeit – übernehmen. [Anmerkung: Dies geschah dann aber nicht.] Die „xy“ arbeiten nebenamtlich; sie bestehen aus kräftigen Bodyguards, welche Sicherheitsaufträge nach ihrer normalen beruflichen Tätigkeit übernehmen. „Xy“ verfügt über ein beträchtliches „Abschreckungspotential“ – und würde sich vor dem Kloster Einsiedeln gut machen. (Ich sehe Sie in meiner Phantasie schon abgeschirmt von diesen breitschultrigen Männern. Ich glaube kaum, dass der „Mann vom Kiosk“ dann nochmals auftauchen würde…)
Xy weiss sich effektvoll in Szene zu setzen. Allein schon der mächtige amerikanische Firmen-Geländewagen besitzt Abschreckungswirkung…
Ich empfehle unbedingt, die Sicherheitsunternehmung xy oder Sch. bei den nächsten VgT-Aktionen in Einsiedeln bzw. im Raum Schwyz beizuziehen. Am besten nehmen Sie mit beiden Kontakt auf.
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 28.1.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Ganz herzliche Gratulation zur neuen Druckerei! Wie schnell Sie das geschafft haben (innerhalb von nicht einmal 14 Tagen!). Ich hoffe, dass alles gut klappt und freue mich auf die kommenden VgT-Nachrichten, welche im ganzen Kanton Schwyz verteilt werden.
(…)
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS: Noch eine Ergänzung zur VgT-Protestaktion vor dem Kloster Einsiedeln vom vergangenen Sonntag: Das Timing war perfekt. Grosse rote Box auf der „Bote“-Rückseite und parallel dazu Ihr offener Brief an das Kloster Einsiedeln in der heutigen Mythen-Post. [Anmerkung: Tatsächlich hatte Kessler jeweils eine Begabung für das richtige Timing.]


Schwyz, den 13.2.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Die Reaktion der (…) Schwyz hat mich erstaunt. Vermutlich hat der „Bote“ das „Mythen-Center“ und „Pelz Werner“ informiert. Von mir sind jedenfalls keine diesbezüglichen Informationen nach aussen gelangt.
Sie wissen am besten, wie auf die entsprechende Situation zu reagieren ist.
Es wäre [Anmerkung: …theoretisch] aber durchaus auch möglich, dass unsere Telefongespräche abgehört wurden.
In unserem Staat ist alles möglich…
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 16.3.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Ich bin froh, dass heute die Demo in Einsiedeln aus Witterungsgründen ausfällt. Erst um 3.00 Uhr kam ich ins Bett. Der gestrige Samstag war ein „Horror-Tag“. Der Computer im Büro stieg aus (Netzteil verbrannt, kaputtes Bord). (…). Glücklicherweise überlebten die Daten. [Anmerkung: Technische Pannen sind für Beeler jeweils der reinste Horror.] Wegen dem mühsamen Ventilator vom angrenzenden Stall konnte ich nicht gut schlafen. Ich muss etwas unternehmen. Beiliegend erhalten Sie einen überarbeiteten Entwurf in dieser Sache. Geht es so?
(…) Nichts will recht funktionieren und ich komme bei meiner Arbeit einfach nicht vorwärts.
Ich hoffe, dass sich die Dinge bald wieder normalisieren.
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 26.3.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Ich versuchte Sie bereits mehrmals telefonisch zu erreichen. Leider ohne Erfolg. Ich konnte auch keine Nachricht auf das Band sprechen, weil Ihr Telefonanrufbeantworter nicht eingeschaltet war.
Kreative Pause? Taktisches Ablenkungsmanöver? Technische Umrüstung auf einen Internet-Anschluss? Auflösung des VgT? Krankheit? Verletzung anlässlich einer Tierschutz-Recherche? Ferien?
Ich bin irritiert und kann mir die plötzliche Sendepause nicht erklären. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Arbeit fortsetzen. Gerade jetzt!
[Anmerkung: Nach dieser „Pause“ kam Kessler wieder in voller Aktion!] Die Tiere brauchen Sie und es ist von historischer Bedeutung, dass Sie Ihre Mission erfüllen.
Obwohl auch ich Repressionen zu spüren bekomme, weil ich Artikel von Ihnen in der Mythen-Post bringe, lasse ich mich nicht erpressen, sondern stehe zu Ihnen. M.A., Termoservice, Cham, drohte mir, falls weiter „Kessler-Artikel“ in der Mythen-Post erscheinen würden, würde er nicht mehr inserieren. „Kessler’s Abschuss ist schon lange reif“, meinte er wörtlich. Ich sagte ihm, dass ich mich nicht erpressen liesse und weiter Ihre Artikel bringen würde. Andere Gewerbetreibende versuchten mir ebenfalls nahe zu legen, keine Beiträge von Ihnen mehr zu veröffentlichen. „Lieber Wasser und Brot“, hiess meine Antwort…
Der kommende Ostersonntag wäre meiner Auffassung nach gut geeignet für eine VgT-Demo in Einsiedeln.
Machen Sie weiter, Herr Kessler!
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 8.4.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Besten Dank für Ihren Fax vom 7. April 1997. Nachdem ich in der M.P. 4/97 noch einige kleine Korrekturen vornehmen musste, habe ich heute morgen den Satz definitiv fertiggestellt.
Dass Sie am 18. April mit RR I. zusammenkommen, wusste ich natürlich nicht. Ich meine, dass man den Beitrag „Regierungsrat I. sucht die Konfrontation – er kann sie haben“ trotzdem bringen kann. Ein präventiver Schuss vor den Bug schadet nichts. Wenn man (…) nicht klar den Tarif durchgibt, geschieht sowieso nichts.
I. ist ein klassischer CVP-Vertreter, welcher von den Schwyzer Agro-Lobby in den Regierungsrat gewählt wurde. (…) Wenn’s nach I. ginge, würde man in der Schweiz weiterhin Landwirtschaftspolitik der alten Schule betreiben.
(…)
Redaktionsschluss für die M.P. 5/97 vom 28. Mai ist Ende April.
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler

PS: Würde mich freuen, wenn RR I. sagt: „Mit dem Kessler kann man durchaus reden, aber Beeler von der Mythen-Post ist ein totaler Extremist…“


Schwyz, den 14.4.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Besten Dank für Ihren Fax vom 8. April 1997. Ein Foto im Freien mit Ihnen und Schmid könnte man am 18. April durchaus machen. (…)
Wir könnten danach auch das weitere Vorgehen betr. Kanton Schwyz besprechen. Falls Sie Lust und Zeit haben, kann ich Ihnen in der Region weitere Objekte (Schweineställe, Kaninchenkästen etc.) zeigen.
Eine sehr schöne Freiland-Hühnerhaltung (ca. 100 Hennen) hat Richy Schuler in Morschach. Man könnte ihn als positives Beispiel in den VgT-Nachrichten bringen.
Ich bin momentan immer noch dran, die Mythen-Post auf Vordermann zu bringen. [Anmerkung: Ein Beelersches Dauerthema…] Ein Hauptfehler von mir war, dass ich in den vergangenen Jahren viel zu viel archiviert habe. [Anmerkung: Es wird eben oft auch Verdrängung betrieben….] Das meiste ist in der Zwischenzeit bereits veraltet. Und man hat heutzutage weder die Zeit noch lohnt es sich finanziell bzw. journalistisch, allzu tief zu recherchieren.
Als Kleinbetrieb muss ich mich auf das Wichtigste beschränken. [Anmerkung: Diese Analyse stimmt durchaus!] Das Ganze wurde total unübersichtlich. Jetzt steht ein Riesen-Altpapierberg für die Sammlung bereit. Die weitere Reorganisation wird jedoch noch Wochen dauern. [Anmerkung: Bei Beeler Jahre…] Etwa im Sommer stelle ich auf die neue DTP-Anlage um [Anmerkung: Gekauft wurde sie im Oktober ’97]. Hoffe, dass alles gut klappt. Mit der Computer-Materie habe ich immer etwas Mühe, weil niemand bis ins letzte Detail Bescheid weiss, man viel zu viel mit Halbwissen konfrontiert wird (selbst beim Importeur der Fall). Bis ich das (relativ) Perfekte habe, muss ich noch sorgfältig evaluieren. Die div. Monitore will ich in Betrieb sehen, um die Qualität beurteilen zu können (gegenüber Prospekten und dem Geschwätz der Verkäufer muss man als Konsument skeptisch sein). [Anmerkung: Diese „Furcht“ und Zurückhaltung war früher gerechtfertigt. Bis in den Jahren 2000-2003 – zum Glück – das Perfekte gefunden wurde.] Vergangene Woche war recht schönes Wetter. Ich sah junges Braunvieh am Rossberg in Steinen weiden. Die Tiere hatten – so bekam ich den Eindruck – „richtig Spass“.
Ich hoffe, dass es Ihnen gut geht und Sie wie ich den Frühling geniessen.
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 14.4.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Haben wir am Telefon „Donnerstag“ gesagt? Donnerstag wäre aber erst der 17. Ich werde um 14.30 Uhr mit dem Auto beim alten AHV-Gebäude (Sitz des Volkswirtschaftsdepartements) sein und Sie abholen. Können Sie mir bitte zur Sicherheit noch rasch mitteilen, ob es nächsten Donnerstag oder Freitag ist?
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 20.4.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Bei Ihnen habe ich zum ersten Mal das Gefühl, jemandem Bücher von Wilhelm Reich geschenkt zu haben, der selber weiter ist als W.R. Und es kommt mir ähnlich vor, als ob ich einem genialen Ingenieur Bücher über die Propellertechnik schenkte, der selber bereits mit Düsen- und Raketentechnik beschäftigt ist und bahnbrechende neue Erfindungen macht.
Als ich mich vor 10 Jahren mit W.R. beschäftigte, sein ganzes Werk studierte, war ich total begeistert. Mir gefiel sein revolutionäres Denken und ich sah nur seine Stärken. Heute – aus der Distanz – sehe ich alles differenzierter. Auch Reich hatte menschliche Schwächen und irrte in gewissen Dingen. Dies tut seinem grossen Werk jedoch keinen Abbruch. Man muss das menschliche Denken immer auch aus der Situation und der Zeit heraus verstehen.
Ich stelle heute in seiner „Rede“ Mängel fest, die ich vor 10 Jahren total übersah.
So zum Beispiel verurteile ich die Tierversuche, die er machte.
W.R. kritisierte die bürgerliche Zwangsmoral; wenn man seine Bücher jedoch genau liest, findet man da und dort Bruchstücke seiner eigenen (nicht ganz überwundenen) Zwangsmoral, z.B. im Verhältnis von Erwachsenen zu „Minderjährigen“, seine Abwehrhaltung gegenüber Homosexuellen etc.
Viele bahnbrechende Gedanken Reichs (natürliches Liebesleben der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen; Entdeckung der muskulären Panzerung; Lösung des Masochismusproblems usw.) werden ihre Gültigkeit bewahren. Eigentlich kommt gar kein moderner Mensch, wenn er weiter kommen will, an Reich vorbei. [Anmerkung: Viele Wege führen nach Rom. Man muss dazu nicht unbedingt Reich gelesen haben.] Interessant für mich ist, dass Sie (ohne, dass Sie sich mit W.R. gross beschäftigt haben) „weiter“ sind. Für mich ist das ein Phänomen!
Ich habe schon einige Bücher durchgeackert, aber niemals diesen hervorragenden, klaren Stil gelesen, den Sie pflegen! Sie besitzen ein unglaubliches analytisches Talent! Ich glaube, dass Sie Ihre Stärke aus sich selbst schöpfen, einfach Ihrer inneren Stimme bzw. Ihrem Instinkt folgen. [Anmerkung: Da hat Beeler durchaus recht. Kessler ist ein Phänomen!]

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Betr. Schmid: Wie gesagt erscheint in der M.P. 4/97 vom 30. April die Schlagzeile „VgT-Protestaktion zeigt ersten Erfolg – Vorbildlich: Gemeinderat Eugen Schmid, Ibach, entfernte tierquälerische Kastenstände“. Dann folgt Schmids Brief an Sie und Ihre Antwort.
In der M.P. 5/97 vom 28. Mai zu dementieren, dass Schmid die Kastenstände nicht entfernt habe, ist taktisch nicht schlecht. Sollte er sie dann im Mai – wider Erwarten – doch noch entfernen, können wir im Juni bringen, dass dies erst im nachhinein erfolgt sei.
Die Schlagzeile „Jesus war der erste Antisemit“ finde ich vom Standpunkt der Phantasie und „Werbewirksamkeit“ her hervorragend. Fraglich ist jedoch, ob es nicht schon vor der Zeit Jesu „Antisemitismus“ gab.
Ganz allgemein: Ich glaube, dass sich die Juden mit dem Antirassimus-Gesetz langfristig selber ein Eigentor schiessen. Wichtig ist beim Thema Schächten eine erfolgreiche Strategie. Sich nicht verrennen oder aufreiben lassen! (Das wissen Sie selbst am besten!) Märtyrertum bringt der Sache unter dem Strich nichts. Mein Vorbild ist in dieser Beziehung der gute alte Friedrich Engels: er hat das Leben genossen und war trotzdem revolutionär (und hat einiges bewegt!). Auch Goethe und andere haben gut überlebt. [Anmerkung: Das sind treffende Erkenntnisse!] Ich hoffe, dass es Ihnen gut geht. Als ich heute Morgen aufstand und aus dem Fenster blickte [Anmerkung: 20. April 1997!], schneite es.
Ich freue mich umso mehr auf einen schönen, warmen Sommer!
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 23.4.97

Lieber Herr Kessler
Vielen herzlichen Dank für Ihren Fax! Gestern habe ich Ihre VgT-Nachrichten erhalten und bis spät am Abend gelesen. Super!
Sie glauben gar nicht, was für eine Riesenfreude Sie mir mit dem Satz machten „eigentlich wäre es logisch, dass wir uns beim Vornamen nennen, betrachte ich Sie doch bereits als guten Freund.“ Dass Sie mich Ihren Freund nennen, bedeutet mir unbeschreiblich viel. Das Wort „Stolz“ gebrauche ich sonst nicht, weil ich weder auf mich noch auf meine Arbeit „stolz“ bin. Aber dass Sie mich Ihren Freund nennen, macht mich stolz. Für mich ist das die höchste Auszeichnung!
Ich habe die Angewohnheit, andere Leute immer belehren zu wollen. Wenn ich jedoch sehe, was Sie leisten und welches unglaubliche Wissen in Ihnen steckt, dann komme ich mir mit meinen 33 Jahren als ziemlicher Grünschnabel vor, der noch viel, sehr viel zu lernen hat (und darüber hinaus mit Lernen auch nie aufhören sollte).
Mir macht die Zusammenarbeit mit Ihnen unglaublich viel Freude – und vor allem Sinn. An Ihrer Seite zu kämpfen, ist ein tolles Gefühl.
Irgendwie ziehen Sie auch die richtigen Leute an. Auf S. 4 der VgT-Nachrichten steht „L. A. W.“, ein hervorragender Anwalt! (Ich habe Ihn vor Jahren erstmals in einer Fernsehsendung gesehen).
Ob Sie zu mir „Sie“ oder „Du“, sagen wollen, ist einzig und allein Ihre Entscheidung. Sie sind der Ältere, Erfahrenere. Wenn es nach aussen besser ist bzw. der Arbeit dient, per Sie zu bleiben, sagen wir uns Sie. Wenn ich bei künftigen Gesprächen jedoch zu viel rede, können Sie mir ruhig sagen „Du, jetzt hör‘ aber einisch uf…!“
Oft bin ich unbeherrscht, zu wenig präzise und schiesse über’s Ziel hinaus. Ich glaube, dass dies mit meiner Krankheit zusammenhängt. Wie ich Ihnen bereits sagte, leide ich an Neurodermitis (genetisch bedingt) und Psoriasis. Die Neurodermitis macht mich manchmal fast arbeitsunfähig, umgekehrt hat sie – so meine ich – aber auch Vorteile. Mit meinem Empfindungsapparat nehme ich viel mehr wahr. Und diese Krankheit gibt mir (wenn’s nötig ist) auch einen erstaunlichen „Kick“.
Ich wollte die Neurodermitis „weg haben“ und stellte dabei fest, dass die Schulmedizin total hilflos ist. Die chemische Keule bringt nichts, ausser unerwünschte Nebenwirkungen. Von den Alternativmedizinern und Naturheilpraktikern hat jeder so seine Theorie. Der eine sagt Amalgam raus, der andere ja nicht herausnehmen; der eine sagt, die Weisheitszähne seien die „Ursache“ und man müsse sie herausoperieren lassen, der andere, sie sollen drin bleiben. Da ich angeblich auf Weizen und Milchprodukte allergisch reagieren würde, verschrieb mir ein „Ganzheitsmediziner“ aus Bern eine strenge Diät. Ich hielt diese Diät ein. Anschliessend wurde – angeblich – die betr. Allergie mit einem Bioresonanzgerät „gelöscht“. Eine Nachkontrolle ergab, dass ich jetzt nicht mehr auf Weizen und Milch allergisch sei. Später lasse ich bei einem anderen Alternativmediziner einen Bluttest machen. Das Resultat: ich sei nach wie vor auf Weizen und Milch allergisch. Ein vor diesen beiden Tests gemachter Bluttest (Enzym-Test) in einem Labor hatte wiederum ergeben, dass ich weder auf Weizen noch auf Milch allergisch reagiere… [Anmerkung: So unpräzise ist die Medizin!] Als ich den Berner Komplementärmediziner mit solchen und ähnlichen Ergebnissen schriftlich konfrontiere, kommt keine Antwort. Auch telefonisch ist er nicht bereit, dazu Stellung zu nehmen.
Kein Mediziner kann sagen, wieviele Prozent der Neurodermitis erblich bedingt sind, wie stark die Umweltverschmutzung eine Rolle spielt, welchen Einfluss das Amalgam hat. Obwohl bereits schon heute viele Menschen an Nahrungsmittel-Allergien leiden, wird das Risiko nicht gesenkt, sondern mit Gen-Food noch erhöht. Verrückt!
Vielleicht darf man heutzutage gar nicht mehr an die „absolute Gesundheit“ denken, sondern muss sich mit einer „relativen Gesundheit“ zufrieden geben. Wilhelm Reich hat zum Beispiel sein Leben lang unter einem chronischen Hautausschlag gelitten. Manche berühmte Schriftsteller litten an Schizophrenie, andere wieder an anderen Krankheiten (Asthma, Epilepsie etc.). Ob es gerade die Krankheit war, die diese Leute zu überdurchschnittlichen Leistungen antrieb?
W.B., der in unserem Haus wohnte, war ein ausgezeichneter Hubschrauber-Pilot. Er sah immer gut und gesund aus (blonder, netter „Sunny-Boy“, auf den die Frauen flogen.). W. rauchte und trank nicht. Plötzlich erkrankte er an Lungenkrebs und starb. Er hinterliess eine Frau mit zwei Kindern. Die Ursache für W.’s Lungenkrebs hat man – soviel mir bekannt ist – nie herausgefunden.
Eine gute Liebesbeziehungen ist für den Menschen die beste Medizin. Wilhelm Reichs sexualökonomischen Theorien stimmen – das weiss ich. Es gibt jedoch noch viele offene Fragen darüber hinaus.
Entschuldigen Sie, dass ich etwas vom Thema abgewichen bin. Aber die Frage, wie der Mensch aus sich selbst heraus die „grösstmöglichen Fähigkeiten“ entwickeln kann bzw. zur „geistigen Objektivität“ gelangt, beschäftigt mich schon lange. [Anmerkung: Beelers geistige Höhenflüge.] Sie besitzen Fähigkeiten, die weit über die eines Normalmenschen hinaus gehen. Das ist faszinierend.

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Die nächste Mythen-Post erscheint am 28. Mai 1997. Haben Sie schon einen Text betr. Schmid oder RR I.?
Nochmals vielen Dank für Ihren lieben Fax vom 22.4.97!
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 23.4.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Mit dem Satz „Sie besitzen Fähigkeiten, die weit über die eines Normalmenschen hinausgehen“, habe ich vermutlich etwas zu stark abgehoben. Diese Umschreibung ist mir zu „mystisch“. Was Sie auszeichnet ist eine überragende Intelligenz, ein klarer Stil, Mut, Kompromisslosigkeit und Hartnäckigkeit. Sie sind ein Kämpfer für die Gerechtigkeit und das Gute.
Sollte ich jemals – wie Sie humorvoll andeuteten – Ihre Memoiren schreiben, dann müssen Sie sie unbedingt vorher absegnen. Über Wilhelm Reich z.B. wurden Bücher und Artikel geschrieben, dass sich dieser im Grab umdrehen würde.
Ich habe die Eigenschaft, alles möglichst gut machen zu wollen und entwickle deshalb oft den Hang zur Übertreibung. Weil ich mit dem Normalen nicht zufrieden bin, steigere mich ins Abnormale…
Die Leute, die mich kennen, attestieren mir eine „unglaubliche Phantasie“. Diese Phantasie kommt mir in vielen Bereichen zugute, aber manchmal wird sie auch etwas gefährlich und sorgt für Missverständnisse. Gerade jetzt kommt mir wieder eine so verrückte Idee, ich als Artist auf einem Hochseil taumelnd zwischen Genie und Wahn… Das würde ein lustiges Bild abgeben.
Dürrenmatt hat einmal in seiner für ihn typischen Art gesagt: „Ich bin ein Komödiant und mache gerne das Kalb.“ Mir geht es genauso.
Einen schönen Abend wünscht Ihnen
mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 28.4.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Da die Mythen-Post Sonderausgabe nicht im Frühling erscheint, habe ich mich kurzerhand entschlossen, Ihre Einzahlungsscheine der M.P. 4/97 beizulegen. Die Kosten fürs Einstecken von rund Fr. 800.- übernehme ich. [Anmerkung: Das ist auch wieder typisch Beeler: Die arme Mythen-Post beschenkt den reichen VgT…] Kürzlich sprach ich mit Radio/TV-Fachmann X.S., S., B. über das Thema Video. Ich erkundigte mich, ob es auch Video-Kameras gäbe, mit denen man in der Nacht Aufnahmen machen könne. X.S. bestätigte dies. Er habe die Kapo S. mit solchen Geräten ausgerüstet.
Nachtsichtgeräte/-kameras wären ideal für Tierschutz-Recherchen. X.S. könnte dem VgT solche Geräte liefern. Er ist seit 7 Jahren Mythen-Post Kunde und uns beiden gut gesinnt. Er hat die Geräte mit der K. getestet und kann Ihnen über die Einsatzmöglichkeiten gut Bescheid geben.
Falls Sie Interesse haben, nehmen Sie doch Kontakt mit ihm auf (Tel. 041 xy, X.S. sen.)
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 2.5.97

Lieber Herr Kessler
Wenn ich mich richtig erinnere, war es Goethe, der in einem seiner Werke sinngemäss schrieb „Und wenn du nicht hast dieses Stirb und Werde, bist du nur ein trüber Gast, auf dieser Erde.“
Ich kennen keinen Menschen, der in den vergangenen Jahren so viel Positives geleistet hat wie Sie! Ihre Arbeitsleistung ist gewaltig! Da ist es doch nur logisch, dass Körper und Geist zwischendurch Ruhe und Zeit zur Regeneration benötigen. Es gibt biophysikalische bzw. psychophysische Gesetzmässigkeiten, die man nicht ausser Kraft setzen kann. [Anmerkung: Das stimmt. Körper und Geist funktionieren nach solchen Gesetzen.] Was den VgT anbelangt, bin ich sehr optimistisch. Sehr stark war der VgT – so habe ich den subjektiven Eindruck – im Jahre 1995. Trotz Sabbat-Jahr waren Sie auch 1996 sehr aktiv. 1997 ist – übrigens auch für mich – ein Jahr der Neuorientierung. Nach einer Phase des Wachstums kommt immer eine kritische Übergangsperiode. Dafür muss man sich halt Zeit nehmen.
Ich kann mich sehr gut in Sie hineinfühlen. Glauben Sie mir: in einem halben Jahr werden Sie schlagkräftiger dastehen als je zuvor! Die neuen VgT-Nachrichten sind unglaublich stark! Wenn eines schönen Tages statt 100’000 über 500’000 oder 1 Mio. Exemplare in die Haushaltungen verteilt werden, dann werden auch die Gerichte vorsichtig. [Anmerkung: Mit der Auflagesteigerung hatte Beeler tatsächlich recht!] Die Strategie entscheidet über die Zukunft. Je stärker Sie und der VgT sind, desto mehr können Sie bewirken.
Politik und Gerichte haben „statische Macht“ und sind träge. Die Stärke des VgT (Ihre Stärke!) ist die Dynamik! Der „physikalische Vorteil“ liegt bei Ihnen!
Sie müssen nur auf Ihre innere Stimme hören (wie Sie es bisher immer getan haben) – dann wird es schon gut (und richtig) herauskommen.
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler

PS: Nur kein Erfolgszwang! Allein schon das, was Sie bis heute geleistet haben, ist von historischer Bedeutung.

 


Schwyz, den 8.5.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Es ist super, wie hoch der Beachtungsgrad der Mythen-Post mittlerweile ist! Sogar eine Untersuchungsrichterin des Bezirksamts Schwyz schrieb mir. Am liebsten möchten diese Leute schon mit Zensur anfangen… ha ha…
Die Mythen-Post 5/97 vom 28. Mai ist bereits in Produktion. Eine Entgegnung wäre also erst in der M.P. 6/97 vom 26. Juni möglich.
Die „Drohung“ an Sie von RR I. kann ich nicht beurteilen. I. soll doch zuerst einen Erfolgsnachweis bringen, dann können wir darüber in der Mythen-Post berichten. Vorschuss-Lob bringt – so meine ich – nichts. Im übrigen kann man einfach argumentieren: Hätte I. im „Boten“ keinen Mist erzählt, so hätte es auch keine Entgegnung in der M.P. gegeben…
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Politikerworte ohnehin nicht viel wert sind.
Nun zu einem anderen Thema: Soll ich über die öffentliche Gerichtsverhandlung vom 4. Juli etwas bringen? Ich weiss nicht, ob das taktisch gut wäre. Erzeugt es nicht Wind in die Segel der Gegner? Umgekehrt böte es natürlich die Möglichkeit, das Schächten und das ARG journalistisch abzuhandeln (was für die Leser sehr interessant wäre). Bestimmen Sie! Gerne würde ich einen topaktuellen Artikel von Ihnen zu diesem Thema bringen (man könnte problemlos ein Pseudonym wählen. Wilhelm Reich hat dies in seinen Sexpol-Zeitschriften oft gemacht; und in der Redaktion, in der ich früher in Zürich arbeitete, machten wir das auch). Zwar ist das Schächten in Schwyz kaum ein Thema, weil es hier auf dem Land keine (?) Juden und nur wenige Moslems gibt. Bezüglich „Meinungsfreiheit“ und „juristischer Willkür“ wäre eine Abhandlung jedoch interessant. [Anmerkung: Das Problem ist der Import von Schächtfleisch!] Die Gerichtsverhandlung vom 4. Juli wird von historischer Bedeutung sein. Eine offene Frage ist, wie sich die Medien verhalten werden. Sie müssen unbedingt eine auf dieses Thema zugeschnittene Ausgabe der VgT-Nachrichten kurz vor oder nach der Gerichtsverhandlung bringen! Die Gefahr der Medien-Manipulation ist sonst gross. [Anmerkung: Tatsächlich war es erstaunlich, wie unterschiedlich die Medien darüber berichteten!] Wie auch immer das Urteil ausfallen mag: cool bleiben! Selbst wenn tatsächlich eine Gefängnisstrafe resultiert, ist dies längst nicht das „Ende“. Wegen ZS-Verweigerung wurde ich im Jahre 1988 zu einer einmonatigen unbedingten Gefängnisstrafe verurteilt. Für mich war das damals ein ziemlicher Schock. Umgekehrt liess mir der Staat gar keine andere Wahl. Man drohte mir mit einer Gefängnisstrafe von (wenn ich mich richtig erinnere) bis zu 3 (!) Jahren. Ich gab zur Antwort: „Selbst wenn man mir eine Pistole an den Kopf halten würde, täte ich meine Meinung nicht ändern…“
Eine Erfahrung, die ich machte: das Gefängnis macht einen nur stärker! Der Staat erreicht genau das Gegenteil von dem, was er erzielen möchte.
Ich habe mir in meiner Phantasie überlegt, vor der Gerichtsverhandlung dem Richter und dem Staatsanwalt einen Brief zu schreiben: „Wenn Sie Erwin Kessler zu einer unbedingten Gefängnisstrafe verurteilen, können Sie Ihr Testament machen. Selbst 10 blaue Ford Transits mit 100 Polizeigrenadieren als Personenschutz werden Ihnen dann nichts mehr nützen.“ Anschliessende „Blick“-Schlagzeilen: „Zürcher Justiz fürchtet Kessler-Rächer!“ – „Staatsanwalt xy vom Kessler-Rächer entführt“ – „Zürcher Richter bangt um sein Leben“ – „Haftanstalt Soundso: Erwin Kessler von militantem VgT-Kommando befreit!“ (Gefängnismauer gesprengt, Wärter überwältigt).
Entschuldigen Sie meinen kleinen Phantasie-Ausflug. Natürlich ist der 4. Juli ein ernster Termin. Aber Sie wissen am besten, wie mit dieser Angelegenheit umzugehen ist. Man muss diese Gerichtssache als interessante Herausforderung sehen, die es möglichst gut zu bewältigen gilt. „Kessler, ein moderner Jesus, lässt sich von den Juden nicht ans Kreuz nageln, sondern gibt ihnen im Gegenteil – zurecht (wegen dem tierquälerischen Schächten!) – eins aufs Dach!“ – so muss die Sache laufen. Kämpfen, kämpfen und immer wieder kämpfen. Märtyrertum bringt nichts. Man muss die Justiz und die „Pharisäer“ etc. mit allen möglichen Mitteln austricksen. Dass ein Jesus, Wilhelm Reich etc. von der „Pest“ (vgl. W.R.’s „Christusmord“) fertig gemacht wird, damit muss Schluss sein! Die menschliche Tragödie darf sich nicht länger wiederholen. Das lebendige Leben muss sich durchsetzen!
Schonen Sie sich, lieber Herr Kessler! Der 4. Juli darf nicht das Ende, sondern muss im Gegenteil der Anfang sein. Laufen Sie der Justiz nicht ins offene Messer, sondern schlagen sie sie hinterher, wenn diese Typen glauben, sie hätten gewonnen…
Ich hüte mich, Ihnen weitere Tipps zu geben, denn Sie spielen auf einem viel höheren Niveau „Schach“ als ich. [Anmerkung: Da ist auch der Alters- und Erfahrungsunterschied von 19 Jahren!] Was also richtig ist, können nur Sie selbst sagen!
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 8.5.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Vielen Dank für den guten Beitrag! Ich werde ihn gerne in der M.P. 6/97 veröffentlichen. Das Pseudonym „Robert Hug“ gefällt mir sehr und passt ausgezeichnet. Ein Kollege von mir heisst Peter Hug und ist Naturheilpraktiker in S. Die Leute werden sich denken: „Das wird wohl ein Bruder von diesem Hug sein…“
Peter Hug wird die Namensähnlichkeit sicher nicht stören. Er ist ein unkonventioneller, origineller Typ, arbeitet mit B., H. etc.
Eine Diskette müssen Sie mir nicht schicken, da ich die mit meinem alten Macintosh IIsi wahrscheinlich ohnehin nicht lesen kann. Ich tippe diesen Beitrag gerne ab und werde Ihnen ein „Gut zum Druck“ faxen. Um den Effekt des Artikels zu steigern, werde ich zusätzlich ein Bild von Ihnen (aus der M.P. 3/95) bringen. [Anmerkung: Später ging das alles viel einfacher mit E-Mail.] Dank Ihnen wird die Mythen-Post noch berühmt!
Glücklicherweise lautet die Forderung nur „5 Monate bedingt“. [Anmerkung: Das ist schon genügend!!] So lässt sich daraus noch eine Super-Sache machen!
Ich umarme Sie herzlich, mein lieber Freund!
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 10.5.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Soeben ist „Verwandtschaft“ eingetroffen und ich habe mich in mein Büro zurückgezogen. Ich sage Ihnen: Lieber würde ich ins Gefängnis gehen als mit diesen Idioten einen Nachmittag zu verbringen… Schrecklich! Freunde kann man sich aussuchen, Verwandte nicht.

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Zu Ihrem Fax vom 8.5.: (…)
Wie bereits mehrfach erwähnt plane ich im Herbst eine Sonderausgabe Goldau-Küssnacht und Einsiedeln-Oberiberg (…). Dieser Ausgabe werde ich einen eigenen EZ beilegen. (…)
(…)
Bezüglich M.-P.-Abonnenten (dem Abo-Wesen überhaupt) habe ich ein zwiespältiges Gefühl: verhältnismässig viel Aufwand und wenig Ertrag. Umgekehrt muss man die Sache natürlich als Investition für die Zukunft sehen. Vor allem geht es mir um ein zusätzliches Verkaufsargument bei den Inseraten. Je weiter herum die Mythen-Post kommt, desto interessanter ist sie als Werbeträger. [Anmerkung: Was die Verbreitung angeht, hatte Kessler viel früher und schneller geschaltet als Beeler. Kessler steigerte so seinen Erfolg bis auf Riesenauflagen vom über 2 Mio. Exemplaren, während die Mythen-Post nicht nur stagnierte, sondern sogar auflagemässig retour buchstabieren musste.] Deprimiert hat mich, dass es im Kanton Schwyz bis jetzt lediglich 158 Abonnenten der VgT-Nachrichten gibt. Qualität und Wahrheit wird einfach nicht gerecht honoriert! In der M.P. 11/96 und M.P. 4/97 liess ich den VgT-EZ beilegen, Sie haben Ihrerseits eine Ausgabe der VgT-Nachrichten im ganzen Kanton gestreut. 158 Abonnenten auf 40’000 Haushalte. Umgekehrt muss man diese 158 natürlich auch als Chance sehen. Vielleicht werden daraus eines Tages 1’580 und mehr. Und besser weniger und dafür treue Sponsoren!
Bei den Büchern ist es ja noch schlimmer. Wenn ich denke, wieviel Schund in 100’000er Auflagen abgesetzt wird und wieviele Bücher im Gegensatz dazu von Wilhelm Reich verkauft wurden/werden, dann ist das ein kleiner Trost. (Karl Marx z.B. wäre zu Lebzeiten vom Buchverkauf verhungert).
Die VgT-Nachrichten jedenfalls sind von A-Z super. Vom präzisen, glasklaren und direkten Stil der VN könnten die übrigen Zeitungen viel lernen. Die „Kessler-Zeitung“ bewegt etwas, weil in ihr Wahrheit, Mut, Energie und unerschütterliche Überzeugung stecken.
Wenn ich zu den Kunden gehe, verteile ich jeweils VgT-Nachrichten. Gestern las ich Robert Marty, Schuehüsli Marty, Brunnen, aus den VN vor. Marty war begeistert: „Unglaublich, wie dieser Kessler gut und direkt schreibt, einfach super! Hätten wir nur mehr solche mutigen Männer in unserem Land! Solche Politiker müssten wir in Bern haben!“ Und dann begann Marty über die Landwirtschaft zu wettern, kam das (…) zur Sprache usw.
Die VgT-Nachrichten bewirken etwas, auch wenn es zur Zeit erst 158 Abonnenten im Kanton Schwyz gibt.
Als ich in einem Jahr mit der M.P. nur sehr wenige Abonnenten und Sponsoren hatte, war ich total wütend und frustriert. „Arschlöcher, Idioten etc.“ rief ich aus und brachte das darauffolgende Jahr fast nur noch Inserate. Heute sage ich mir: Man darf sich nicht frustrieren lassen. Vor allem darf man von der Masse nichts erwarten. Wenn man das Richtige richtig tut, bewegt sich schon etwas (wenn man es im Moment vielleicht auch noch nicht sieht). Manchmal braucht es eben Jahre, um dies – rückwirkend – erkennen zu können. [Anmerkung: Genau dieses Argument bringt Kessler gegenüber Beeler rund fünf Jahre später.] Nachfolgend faxe ich Ihnen noch eine Liste mit Mythen-Post Abonnenten/Sponsoren der vergangenen Jahre. Vielleicht können Sie die für Ihre Zwecke verwenden.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 21.5.97

Lieber Herr Kessler
Vielen herzlichen Dank für Ihr Buch „Tierfabriken in der Schweiz“. Eine besondere Freude haben Sie mir mit der persönlichen Widmung gemacht! Darauf bin ich echt stolz! (Mir ist dabei Wilhelm Reich in den Sinn gekommen, der riesige Freude hatte, als ihm Sigmund Freud eine solche schrieb!)
Gerne und intensiv werde ich das Buch studieren – und mit Sicherheit wieder eine Menge lernen!
Ich hoffe, dass es Ihnen gut geht, mein lieber Freund.
Momentan bin ich immer noch mit „Aufräumen“ beschäftigt (übrigens schon seit Wochen…). Ich habe kapitale Fehler in der Vergangenheit gemacht: viel zu viel archiviert, viel zu viel aufgeschoben, viel zu stark „vergangenheitsbezogen“ gearbeitet. [Anmerkung: Das macht Beeler seit Jahren so!] Das wird nicht wieder vorkommen. Ich werde den ganzen Bürokram auf ein absolutes, dafür aber effizientes Minimum reduzieren. [Anmerkung: Schön wär’s…] Was zu erledigen ist, wird künftig s o f o r t erledigt. Und ich werde eine Vorwärtsstrategie entwickeln.
Ich habe viel zu „herumgedacht“ und im Verhältnis dazu zu wenig realisiert. Dann habe ich auch zu viel Zeit am falschen Ort investiert und dort, wo sich Zeit zu investieren gelohnt hätte, habe ich zu wenig gemacht. [Anmerkung: Im nachhinein ist man immer klüger. Die Analyse trifft so zu!]
Ich habe das Thema „Organisation“ so lange verdrängt, dass ich vor einiger Zeit fast einem „Nervenzusammenbruch“ nahe war (erst von diesem Punkt an begann ich zu begreifen!). Nur ein ungeheurer Leidensdruck brachte in mir den Gedanken der Neuorientierung. Anstatt auf die anderen (Konkurrenz) zu schauen, muss ich wieder auf mich selbst – meine innere Stimme – hören. Nur, wenn sich die Mythen-Post nicht anpasst und stattdessen ihren eigenen Weg geht, kann’s funktionieren. [Anmerkung: Gute, richtige Erkenntnis!] (…)
Entschuldigen Sie, dass ich mich heute etwas kurz fasse. Irgend etwas stimmt mit dem Bildschirm meines zweiten Mac IIsi nicht. Entweder liegt es an der Monochrom-Bildröhre oder an der integrierten Video-Karte des ausgetauschten Boards. (Das angespannte Sehen auf den „irgendwie unscharfen Bildschirm“ führt zu einer raschen Ermüdung der Augen und zu einem „unscharfen Sehen danach“). Ich werde die technische Ursache in den nächsten Wochen beheben lassen müssen. [Anmerkung: Tatsächlich war dieser Bildschirm Schrott. Bei Bildschirmen nie Kompromisse machen! Was nicht 100% gut ist – weg!!] Vielen Dank (…) für den Artikel über die Kaninchenhaltung. Ich plane ihn für die Mythen-Post 7/97 vom 31. Juli. Demnächst werde ich noch Fotos von einem Kaninchenstall (Kasten) in Ibach machen und von einer kleinen Freilandhaltung in Seewen.
Einen schönen Abend wünscht Ihnen
Urs Beeler


Schwyz, den 1.6.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Entschuldigen Sie, dass ich mich schon einige Zeit nicht mehr meldete (der Computer-Bildschirm ist immer noch nicht o.k.). Und gesundheitlich bin ich einfach nicht voll auf dem Damm. (…)

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Ihr Buch „Tierfabriken“ habe ich sorgfältig gelesen – und dabei immens profitiert. Sie schreiben wie ich denke und fühle. [Anmerkung: Kessler und Beeler sind seelenverwandt!] In Ihrem Buch steckt unglaublich viel Arbeit und schmerzhafte persönliche Erfahrung. Jeder andere hätte längst resigniert aufgegeben – Sie nicht. Ihr Einsatz für die Gerechtigkeit und Wahrheit ist beispielhaft.
Dass Sie trotz Ihrem Wissen um die himmelschreiende Ungerechtigkeit cool bleiben und nicht ausrasten oder resignieren, erstaunt mich ganz besonders. Wenn ich das mafiose Treiben in unserem Staat sehe, habe ich wirklich Mühe, noch „differenziert“ zu denken. Vielmehr kommt mir dann der Gedanke (…)
(…)
Die Strafklage gegen den Bundesrat zum Schluss des Buches finde ich super. Jeder, der das Buch richtig liest, muss erkennen, dass diese Strafklage die logische Konsequenz ist. Über die Stelle auf Seite 150 betr. dem grünen Nationalrat Peter Schmid musste ich befreiend lachen: „Also weisch, das chasch nöd mache, eifach de Bundesrat aazeige…“ Herrlich!
Lassen Sie sich durch die rev. Tierschutzverordnung, welche am 1. Juli in Kraft tritt, nicht entmutigen. Weiterkämpfen! Ihre Kompromisslosigkeit ist der einzig richtige und erfolgreiche Weg! Das Wort „Ohnmacht“ existiert für uns nicht!
Danke auch für die neusten VgT-Nachrichten, die mir Heidi Keller zustellte. Ich finde die Ausgabe Mai/Juni 1997 professionell gemacht. Das Papier ist von der Opazität her gut und die Farbbilder kommen hervorragend zur Geltung. Die Seite 9 über die Demonstration vor dem Kloster Einsiedeln sieht super aus! (Dass ich auch noch auf einem Bild mit Ihnen zu sehen bin, freut mich übrigens sehr!) (…)
Die neuen VgT-Nachrichten sind redaktionell ausgezeichnet aufgebaut! Der Mix stimmt. Die Texte sind nicht nur sehr informativ, sondern auch spannend zu lesen. Gratulation! (Beispiel: die TBF-Aktion gegen Landwirt Hermann Flach – super beschrieben!)
(…)

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Ich hoffe, dass Sie den Sommer geniessen und neue Kräfte tanken können.
Vor mir steht immer noch ein Riesenberg „Aufräum- und Reorganisationsarbeit“, die es u bewältigen gilt. Ich pack’s jetzt an!
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 4.6.97

Lieber Herr Kessler
Ganz herzliche Gratulation zum 8. Geburtstag des VgT!
Ich wünsche Ihnen für die Zukunft das Allerbeste und werde Sie gerne nach besten Kräften unterstützen!
Ihre Strategie des kompromisslosen Kampfes ist die wirkungsvollste und einzig richtige. Je stärker der VgT wird, desto mehr können Sie bewirken.
Die AUNS von Christoph Blocher zählt heute über 20’000 Mitglieder. [Anmerkung: Im Jahre 2003 40’000 Mitglieder!
Ich hoffe, dass Sie eines Tages auch soviel (besser: mehr!) haben werden und die Polit- und Agro-Mafia ihre Macht und ihren Einfluss in unserem Land verliert.
Mögen alle Ihre Wünsche in Erfüllung gehen!
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 8.6.97

Lieber Herr Kessler
Zu Ihrem heutigen Fax: Wenn „Bern“ und seine Behörden so weitermachen, wird es eines Tages Pflicht (…)
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS: In der Mythen-Post 6/97 vom 26. Juni erscheint der Beitrag „Das ARG – ein Maulkorbgesetz für Tierschützer?“ sowie eine Kurzversion Ihrer Stellungnahme des rev. Tierschutzgesetzes. (Nicht verzagen! Wir werden der Polit- und Agro-Mafia – so Gott will – in den nächsten Jahren noch tüchtig einheizen!)
Der Beitrag „Bundesrätliche Demontage des Tierschutzgesetzes“ läuft unter „rh“, d.h. Robert Hug. Die Namen „Erwin Kessler“ und „VgT“ als Verfasser lasse ich in der M.P. 6/97 bewusst weg, damit Sie die „neutralen“ Hefte am 4. Juli vor der Gerichtsverhandlung ev. verteilen lassen können.
Ich bitte Sie jedoch, mir noch kurz mitzuteilen, ob die Kurzfassung auf der M.P.-Rückseite so geht.
Sobald die M.P. 6/97 gedruckt ist, werde ich Ihnen 100 Exemplare zustellen.


Schwyz, den 23.6.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Kürzlich habe ich mir zwei Kaninchenhaltungen im Freien in Seewen angeschaut (eine davon fotografiert). Ich glaube, sie sind jedoch zu klein und entsprechen nicht Ihren Vorstellungen. Ausserdem kommen die Tiere nur bei schönem Wetter ins kleine Gehege. Hans B. (ein Kunde von mir), xy, S., wollte seine Kaninchen auch in der Nacht im Freien lassen. Als er dies tat, wurden ihm einige Exemplare gestohlen. (Es ist wirklich bedenklich, dass es Leute gibt, die fremde Tiere stehlen).
Könnten Sie mir zusätzlich noch zwei Bilder einer schönen Kaninchen-Freilandhaltung für Ihren Artikel in der M.P. 7/97 schicken?
Heute war ich bei meinem Zahnarzt. Schulmedizinisch gesehen sei alles i.O. Seiner Meinung nach müssten die Weisheitszähne nicht unbedingt heraus, auch nicht das Amalgam. Wenn ich jedoch persönlich der Auffassung sei, die Weisheitszähne müssten heraus, könne er das in die Wege leiten (zwei Adressen von Kieferchirurgen). Das Amalgam liesse sich durch Kompositfüllungen ersetzen, wobei man aber bei diesen neuen Materialien noch über keine Langzeiterfahrung verfüge. [Anmerkung: Jahre später wurde Komposit eingebaut und dies bewährte sich sehr!] Er beriet mich wirklich gut und seriös; auch sprach er Risiken an. Eine Bekannte von ihm habe bei einem Kieferchirurgen die Weisheitszähne herausoperieren lassen; durch zahnärztlichen Pfusch sei der Nerv beschädigt worden. Die Patientin habe starke Schmerzen gehabt und später ein taubes Gefühl um den Kiefer. Da es sich um eine Musikerin (Querflötenspielerin) handelte, habe es die Frau besonders schwer getroffen. Ein Neurologe habe den verletzten Nerv zum Glück „reparieren“ können – und die Frau spiele heute wieder Querflöte.
(…)
(…) Am besten mixe ich mir bald ein vegetarisches Kraftfutter (vom Druiden von Obelix…), das haargenau auf meinen genetisch angeknacksten Organismus zugeschnitten ist…
Eine Erkenntnis betr. Medizin: kein Arzt hat mehr den klaren Durchblick. Was heute fehlt, ist ein Dr. Erwin Kessler der Medizin. [Anmerkung: Ja, echte Kapazitäten sind selten.] Ich hoffe, dass es Ihnen gut geht. Die 100 Hefte betr. „4. Juli“ gehen heute auf die Post.
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Brief, nicht an Kessler, sondern Ueli Heiniger von SF DRS

 

Schwyz, den 30.6.97

Sehr geehrter Herr Heiniger
Am kommenden 4. Juli steht Tierschützer Erwin Kessler wegen angeblich antirassistischen Äusserungen in Zürich vor Gericht. Wäre das von ihm kritisierte Schächten nicht ein interessantes Thema für den Zyschtigsclub?
Sie haben mir im Jahre 1991 am Telefon die Teilnahme an einer Diskussionsrunde offeriert. Das wäre eine Gelegenheit.
Beiliegend sende ich Ihnen zum erwähnten Thema 1 Exemplar der VgT-Nachrichten sowie 1 Ausgabe der Mythen-Post.
Für allfällige Fragen stehe ich Ihnen sehr gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS: Anfangs November ist der 40. Todestag von Wilhelm Reich. Wie Sie wissen, habe ich mich jahrelang mit den Arbeiten von W.R. beschäftigt. Auch zu diesem Thema gäbe es einen interessanten Zyschtigsclub.
Ein weiteres Gesprächsthema wäre die heutige Schweizer Einheitspresse, welche von ein paar grossen Verlagshäusern (Ringier etc.) dominiert wird. Als unabhängiger Verleger würde ich mich gerne dazu äussern.


Schwyz, den 5.7.97

Lieber Herr Kessler
Nachträglich auch noch mein Kompliment. Das war gestern eine starke Leistung! [Anmerkung: Gerichtsverhandlung 1. Schächtprozess.] Sie liessen wirklich nichts unausgesprochen.
Nach der Verhandlung begegnete mir zufällig Sigi Feigel. Der war ziemlich erledigt. Gute Argumente hatte er keine. Bevor er ging, sagte er noch resigniert: „Dieser Kessler ist schizophren“.
Ich fand den gestrigen Beitrag in der Tagesschau über den Prozess gut. Der kurz eingespielte Film über das Schächten von Schafen war sehr aussagekräftig. Die Leute sehen, um was es wirklich geht, nämlich um bestialische Tierquälerei. Mich hat es erstaunt, dass sich das Fernsehen getraut hat, solche Bilder zu bringen. Peter Spring scheint Sympathien für Sie zu haben (übrigens: er grüsste mich im Gerichtssaal sehr nett).
Im Teletext las ich am Abend: „… Der Tierschützer muss sich zudem dafür verantworten, dass er 1995 einen Bauern absichtlich überfahren wollte.“ Welch‘ Unsinn! Über Mike Tyson war kürzlich zu lesen, er hätte seinem Gegner „das Ohr abgebissen.“ Die Mitteilung war so geschrieben, dass man hätte meinen können, das ganze Ohr sei weg, dabei war es ein Stück.
Sie haben gestern so umfassend argumentiert, dass es für das Gericht schwierig werden dürfte, Sie zu verurteilen. [Anmerkung: Trotz Kesslers hervorragender Argumentation kam es zur Verurteilung! Das ist eben typisch für einen politischen Prozess, dass alle Argumente nichts nützen.] Tut es das trotzdem im Sinne eines politischen Prozesses, dann wird Ihnen das eine ungeheure Publizität und neue Mitglieder bringen. [Anmerkung: Auf das hatte Kessler auch spekuliert – und damit hatte er auch Erfolg.] Egal, wie es herauskommt: Sie werden auf die eine oder andere Art profitieren. (…)Ich habe gestern wieder viel von Ihnen gelernt. Danke!
Entschuldigen Sie, dass ich den Schluss der Verhandlung „verpasst“ habe. In der Meinung, es würde noch mindestens eine Stunde gehen, ging ich – als gewissenhafter Mensch – zum wiederholten Mal bei der Parkuhr nachzahlen. [Anmerkung: …was übrigens nicht erlaubt ist…] Als ich retour kam, hatten Sie den Gerichtssaal bereits verlassen. (…)
Gefreut hat mich, dass ich in der Tagesschau ganz kurz neben Ihnen zu sehen war. Bei künftigen Prozessen – wenn das Fernsehen oder die Presse dabei ist – werde ich immer als Ihr Schatten anwesend sein (Ich beanspruche dafür ein Exklusivrecht!). [Anmerkung: Beelers Humor!] Manchmal nur für 1/2 Sekunde im Beitrag zu sehen – aber ich bin da. Mit Glück werde ich später einmal von der SF DRS Bildredaktion mit einem weissen Kreis umgeben und gezoomt. Frage: „Wer ist der ominöse Mann neben Erwin Kessler?“ (Kleiner Scherz…)
Sie machen Ihre Arbeit wirklich ganz clever.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS: Der „Bote“ brachte heute den gestrigen Prozess (sda-Meldung) sogar gross auf der Titelseite in einem roten Kasten. Meiner Meinung ist der Text ausgewogen und i.O.


Schwyz, den 5.7.97

Lieber Herr Kessler
Nachtrag: Soeben habe ich noch die heutige NZZ gelesen. Auch sie beinhaltet eine sda-Meldung, aber eine andere als im „Boten“. Der Bericht in der NZZ ist tendenziös.
(…)
Zum Glück gibt’s die VN und die Mythen-Post!
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 20.7.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Ich bin vorhin erst ins Büro gekommen und habe betr. Ihrer Kurz-Anfrage auf Ihren privaten Telefonanrufbeantworter gesprochen.
Zur Sicherheit aber nochmals schriftlich: Das Gebiet im Raume Pfäffikon-Lachen-Siebnen-Reichenburg bezeichnet man als „Ausserschwyz“ bzw. „March“ oder „March-Höfe“. (…)
Wenn Sie ergänzende Fragen haben – nur anrufen! Ich bin jederzeit für Sie da! Tel. 041 811 xy.
Danke noch für den ARG-Artikel von Robert Hug.
Sie haben mir neulich gesagt, dass Sie eine Schein-Demo in Einsiedeln durchführen würden. Der „Bote“ brachte davon nichts. Ich vermute also, dass die Ablenkaktion verschoben und nächstes Wochenende „stattfinden“ wird.
Übrigens: Die „2 Monate Gefängnis unbedingt“ haben – so scheint mir – ein positives Echo (sehr viele Sympathien!) ausgelöst. Ich bin überaus optimistisch. Mich würde es nicht wundern, wenn Sie in einigen Wochen bzw. Monaten das 10’000ste VgT-Mitglied feiern können.
Ein schönen Tag wünscht Ihnen
mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 1.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Besten Dank für Ihren Fax. Seit Jahren lebe ich mit Inserate-Boykotten. Wer unbequem ist und die Wahrheit schreibt, muss das in Kauf nehmen können.
Tierschutz und Umweltschutz müssten eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit sein. Mich dünkt es kurios, dass gerade derjenige, der sich positiv einzusetzen versucht, für sein Verhalten wirtschaftlich bestraft wird. [Anmerkung: Beeler hatte die Erkenntnis bereits vor Jahren, zog seinen Idealismus jedoch konsequent durch.] Viele Gewerbler sind (…) diesbezüglich leider sehr rückständig. Weil sie keine Argumente haben, versuchen sie es mit Geld als Druckmittel, was jedoch in meinem Fall misslingt, weil ich mich prinzipiell nicht erpressen lasse. [Anmerkung: Ja, hier ist Beeler stur…] Eine klare Haltung hat aber auch Vorteile, weil so die Spreu vom Weizen getrennt wird.
Beim abgesprungenen Kunden handelt es sich um die Termoservice AG, Gewerbestr. 7, 6330 Cham, Tel. xy, Telefax 041 zv. Der Firmengründer und Chef heisst M.A. Seine Firma vertreibt Kompaktwärmezentralen (Öl- und Gasfeuerungen). A. ist der Typ eines knallharten, „erfolgreichen“ Geschäftsmanns. Er hat sich mir gegenüber aber über Jahre kaufmännisch immer korrekt verhalten, die Rechnungen pünktlich bezahlt usw. Er war ein problemloser, zuverlässiger Kunde (menschlich leider etwas kalt; man kann leider offenbar im Geschäftsleben nicht alles haben…). A. machte jeweils einen 12er Inserate-Jahresabschluss mit 40% Rabatt: 12 x Fr. 150.- = Fr. 1’800.–.
Immerhin hat mich A. über Jahre hindurch unterstützt, was ich ihm zugute halte. Dass er jetzt „wegen Kessler“ nicht mehr in der Mythen-Post inseriert, ist sein Problem und nicht meines. Er vermochte ja nicht einmal genau zu sagen, warum er etwas „gegen Kessler“ habe. Sie seien einfach „zu radikal“. Er sei schon auch für Tierschutz, aber nicht in dieser extremen Form. – Das übliche Geschwätz.
Frau Agnes Marty, Radio Marty, Schmiedgasse 1, 6430 Schwyz [Anmerkung: Ein gutes, traditionsreiches Fachgeschäft, das es leider heute nicht mehr gibt], drohte ebenfalls damit, „wegen den vielen Kessler-Artikel in der Mythen-Post“ abzuspringen. Bauern hätten im Geschäft schon reklamiert. – Mittlerweile hat sich die Lage aber wieder entspannt.
Es ist normal, dass Mythen-Post Kunden unter Druck gesetzt werden. Retri Küchen, Müller Berufsbekleidung, Wohngalerie Reichmuth und viele andere mussten schon solchen Versuchen widerstehen. „So zeigt sich erst, was ein guter Mythen-Post Kunde ist“, sage ich mir…
Angeblich wegen Kessler (Tierschutz) und Beeler (Umweltschutz) nicht mehr inserieren, kann/will das Restaurant Biberegg, Rothenthurm. Seppel Reichmuth jun., Wirt, ist ein netter, eigentlich „harmloser“ Typ, wurde jedoch offenbar von Bauern unter Druck gesetzt. (Im Jahre 1996 machte Reichmuth 12 x 1/4 S. Inserat).
Mathias Gwerder, Landmaschinen, Ried-Muotathal machte 1996 einen 3er Inserate-Abschluss (3 x 1/4 S.). Gwerder ist ein recht netter, umgänglicher Typ, wurde jedoch von Bauern (Kunden) kritisiert, weil er in der M.P. inserierte.
Adolf Betschart, Landmaschinen, Muotathal, ist total gegen Kessler eingestellt und inseriert deswegen nicht mehr in der M.P. (Kritisiert auch U.B. in Sachen Umweltschutz)
Die Imhof AG (Walter Imhof ist Jäger), Muotathal, inseriert nicht mehr in der M.P., weil Beeler „zu grün“ ist und Kessler „zu extrem“.
Tobias Jöhl, Kunstschlosserei Jöhl, Rosengartenstrasse 2, Brunnen, inseriert nicht mehr, weil die M.P. die Pelztierhaltung kritisiert (Kürschner Thomas Werner, Ibach, ist ein Freund von Jöhl.)
Der Spiel- & Isebahnegga, Schwyz/Einsiedeln, inseriert nicht in der M.P., „weil Beeler sich zu extrem für den Umweltschutz engagiert.“
Was jedoch all diesen Firmen zugute gehalten werden muss: sie haben in den vergangenen Jahren die M.P. unterstützt! [Anmerkung: Das stimmt!] Natürlich gibt es auch positive Stimmen: Susi Mühlemann vom Lederwarengeschäft (!) Melesto, Brunnen, findet Kessler super („Endlich einmal ein mutiger Mann, der sagt, was Sache ist.“). Röbi Marty, Schuehüsli Marty, ist ebenfalls von Kessler begeistert; Franz Müller von Müller Berufsbekleidung hat sich aus einem teilweisen Kessler-Kritiker zu einem halben Sympathisanten entwickelt.
Und natürlich ist es nicht immer nur der Tierschutz oder der Umweltschutz, an dem sich die Geister scheiden. Weil z.B. die Auto Heinzer AG, Seewen, in der M.P. inseriert, habe ich Josef Sutter von der Zentral-Garage, Brunnen, als Kunde verloren… [Anmerkung: Kleinkariertes Konkurrenzdenken. – Später inserierte Heinzer auch nicht mehr in der M.-P.
Wenn Auto Heinzer und Josef Sutter jedoch im „Boten“ inserieren, ist es für Sutter i.O. Zwar unlogisch und auch ungerecht. Aber eben…]
Sympathien und Antipathien unter den Gewerbetreibenden spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Und manche inserieren nicht in der Mythen-Post, weil es „dem Blättli noch an Professionalität fehle“. (Deshalb werde ich auch alles daran setzen, die M.P. grundlegend zu verbessern!) [Anmerkung: Die inserierten dann aber trotzdem nicht…! Selbst eine redaktionell und drucktechnisch perfekte, farbige Mythen-Post im Tabloid-Format passte diesen Stänkerern noch immer nicht.] Weitere Gründe: Zahlreiche Gewerbetreibende sind einfach „Chnuschtis“ bzw. haben es nicht nötig zu inserieren oder besitzen kein Geld. [Anmerkung: Tatsächlich sind die Gründe des „in der Mythen-Post nicht inserieren“ vielfältig.]

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„Die Mythen-Post unterstützt Erwin Kessler gerade deshalb, weil er mutig, geradlinig, hartnäckig und kompromisslos ist! Diese Strategie ist im Tierschutz die einzig richtige!“ – in der Art argumentierte ich. Wenn schon die Mehrheit der heutigen Presse dazu zu feige ist.
Es gibt unzählige Gewerbler in Schwyz, die boykottieren mich von allem Anfang an. Machen Sie sich also keine Gedanken. Wenn ich reich werden möchte, müsste ich sowieso einen anderen Beruf ausüben oder die Mythen-Post ganz anders machen. Doch das will ich nicht. Vielleicht hätte ich dann viel Geld, wäre dabei aber todunglücklich. [Anmerkung: So ist Beelers Denkweise!]

Ich möchte mein Geld ehrlich verdienen, gut leben können und etwas Positives leisten – um das geht es mir. [Anmerkung: Das IST tatsächlich Beelers Lebensdevise!] Für Sie bzw. den VgT sind Inserate in der Mythen-Post gratis. Wenn Sie jedoch auswärtige Firmen haben, die mich unterstützen wollen, bin ich dafür sehr dankbar (Preisliste folgt). Je mehr Geld man hat, desto mehr kann damit auch machen… [Anmerkung: Von Kessler kam bis heute kein einziger Kunde. Auch von der Firma Calida der Familie Palmers nicht (Hans Palmers ist ein langjähriger Freund von Kessler)] Ich bin dankbar für Ihre hervorragenden Beiträge, Ihren brillianten Stil. Und ich höre es gern, wenn Leute gelegentlich zu mir sagen: „Sie sind wie der Kessler…“ (Für mich die höchste Auszeichnung!)
Ein schönen Abend wünscht Ihnen
mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS: Als ich vom Abendessen ins Büro zurückkam, sah ich Ihren zweiten Fax. Vielen Dank! Die Nachricht von Ihrem nächtlichen Besuch von Schweinefabriken war für mich ein regelrechter Aufsteller!
Wir können die Bilder in der M.P. 10/97 vom 30. Oktober bringen und dann noch mit der M.P. 10/97 Sonderausgabe (gestreut nach Einsiedeln-Oberiberg und Goldau-Küssnacht) nachdoppeln. Gesamtauflage: ca. 20’000 Exemplare.
Bezüglich der Hühnerfarm P. werde ich nächste Woche den Spar der Familie W., S., S. besuchen sowie „B.“ im S.-M. und weitere Geschäfte. B. führt neu Eier von einem Bauern namens Schatt, der ob Schwyz Hühner halte.
Bezüglich der Schweinefabriken in Steinen/Steinerberg muss ich mich erkundigen.
(…)
Ein neues Objekt habe ich kürzlich zwischen Lauerz und Goldau gesichtet; es befindet sich unmittelbar an der Hauptstrasse (etwas unterhalb der Bernerhöhe) und dürfte „C.-Z.“ (Molkerei in Goldau) gehören.
Zwei weitere Schweinemästereien (eine oder beide von A.V.) befinden sich in Steinerberg.
Ich drücke Ihnen die Daumen, dass bei Ihren Recherchen alles gut klappt! Seien Sie aber bitte (…) vorsichtig, mein lieber Freund!

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Kürzlich ist mir ein neues Thema in den Sinn gekommen: Mein Bruder ist Verkaufsdirektor bei xy (Hauptsitz zv).
Der VgT könnte die Kühlprodukte unter die Lupe nehmen. Falls sich Tierquälerprodukte darunter befinden, könnte man dies melden und schauen, wie xy reagiert. [Anmerkung: „Machen“ könnte man noch viel, aber es ist alles eine Frage der Kapazität!] Warnung: Mein Bruder ist Manager und unterscheidet sich von mir charakterlich grundlegend. Er ist ein systemtreuer (…) – ich nicht.


Schwyz, den 3.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Super!
Gerade vorhin habe ich die Teletext-Seite xy angeschaut. Herzliche Gratulation zu dieser mutigen Aktion!
Sollte es eines Tages soweit kommen, dass EU-Tiertransporte durch die Schweiz durchgeführt werden, werde ich zur (…) solcher Transporte etc. aufrufen und selber an militanten Aktionen teilnehmen. („Rechtsstaat“ hin oder her…)
Wenn man den Holocaust an den Tieren anschaut, den die EU durchführt, wird der (…), (…) Kampf zur moralischen Pflicht!
Übrigens: Mein ehemaliger Philosophielehrer (Dr. Gion Darms) lehrte, dass (…) legitim sei.
Unsere Zeit braucht mutige, entschlossene Wilhelm Tells!
Nochmals herzlichen Dank für den tollen Einsatz!
Für den zweiten Bericht über die Schwyzer Schweinefabriken werde ich die Titelseite der M.P. 10/97 (Standardauflage) reservieren. (…)
Ich bin begeistert, mein lieber Freund – und sichere Ihnen meine volle Unterstützung zu!
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler

 


Schwyz, den 7.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Besten Dank für Ihren Fax vom 6.8.97 betr. dem Text über die Genschutzinitiative. Ich habe der erwähnten Arbeitsgemeinschaft in der Zwischenzeit den Beitrag gefaxt und um Korrektur gebeten.
Heute habe ich das Lebensmittelgeschäft „B.“ im S.-M. (in der Nähe der Post) in S. besucht. „B.“ führt hauptsächlich Freiland-Eier der Region, und zwar von folgenden Betrieben:
KAG-Freilandeier der Familie Bürgler, Unt. Fraumatt, 6434 Illgau. Preis pro Ei: Fr. 0.80.
Freilandeier der Familie Ulrich, Landschi, 6403 Küssnacht a.R.
Freilandeier von Franz Schatt, Bergmatt, 6432 Rickenbach. Preis pro Ei: Fr. 0.70. Auf einem Informationsblatt neben den Eiern von Franz Schatt wurde hingewiesen, dass seine Tiere Futter auf pflanzlicher Basis bekämen ohne tierische Substanzen.
Weiter besuchte ich den S-Markt der Familie W., S., in S. W. führt sogenannte M.-Eier der Hühnerfarm P.
Die grossen 10er Schachteln (Grösse Extra) sind angeschrieben mit „Bodenhaltung“.
Die kleineren 6er Schachteln tragen die Bezeichnung „Freilandhaltung“.
F.W. führt auch noch eine S.-Filiale in St. Ich nehme an, dass er dort ebenfalls Eier der Hühnerfarm P. verkauft.
W. ist mir als umgänglicher Typ bekannt [Anmerkung: Dies ändert sich später. Er rastet wegen Tierschutzbeiträgen aus!!] (…)
Ich könnte mir vorstellen, dass auch noch andere Lebensmittelgeschäfte oder Molkereien Eier von P. führen. Das Lebensmittelgeschäft M. in R. habe ich nicht besucht (die Besitzerin hat etwas gegen mich…). Auch die Molkerei G. (Käsegeschäft in der Herrengasse) habe ich ausgelassen (ich fotografierte deren Schweinestall im Grund und schaue den Leuten betr. Umweltschutz auf die Finger. Ein Besuch ihres Ladens wäre „zu viel“…).
Betr. den Schweinemästereien in Steinen werde ich morgen mit E.S. (Garagier und Mythen-Post Kunde) sprechen. Er kennt das Gebiet Steinen/Steinerberg gut. [Anmerkung: …und boykottiert nach dem Bericht über die Schwyzer Schweinefabriken. Schweinemäster ist Nachbar und Kunde!] Das wär’s für heute. Ich hoffe, dass Ihre Recherchen betr. den Schwyzer Schweinefabriken gut vorankommen.
Irgendwie scheinen die Leute schon darauf zu warten, dass Kessler in der Mythen-Post wieder zuschlägt. Mir macht das Spass!
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS: In diesem Jahr findet zum zweiten Mal die Schwyzer Viehausstellung ob unserem Haus statt. Wie wär’s mit einer VgT-Gegen-Demo auf unserem Grundstück? (Kleiner Scherz…)


Schwyz, den 9.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Vielen Dank für Ihre Faxs vom 8.8.97.
Es freut mich, dass K. in B. offenbar keine Schweine mehr hat.
Betr. Geflügel-P. habe ich bis jetzt keine vernünftigen Angaben erhalten. Jemand sagte, der „Onkel P.“ sei gestorben und die grosse Halle sei nicht die Hühnerfarm, sondern ein Viehstall. (…)
Geflügel-P. ist jedoch im LTV eingetragen als J. P.-F. Geflügelhof und Eierverkauf, O., S., Tel. xy, Fax zv. Kürzlich machte P. Werbung in der „SW“.
Im O. gibt’s auch einen J.P.-R. im LTV. Seine Tel.-Nr. uo.
Das Problem ist, dass ich im O. keine zuverlässigen Informanten habe.
Jedoch könnte man einen Trick anwenden: im O. gibt’s einen A.F. mit einer mech. Werkstatt. Ich kenne ihn nur vom Telefon her. Er rief mich schon an und kritisierte die Kessler-treue Mythen-Post und mein Engagement für den Umweltschutz. Wie aus dem Gespräch hervorging, liefert er u.a. auch Ausrüstungen für Hühnerfabriken. Frau R. z.B. könnte sich als potentielle Kundin am Telefon ausgeben und ihn beiläufig wegen P. ausfragen. F. könnte sicher Näheres sagen. Seine Tel.-Nr. ist ow (privat) und tr (Geschäft). Rufen Sie aber ja nicht als „Herr Kessler“ an, sonst trifft F. den Schlag…
Unter „F“ habe ich gerade noch einen Schweinezüchter gefunden: F. F., G., R. (Ich weiss jedoch nicht, wo sich diese „G.“ befindet.“)
Nun zu den Schweinemästereien in Steinerberg: Am Dorfeingang befindet sich die zweistöckige Schweinefabrik von E.S. („Cou-Cousin“ von meinem langjährigen Kunden E.S., Toyota-Garage). Wie mir E. sagte, sei der Betrieb auf dem „neusten Stand“. Ob’s zutrifft, werden Sie besser wissen. [Anmerkung: Wie später Bilder zeigten, war die Mästerei alles anderes als tierfreundlich! Konventionell auf dem „neusten Stand“ heisst meist nur „auf maximalen Profit ausgelegt“.] Die Schweinemästerei an der Hofstrasse, unterhalb der Schreinerei Werner Styger, gehört A.V. jun., Steinerberg. (Gemäss unabhängigen Angaben von G.M., Maler, Steinerberg sowie G.A., Gemeindekassier, Steinerberg).
Ausgangs des Dorfes Steinerberg, links am Hang am Waldrand, befindet sich die Schweinezucht von A.V. senior, der in Goldau wohnt (wiederum gemäss Angaben von G.M. und G.A.). Die Ortsbezeichnung bzw. Beschilderung des Gebäudes soll „Waldhof“ heissen. (Ich werde das Gebäude nächste Woche fotografieren und Ihnen die Bilder schicken.)
Übrigens: Die Bezeichnung „Heizlet“ kannte keiner der Befragten.
Jetzt zu Steinen: Die erste Schweinemästerei (nach der VW/Audi-Garage) links von der Frauholzstrasse gehört F.A. (gemäss Angaben von Frau Sch., Brennstoffe, Frauholz, Steinen sowie E.M., VW/Audi-Garage, St.).
Nach der Unterführung geht links ein Strässchen parallel zur Autobahn weiter. Die erste Mästerei rechts soll H.A., Molkerei, Steinen, gehören; die zweite, grosse – nach xy – E.S., Steinerberg. Ich werde mir nächste Woche die Objekte anschauen und auch Fotos machen. Nach Angaben von E.S. würden Herbert A. und E.S. „zusammenarbeiten“. Ob’s stimmt, weiss ich nicht.
Zur Präzisierung: Das Gebiet nach der Autobahnunterführung heisst nicht mehr „Frauholz“, sondern „Au“, wie mir ein Herr Sch. von der Post Steinen auf Anfrage mitteilte (das Parallelsträsschen zur Autobahn besitze keinen Namen).
Dass Sie auch noch die Mästerei von Martin (Vater) und Bruno (Sohn) F. am Hausmattweg 12 in Brunnen observierten, bezeichne ich als „Wahnsinns-Tat“. Ich wollte gestern gegen Abend das Objekt von aussen fotografieren. Sie hätten den „Empfang“ sehen sollen! Ich habe noch selten einen Menschen mit so hohem Adrenalinspiegel gesehen wie bei Bruno F.. Ich musste wieder umkehren (an Aussteigen war nicht zu denken.)
Xy warnte mich zuvor, dass das ganz „gächschützige Typen“ seien. Er hatte recht. Ich staune, dass „Adrenalin-Bruno“ laut Telefonbuch verheiratet ist.
Xy hat mir gesagt, dass er ungefähr vor einem Jahr im Schweinestall der F.’s gewesen sei. Der Betrieb habe damals – soweit er es beurteilen könne – einen „ordentlichen Eindruck“ gemacht. Er hätte auch schon sonntags F’s Schweine im Freien gesehen.
So, wie „Terminator“ F. jedoch auf mich gewirkt hat, kann ich fast nicht glauben, dass es die Tiere dort gut haben.
F’s Grundstück ist ein „unwirklicher Ort“. In „Spiegel-TV“-Manier würde ich den Landstrich parallel zur Muota hinter der Zementfabrik H. als eine Art „Todeszone“ darstellen. Ein deutscher Reporter befragt Brunner, die über die Familie F. Bescheid wissen. Die Befragten getrauen sich jedoch nur anonym Auskunft zu geben (Gesichter nicht zu sehen, verzerrte Stimmen). Spaziergänger seien von der H. nicht mehr zurückgekehrt. Die Polizei getraue sich jedoch nicht, das Grundstück zu betreten etc. Gerüchte würden zirkulieren, dass Leichen in F.s‘ Garten vergraben worden seien. Niemand wisse aber Näheres. Filmtitel: „Hausmatt – Ort des Grauens“.
Weiter: Auf Ortsplänen sei die Hausmatt gar nicht eingetragen.
F’s Gesichtsausdruck verheisst nichts Gutes. „Diesem primitiven Kerl sein Hobby wird wahrscheinlich das Kastrieren von Ferkeln sein“, dachte ich spontan, als ich sein Face sah.
Dass Sie, Herr Kessler, Fotos von F’s Mästerei machten, ist ein Wahnsinns-Ding!!! Als ich xy nach der Hausmatt fragte, war in seiner Stimme sofort deutlich Angst auszumachen. „Hausmatt? Passen Sie da nur auf! Die F’s sind eine spezielle Gattung, ‚gächschützig’… und einen scharfen Hund haben sie auch.“ Ich glaube, dass die meisten sich nicht einmal vorstellen könnten, dass „James Bond“ oder „Superman“ sich getrauen würden, F’s Schweinestall zu observieren…
Martin F. hat übrigens vor 2 oder 3 Jahren einen Leserbrief im „Boten“ geschrieben, in dem er Sie als „Gessler“ bezeichnete. Ich antwortete meinerseits mit einem Leserbrief, dass er offenbar Schiller’s „Tell“ nicht richtig verstanden habe (Verwechslung der Darsteller). Wenn F’s seinen Schweinestall in den VgT-Nachrichten sieht, wird er ausrasten… (Sportmedizinisch gesehen wäre es interessant, in diesem Moment seine Werte erfassen zu können.)
Bei Martin F. recherchiert zu haben, wird hier in der Region für Aufsehen sorgen. „Um F’s Schweinestall zu fotografieren, braucht es nicht nur viel Mut, sondern auch noch einen Schuss Wahnsinn“, wird es heissen.
(…)
Zu den Schweinemästereien in Goldau: Jene auf der Bernerhöhe (vis-à-vis Reichlin-Car) gehört Imlig, jene in Richtung Lauerz unterhalb der Bernerhöhe zur Molkerei Ziswiler, Goldau. (Gemäss tel. Angaben von xy, G.] Frau R. können Sie übrigens betr. weiteren Informationen problemlos anfragen. Sie findet Sie super!)
Ich freue mich schon jetzt auf Ihren Beitrag und die Fotos!
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 10.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Ich war mir nicht hundertprozentig sicher, ob die VgT-Kundgebung in Einsiedeln heute tatsächlich stattfinden würde. Als ich nach dem Mittag kurz vor 13.00 Uhr ins Büro ging, sah ich Ihr Fax – und fuhr „notfallmässig“ los. Leider kam ich etwas zu spät. Ich sah gerade noch, wie da um eine Stange gekämpft wurde – und danach, wie die (…) Ch. dazwischenfuhr …
Laute Wortgefechte, Sie voll in „Action“… Dann das Publikum, das sitzend von den Restaurants oder stehend vom Parkplatz aus das Geschehen verfolgte. (Bald werden die Touristen nicht mehr wegen dem Kloster nach Einsiedeln pilgern, sondern um zu schauen, ob sonntags um 13.30 Uhr auf dem Klosterplatz eine VgT-Demo stattfindet.)
(…)
Was mich erstaunt hat, dass unter dem Publikum etliche nicht wussten, um was es wirklich geht. Manche Leute verstanden die Aktion als Provokation. Spontan wurde ich angesprochen; ich gab mich dabei als neutraler Reporter aus, der lediglich das Geschehen verfolge und klärte – so gut es ging – auf. Sobald die Leute wussten, um was es ging, zeigten sie Verständnis bzw. Sympathie.
(…)
Weil das Wetter ideal war, habe ich auf der Rückfahrt gleich noch einen Teil der von Ihnen besuchten Mästereien von aussen fotografiert. Ich werde Ihnen die Bilder zusammen mit jenen der heutigen Aktion in Einsiedeln schicken.
Danke für Ihren mutigen Einsatz!
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS: Heute scheint allgemein ein „aggressiver Tag“ zu sein. Ich habe nach der Ankunft zu meinen (heute ebenfalls etwas überdrehten) Mitbewohnern gesagt: „Hier herrscht ja noch eine aggressivere Stimmung als drüben in Einsiedeln.“ (Diese Bemerkung kam nicht gut an…)
Morgen ist – zum Glück – wieder ein neuer Tag!
(Wie wird’s erst bei den F’s in der Hausmatt in B. zu- und hergehen, wenn schon das Normalvolk ob dem Wetterdruck und der Hitze durchdreht…) [Anmerkung: Beelers Humor!]


Schwyz, den 12.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Gestern war bei uns wieder so ein aggressiver Tag. Ich war selbst auch ziemlich geladen (oder besser besessen) und wollte die Energie nutzen (besser als Auseinandersetzungen mit sonst normalen und liebenswürdigen Mitbewohnern zu haben).
Als ich von der Druckerei heimfuhr, besuchte ich zuerst die Schweinezucht „Waldhof“ von A. V. senior ob Steinerberg. Der Typ war anwesend – und ich (…). Nach dem Abendessen fuhr ich nochmals los. Gerade, als ich zu Fuss beim Objekt ankam, kam ein junger Bauernbursche mit Traktor und Güllenfass und fuhr das Strässchen hinauf. Offenbar fiel ich dem Typ trotz Fotoapparat und Blitz nicht auf (ich war bodenständig gekleidet mit markanten Hosenträgern und Kurzarm-Hemd…). Ich zog mich zurück. Als der Bursche gegangen war, machte ich Aufnahmen. Schlimm, diese Kastenstände. (Ich hoffe, dass die Fotos geglückt sind.) [Anmerkung: Sie kamen gut heraus.] Den Betrieb von A. Styger jun. konnte ich mir innen nicht ansehen. Es war noch zu hell, Autos fuhren die Hofstrasse hinauf, ein spielendes Kind usw. So machte ich 2-3 Aufnahmen von den vergitterten Fenstern.
Dann folgte E.S. (…)
Die Mästerei von I. auf der Bernerhöhe in Goldau ist gut zugänglich – ich machte Aufnahmen. Für innen (…). Ich habe die Fotos so gemacht, dass sie dennoch aussagekräftig sein sollten.
Hinten hat I. offenbar noch einen „gfürchigen“ Hundezwinger. Dumpfes Knurren (in so tiefer Tonlage hatte ich es noch nie gehört!) war deutlich zu vernehmen. Für einen aussagekräftigen Bericht hätte man eine Film-Kamera gebraucht.
Nach I. folgte Z. unterhalb der Bernerhöhe (Richtung Lauerz). Die armen Tiere müssen dort offenbar ohne Stroh (!) auf dem nackten Boden leben. Was bei Z. absoluter Terror ist: der laute Stall-Lüfter. Die Tiere müssen allein schon wegen dem lauten Gebläseton krank werden.
Was mir überall aufgefallen ist: Schweine sind sehr neugierig und nehmen sofort Notiz von einem. Es sind intelligente, sensible Gesellen, die leicht mit ihrem Grunzen, Quicken und interessierten Verhalten für Stimmung sorgen können. Umso trauriger ist es, wie diese Tiere gehalten werden!
Danach fuhr ich nach I. Ich wendete im Gerbihof, fuhr zurück und wollte bei Schmid Aufnahmen machen – da kam schon Jung-Eugen raschen Schrittes…
Dann ging’s weiter nach B., um die Hausmatt auszukundschaften. Ich meine, es gibt da schon Möglichkeiten… (Aufklärungsfotos folgen).
Bruno F. soll ca. 5-6 (noch kleine) Kinder haben und im neuen Haus wohnen, erfuhr ich. Diese Kinder sind wirklich nicht zu beneiden. (Was irgendwie nicht zusammenpasst: das friedlich wirkende neue Wohnhaus von Bruno zum „Ort des Grauens“. Wahrscheinlich nur Tarnung… Mich nähme es wunder, was für Handwerker an diesem Objekt gebaut haben. Wahrscheinlich wurde dieses Haus gar nie gebaut, sondern stand eines Tages einfach da…)
Warum Bruno immer so gereizt ist? Vielleicht habe ich eine mögliche Erklärung: Die Zementfabrik erzeugt selbst in der Nacht einen beträchtlichen Lärm. Ich glaube nicht, dass man in der Hausmatt deshalb gut schlafen kann (obwohl es dort sicher niemand zugeben würde. Die F.’s würden noch behaupten, gut zu schlafen, wenn in der Nacht Artilleriegranaten einschlagen: „Uns macht das nichts aus“.
Dann fuhr ich nochmals zurück nach Ibach, machte im Dunkeln drei Aufnahmen bei Schmid und noch zwei oder drei bei G. in der Grundstrasse. (…)
Irgendwie würde es mich reizen, im Oktober einen eigenen Bericht mit Fotos zu diesem Thema zu bringen.
Wegen Einsiedeln: Sie können selber sagen, was Sie Ende Oktober in der Mythen-Post Standardauflage und der M.P. Sonderausgabe haben möchten. Das Thema „Kloster Einsiedeln“ habe ich für die Sonderausgabe so oder so geplant.
Mein Problem ist, dass ich momentan viel zu viel auf einen Schlag will: Anti-xy-Kampagne, Schweinefabriken, Umweltschutz, „Bote“-Attacke, Protestkundgebung vor dem Kloster Einsiedeln, viele neue Kunden gewinnen usw. Am liebsten würde ich aus vollen Rohren schiessen, dass die Innerschwyzer Erde bebt (und selbst die Hausmatt erzittert!). [Anmerkung: Tja, wenn Beeler in manischer Laune ist…] Vergangene Nacht hatte ich nochmals meine abendliche Tour im Traum nacherlebt: Kastenstände, die Ferkel, Kot- und Urinschichten, laute Stall-Lüfter, (obwohl nicht gesehen) angebundene Kälbchen usw. „Man muss der Agro-Mafia den Krieg erklären“, war meine Erkenntnis am Morgen.
Nun werden Sie sicher sagen „cool bleiben“ und „langfristig denken und planen“. Sie haben sicher recht. Aber das „Cool-sein“ muss ich noch lernen.
Das Gesehene hat mich aufgewühlt und lässt mich fast nicht mehr los. Es muss doch Mittel und Wege geben, diese Schweine-KZ’s zu bekämpfen!
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 14.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Ich weiss jetzt, wie wir die Hausmatt erobern.
Warmer Spätsommerabend, 21.34 Uhr. Von der Wylenbrücke her startet Christina – als harmlose junge Velofahrerin getarnt – in Richtung Hausmatt. Zur selben Zeit arbeiten Martin und Bruno F. noch an einem lecken Güllenfass. Weil es bereits dunkel ist, beleuchtet ein Scheinwerfer den Vorplatz. Sobald Christina in der Nähe der beiden Männer ankommt, zückt sie eine Maschinenpistole: „Hände hoch! Wo sind eure Schweine?“ Jetzt fällt das Zeichen. Der sich in der Dunkelheit ohne Licht fortbewegende VgT-Ford Transit kommt von der Wylenbrücke her. (Das langsame Rollen auf der Kiesstrasse und das fast nicht wahrzunehmende Motorgeräusch wirken gespenstisch.) Mit dem VW-Bus wird die Hausmatt in Richtung Seewen abgeriegelt. Jetzt sitzen die F’s in der Falle! „Die geographische Abgeschiedenheit, welche sie über Jahrzehnte schützte, wurde ihnen jetzt zum Verhängnis“ (Kommentar „Spiegel-TV)“
Mir ist auch noch eine erotische Variante in den Sinn gekommen. Die Kamera zeigt F’s Schlafzimmertüre. Minimale Beleuchtung (sodass gespannte Zuschauer bei ihrem TV-Gerät automatisch auf „heller“ stellen). Bruno beim Koitus. Exakt beim Erreichen des geschlechtlichen Höhepunkts – Szenenwechsel – sieht man, wie Erwin Kessler ein Fenster zum benachbarten Schweinestall einschlägt und mit ihm ein minuziös vorbereitetes und perfekt eingespieltes VgT-Team die Gunst der Stunde nutzt. [Anmerkung: Die Abgelenktheit während des Geschlechtsaktes auszunutzen, wäre wirklich fies…] Bezüglich der Nebenszenen bin ich mir noch nicht schlüssig. Eine Möglichkeit: Mutter F. hat – aufgrund der lärmigen Zementfabrik – einen sehr robusten Schlaf entwickelt (der Film zeigt eine korpulente ältere Bauersfrau mit Kopfhaube in einem alten, hohen Doppelbett). Vater Martin F. hockt während der VgT-Aktion in der Beiz beim Jassen.
(Die Nebenszenen sind jedoch nicht so spontan und originell, so dass man sie wahrscheinlich besser weglässt).
Betr. der Geschichte „Hausmatt – Ort des Grauens“ – fehlt mir einfach noch der rote Faden. Zu viele verschieden Gedanken/Varianten gehen mir im Moment durch den Kopf, z.T. auch abstruse, dass F. z.B. zu Ohren kommt, fanatische orthodoxe Juden hätten das Fenster zu seinem Schweinestall eingeschlagen, um gegen die Produktion von Schweinefleisch ganz generell zu protestieren…

______

Zu Ihrer Anfrage vom 8.8.: Die kleine Geflügelfabrik befindet sich vielleicht 60-100 m links von der Hauptstrasse, wenn man von Ecce Homo (Weiler nach dem Dorf Sattel) in Richtung Steinerberg fährt. Es führt ein kleines Kiessträsschen zu diesem (wohl neueren) Objekt. Wem es gehört, weiss ich nicht. (Falls nötig, kann ich es herausfinden)
(…)
Wenn Sie weiter die Rossbergstrasse hinauffahren, kommt – nach einigen Kurven – links D.B. Früher war im Telefonbuch „Schweinemast“ oder „-zucht“ eingetragen. Soviel ich weiss, ist es jedoch nur ein kleines Objekt. Es kann sogar sein, dass gar keine Schweine mehr drin sind.] Der „Bote“ hat am Dienstag übrigens auf der Rückseite einen Bericht über die VgT-Demo vom vergangenen Sonntag in Einsiedeln gebracht (mit der Kritik an xy).
In der M.P.-Standardausgabe vom Oktober stelle ich mir einen neuen Bericht über die Schwyzer Schweinefabriken vor („1 Jahr danach“). (…) Die Leute in dieser Region machen sich grösstenteils ein falsches Bild über Sie und haben Vorurteile. Deshalb fände ich es wichtig, über die Arbeit des VgT zu informieren.
Ich stelle z.B. immer wieder fest, dass die meisten Leute gar nicht wissen, worum es bei den Demos in Einsiedeln geht. Sie sehen (aus ihrem Blickwinkel betrachtet) einige „Chaoten“ vor dem Klosterplatz.
Man muss den Leuten klar machen, dass das Einsiedler Kloster im Fehler ist und die VgT-Demos erst dann aufhören, wenn die Tierhaltung im Kloster Fahr in Ordnung ist.
(…)
Am besten besprechen wir die Sache mündlich, damit ich nicht zuviel des Guten tue (meine Masslosigkeit…). Ich freue mich jetzt schon auf Ihren Besuch in Schwyz!
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 16.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Am 14.8.97 habe ich die Fotos abgeholt. Sie sind eigentlich ganz gut gelungen. Besonders eindrücklich: eine Muttersau im Kastenstand beim Säugen ihrer Jungen.
Mir sind die Bilder wieder im Traum erschienen.
Irgendwie hatte es mich am Donnerstag gereizt, auch noch die Schweinemästerei von F.A. im F. zu inspizieren. Und auch die von H.A. und E.S.
(…)
Das Objekt von F.A. wäre für mich wahrscheinlich noch „machbar“ – aber es hat keinen Sinn zu übertreiben.
Dann fuhr ich nochmals nach Steinerberg zum „Waldhof“ – liess den Rest des Films durch (…)
Anschliessend ging’s weiter Richtung Sattel. Das Objekt (Foto), nach dem Sie mich fragten, ist eine Trutenhalle. (…) Die Frau machte einen netten, aufgeschlossenen Eindruck (Direktvermarkter).
(…) Wenn man in Richtung Morgarten fährt, führt ausgangs Dorf rechts eine Strasse (Hagegglistrasse) zu diversen Bauernbetrieben hinauf. Später folgt – wenn ich mich richtig erinnere – die F.. Ich fuhr dort entlang. Rechterhand gibt’s einen (stillgelegten) Schweinemastbetrieb (sieht ähnlich aus wie der von I., Goldau). Ein paar hundert Meter weiter oben – nach diversen Kurven – hat’s noch einmal einen (kleinen) Schweinestall (davor stand ein Tiertransporter mit der Aufschrift „Viehhandel oder -vermarktung S.“). Oben – bei einem Anwesen neueren Baudatums – hört die Strasse auf.
(…)
Weiter ging’s nach Rothenthurm. Auf der Suche nach Objekten war ich plötzlich bereits auf Zuger Boden (hoch über Oberägeri). Dort sah ich (an der Rämsen-, Rämslerstrasse oder so ähnlich) einen Molkereibetrieb und kletterte zu Fuss mit dem Fotoapparat die Böschung hinauf. (…) [Darauf] entschloss ich mich zu einer riskanten Aktion (hinter dem Wohnhaus herum in den Schweinestall). Nun kam ich zuerst in einen Vorraum. Durch ein Fenster konnte ich die Schweine photographieren (es sah ähnlich aus wie auf Ihrem Bild in der M.P. 10/96 von der Schweinefabrik Schibig, Brüschhalde, Küssnacht – einfach kleiner). Da ich – wäre jemand gekommen – eingeschlossen gewesen wäre, zog ich mich schleunigst und auf leisen Sohlen zurück. Bei dieser Operation hatte ich – im nachhinein betrachtet – wohl mehr Glück als Verstand. Aber ich wollte es einfach wissen…
Fazit: Es ist deprimierend, praktisch überall dieselben trostlosen Zustände vorzufinden: leidende Tiere in feuchten, engen und dreckigen Buchten, kein Stroh, keine Beschäftigungsmöglichkeit, Terror durch die lauten Stall-Lüfter usw. Einziger Zweck dieser armen Geschöpfe: Abfallverwerter und Fleischlieferant.
Ich glaube: das wirksamste Mittel gegen die Schweinemäster ist die journalistische Waffe. [Anmerkung: Selbst mit Grossauflagen ist der praktisch Erfolg mässig. Für die meisten Leute gilt: „Fressen kommt vor der Moral.“ (Brecht)] Man muss immer und immer wieder Bilder über die himmeltraurigen Zustände bringen. [Anmerkung: Wobei man hier vorsichtig sein muss, damit nicht ein „Gewöhnungseffekt“ entsteht.] Ich glaube, dass man nachhaltig arbeiten muss: Die gewerbsmässigen Tierquäler sozial, gesellschaftlich und wirtschaftlich ächten – und die guten Tierhalter unterstützen und fördern. Vor allem wichtig ist die Bewusstseinsbildung bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Eine grosse Aufgabe liegt vor uns.
Etwas ausserhalb von Rothenthurm ob dem Restaurant Biberegg gibt’s (…)
(…)
Mit dem Material, das ich habe, kann ich bereits einen eindrücklichen Beitrag schreiben.(…)
Nun wieder Neues vom „Ort des Grauens“. Xy vom „Schuehüsli M. Brunnen, sagte, dass er nicht glaube, dass F. unbedingt ein Tierquäler sei (Diese Aussage hörte ich auch von anderen Leuten). Jedoch könne F. nicht ertragen, „wenn da irgend ein Privater einfach in die Ställe geht und kontrolliert.“ Von den Behörden akzeptiere er das. Aber Kessler müsste man ermorden (!), habe er gesagt (oder er würde ihn ermorden?). Xy warnte mich, ja nicht in die Nähe der Hausmatt zu gehen: „F. kennt Sie!“

Dass F. ein grosser Tierfreund ist, kann ich mir fast nicht vorstellen.
Da kommt mir wieder so eine Idee: Das Wasser der Muota verfärbt sich blutig-rot auf der Höhe der Hausmatt – und ein blutig-roter Strom mündet schliesslich in den Vierwaldstättersee. Brunnerinnen und Brunner dazu befragt: „Bei den F’s soll das sein? Wir haben nichts bemerkt…“. Angst und Verdrängung… [Anmerkung: Ein makaberer Scherz, aber die meisten Leute wollen tatsächlich meistens nichts wissen bzw. alles verdrängen!] Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 17.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Sie haben sicher recht, dass es besser ist, wenn ich mich bloss auf’s Aufspüren von Objekten konzentriere.
Ein Problem ist, dass meine charakterliche Spannbreite vom kleinen, sensiblen Mäuschen bis zum wildgewordenen Elefanten reicht. Entweder weiche ich vorsichtig aus – oder ich nehm’s frontal mit zehn auf. Je nach Tag.
Ich verspreche Ihnen jedoch, meine Einzelaktionen ab sofort einzustellen, obwohl im Prinzip jeder Stall kontrolliert werden müsste.
Im übrigen muss ich mich in den kommenden Wochen sowieso voll auf’s Geschäft konzentrieren. Ohne Geld läuft nichts.
Betr. dem 1. September (Fotosafari) möchte ich mich noch nicht festlegen. Wenn ich in „Opa-Stimmung“ bin, falle ich Ihnen nur zur Last. Ich höre Sie nach den Recherchen schon zu M.R. sagen: „Also du, M., den Beeler nehmen wir nie mehr mit…“
Heute z.B. bin ich in Opa-Stimmung.
Betr. F. sehe ich schwarz: Eine Anfrage meinerseits würde ihn nur provozieren. Das wäre, wie wenn Sie ihn anrufen würden: „Hier Kessler, VgT. Kann ich bei Ihnen am Nachmittag einen Besuch machen?“ F. würde ausrasten! Er würde den Todesstreifen wahr machen, d.h. Wachtürme errichten und das ganze Gelände mit einem doppelten Elektro-Stacheldraht ausstatten und vermienen.
Wer F. nicht schon mindestens seit 30 Jahren kennt, hat kaum eine Chance bei der Hausmatt durchzukommen. (Neulich sah ich einen jugendlichen Mofalenker, der das Allgemeine Fahrverbot bei der Zementfabrik und alle Warnhinweise einfach ignorierte und schliesslich vorne beim LCP Computerhuus an der Wylenstrasse 6 wohlbehalten herausgekommen ist. Bei der Hausmatt, für die von der Muotastrasse her kein Fahrverbot gilt – habe ich noch nie einen Mofafahrer durchfahren sehen…)

______

Ich bin heute ziemlich auf den Felgen – und muss Distanz gewinnen. Die Tierschutzarbeit kostet Nerven. Ich staune, wie Sie das aushalten.
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler

 


Schwyz, den 19.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
In meinem vergangenen Fax ist mir noch ein kleiner Fehler unterlaufen. Die Strasse, welche von Seewen her zur Hausmatt führt, heisst Seewenstrasse (ich schrieb fälschlicherweise „Muotastrasse“: „…Bei der Hausmatt, für die von der Muotastrasse her kein Fahrverbot gilt…“ – Sorry.)
Ich habe nochmals mit dem Studium Ihres Buches „Tierfabriken“ begonnen. Mich erstaunen immer wieder Ihre starken Nerven und wie Sie das Thema differenziert darstellen. Dass „wir alle mitschuldig“ sind, stimmt auf der einen Seite schon. Aber irgendwie kommen mir dabei die Mäster – als „Täter“ – zu gut weg. Denn sie haben mit den Tieren konkret zu tun und tragen direkt die Verantwortung (egal, was von „oben“ als „Vorschrift“ erlassen oder unterlassen wurde). [Anmerkung: Es geht hier um die moralische Verantwortung!] Bezüglich der Strategie meines Artikels über die Schwyzer Schweinefabriken bin ich mir noch nicht im Klaren. Soll ich die Schweinehaltung „neutral“ beschreiben? Oder die Mäster und die Behörden als Verantwortliche in die Pfanne hauen? Was ist am wirkungsvollsten?
Bezüglich der Dosierung bin ich mir auch noch nicht sicher. Ursprünglich plante ich einen wuchtigen Frontalangriff, dass die Fetzen fliegen. Ob es jedoch klug ist? (…)
Am besten werde ich mich nochmals mit der Materie auseinandersetzen, in mich hineinhören und (…) einen Entwurf machen, den Sie korrigieren/ergänzen können.
Einen schönen Abend wünscht Ihnen
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 22.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Um Himmelswillen! Verwenden Sie bitte nicht die Initialen R.M.! Er würde in Teufels Küche kommen! Besser z.B. „xy.“ (Name geändert) oder sonst irgend etwas.
Xy hat mich gebeten, ja nicht seinen Namen zu nennen. Ich habe ihm absolute Diskretion versprochen. Ausserdem möchte ich „R.“ weder als Mensch noch als Kunde verlieren. Er ist ein flotter, unkonventioneller Typ, gegen EWR/EU etc. (trat vor der EWR-Abstimmung offiziell in den Hungerstreik.), ist gegen Tierfabriken etc.
Die Initialen „R.M.“ würden die F.’s sofort hellhörig machen.
Gegen den Brief an Fuchs an sich habe ich keine Einwände. Es kann ja nichts schaden, wenn die Leute sich dort einmal mit sich selbst auseinandersetzen…
Vielleicht wäre das auch eine „Story“ für die VN. Wobei man den Text irgendwie noch harmonischer gestalten, d.h. „abrunden“ müsste.
Es hat auch etliche Stellen, die Fehler/Mängel beinhalten, z.B.
– „…die Befragten getrauen sich jedoch nur…“ (Mehrzahl)
– 2 x hintereinander „getrauten“ (Befragte/Polizei); schönere Formulierung
– „…Gerüchte würden zirkulieren…“ (das „wohl“ weglassen)
– „…F’s Gesichtsausdruck.“ (besser neuer Abschnitt)
– „…Artilleriegranaten einschlagen“ (Schreibfehler)
– „…Jetzt fällt das Zeichen.“ (dito.)
– „…mit dem VW-Bus wird die Hausmatt in Richtung Seewen abgeriegelt.“ (Der VgT verfügt – soviel ich weiss – über 1 Ford Transit und 1 VW-Bus).
Die Talon-Idee finde ich originell. Vor allem die Formulierung: „Nein, ich will Sie nicht auf dem Hof, Sie Arschloch. Wehe, wenn Sie trotzdem kommen…“
Passen Sie aber trotzdem auf: Mit den F.’s ist nicht zu spassen! – Medizinisch wäre interessant abzuklären, ob F’s Aggressivität angeboren (genetische Disposition) oder anerworben (Erziehung/Umwelt) ist.
Vielleicht kommt es noch zu einem grossen Happy End. Martin F. am „Mittagstisch“ beeindruckt: „Dieser Kessler hat wirklich Mut! Jetzt will der uns sogar besuchen…“
Kann ja sein, dass die F.s nur eine übertriebene Abwehrhaltung gegen Fremde haben – und im Kern herzensgute Leute sind… (Kleiner Scherz)
Schluss-Szene des Films: Grosser VgT-Brunch bei Martin F. in der Hausmatt. Bruno schenkt gut gelaunt frisch-gepressten Süssmost ein. Vater Martin (mit frisch gebügeltem und gestärktem weissen Hemd, Hosenträgern und „Sunntigshosä“) schwingt das Tanzbein mit VgT-Aktivistinnen. Alle Tiere draussen auf der Wiese, spielende, fröhliche Kinder, glückliche, strahlende Gesichter überall. (Die über 100jährige Zementfabrik wird eine Woche später stillgelegt.)
Die Hausmatt – neu eine Insel des Friedens, des Glücks und der Harmonie…
Mt freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 22.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Ob F. mich aus der Story erkennt, ist unwichtig. Auf mich brauchen Sie keine Rücksicht zu nehmen.
Ich meine, dass man die Geschichte „Hausmatt – Ort des Grauens“ durchaus bringen kann. „Ohne“ wäre der Brief an F. nämlich fast zu nüchtern…
Martin und Bruno sind Typen, die nach unkonventionelle Methoden verlangen.
Eine andere Frage ist, ob man „Hausmatt – Ort des Grauens“ nicht besser für die VN aufspart – als „Überraschung“. – Sie müssen das selber wissen.
(…) [Anmerkung: Kessler brachte die Geschichte später in den VN] Ich meine, dass die Langversion des Briefes der Familie F. hilft, sich weiter zu entwickeln. (Dass die Leute vielleicht nicht unseren Humor haben, dieses Risiko müssen wir in Kauf nehmen.)
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS: Sollte mich F. erkennen und anschliessend umbringen, möchte ich, dass Sie zusammen mit meinem Freund Bert Engelbrecht (Neuseeland) meinen Nachruf schreiben.


Schwyz, den 25.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Sorry, dass ich mich erst jetzt melde. Ich hatte ein schlimmes Wochenende. Zuvor hatte mich eine (leichte) Sommergrippe erwischt (Halsweh, gelber Auswurf, sehr starkes Schwitzen). Weil ich „Wahnsinniger“ trotzdem „etwas tun“ wollte, stellte ich das Büro total auf den Kopf, d.h. (fast) sämtliches Material wanderte auf die grosse Terrasse – dann wurde gestaubsaugt etc. Weil ich alles auf „clean“ haben wollte, shamponierten wir zusätzlich den Teppich. Das verwendete Mittel war/ist – wie sich im nachhinein herausstellte – total chemisch aggressiv. 5 Minuten im Büro – und ich bekam einen Hautausschlag! Nach dem Duschen in der Wohnung war der Ausschlag glücklicherweise wieder weg. [Anmerkung: Teppichreiniger beinhalten hochallergisierende Duftstoffe!!! Deshalb diese Produkte gar nicht verwenden.] Irgendwie litt ich unter „chemischen Nachwirkungen.“ Vergangene Nacht schwitzte ich wie ein Pferd – und erlitt beinahe einen „Nervenzusammenbruch“ (zuviel Stress – wenig Schlaf). [Anmerkung: MCS…] Heute musste ich nochmals den Boden leerräumen und meine Gotte „dekontaminierte“ (mit einem alten Hausmittel) den Teppich. Jetzt geht’s – zum Glück – wieder einigermassen (mit etwas Asthma).
Am Nachmittag liess ich mich noch alternativmedizinisch testen. Es sei nicht so schlimm, wie ich mich im Moment fühlen würde. Morgen sei alles wieder besser.
Übers Wochenende sind mir auch noch Dinge versehentlich in den Abfall gelangt (darunter leide ich, weil ich alles immer perfekt und nicht unkontrolliert haben will – Zwangsneurose…).
Dann stimmt noch etwas mit der Neonröhre in meinem Zimmer nicht (die Lampe wird sehr warm und der Plastik der Abdeckung fängt zu riechen an). Ich ersorge jetzt schon den Elektriker, aber wahrscheinlich muss man trotzdem etwas unternehmen. [Anmerkung: Dies tat dann Beeler aber nicht. Getreu seiner Regel, nur keine (negativen) Veränderungen!] Und gestern beim Abendessen habe ich mir noch ein Stück Zahn herausgebissen (jetzt noch 20% Zahn, der Rest Amalgam).
„Anderen Leuten (und vor allem den Tieren) geht’s viel schlimmer“, tröste ich mich. Ich muss jetzt Distanz gewinnen, „loslassen“ – dann kommt, so hoffe ich, vielleicht wieder der alte Beeler (das sowjetische Kraftwerk…).
Im Moment wäre ich Ihnen keine grosse Hilfe. In meiner Phantasie sah ich, wie Sie und M.R. mich stützen und wir mit enormen Aufwand den ersten Schweinestall erreichen. „Nächstes Mal lassen wir Opa Beeler aber wieder zuhause“, höre ich Sie zu M.R. sagen…
Kann sein, dass ich am nächsten Sonntag schon wieder topfit bin. Im Moment würde ich Ihnen jedoch nur zur Last fallen. Entschuldigung.
Ich möchte am liebsten auf einer schönen Insel sein (weitab dieser Zivilisation) und mich einfach entspannen, Sonne, Wasser, Wind und die Natur geniessen (und mein Asthma vom Teppichschaum loswerden…). [Anmerkung: Leider findet man solche Ruheinseln in unserer Gesellschaft kaum. Kein Wunder, dass die Leute „spinnen“…] Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS: Fotos sind parat. Ich muss jedoch noch Nachbestellungen machen. [Anmerkung: Beeler machte viel zu viel!]


Schwyz, den 29.8.97

Sehr geehrter Herr Kessler
Ich machte die vergangenen 7 Jahre nie Ferien. Die einzige Ruhezeit, die ich hatte, war jeweils wegen Grippe. Nun stehen im November gleich zwei M.-P.-Ausgaben auf dem Programm. (…)
Noch immer fühle ich mich ausgebrannt. Diese Woche ging ich jeweils jeden Tag erst nach Mitternacht ins Bett. Ich kann und darf mich nicht „ausruhen“ – umgekehrt aber muss ich wieder einen gesunden Rhythmus finden.
Vergangene Woche war recht nervös und das Familienleben litt darunter. Ich selbst habe noch immer Asthma und leichten gelben Auswurf. Solange die Entzündung nicht auskuriert ist, bin ich nicht fit.
Gleichzeitig muss ich etwas „retour fahren“, da sonst meine Mutter noch zusammenklappt. Meine „gesellschaftlichen Aktivitäten“ setzen ihr immer gesundheitlich zu. Ich umgekehrt muss agieren, sonst werde ich (noch mehr) krank…
Natürlich kann ich Ihnen betr. Sonntag nicht „nein“ sagen. Ich hätte sonst ein schlechtes Gewissen. Umgekehrt dürfen Sie von mir nicht viel erwarten. Ich bin zur Zeit nur ein halber Mensch, der sich ständig Gedanken macht, ob und wie die kommenden stressigen Monate zu überstehen sind. Dann immer wieder die familiären Ermahnungen, mich zu schonen (was ich tatsächlich im Moment auch tun sollte).
Kommen Sie am Sonntag allein oder mit einer Crew? Wenn Sie allein kommen, könnten wir die Fotos bei uns anschauen (mehrere Personen – Stress – kann und darf ich meiner gesundheitlich angeschlagenen Mutter nicht zumuten. – Sonst kein Problem.). [Anmerkung: Hier ist Beeler nicht ganz ehrlich. Er hat generell nicht gerne viele Leute um sich!] Wie ist es mit dem Essen? Möchten Sie bei uns essen? Ich müsste dann Bescheid sagen. (Ausser meinen lieben Freund Bert Engelbrecht, der seit 1995 in Neuseeland lebt, lade ich sonst keine Menschenseele zum Essen ein, sondern bin froh, wenn niemand kommt…) [Anmerkung: Das Essen bei der Familie Beeler ist hervorragend! Dies können Beelers Schulkameraden bestätigen.] Wir könnten auch ins Bacco (führt u.a. vegetarische Gerichte) nach Brunnen fahren. Die Familie Câlo ist Mythen-Post Kunde.
(…)
Mir fehlt momentan einfach der „Kick“; ich bin auch nicht in militanter Stimmung, sondern in einer „psychophysischen Wiederaufbauphase“.
Ich bin wie ich bin – und kann deshalb auch nur als Einzelgänger leben. [Anmerkung: Hier sagt Beeler etwas ganz Wesentliches!] In Sattel könnten wir uns um 17.00 Uhr bei der Kapelle „Ecce Homo“ treffen. Das ist der Weiler nach Sattel in Richtung Steinerberg bzw. Steinen (vor der Abzweigung). Es gibt dort einen Brunnen und einen Parkplatz.
Schönen Abend.
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 30.8.97

Lieber Herr Kessler
Vielen Dank für Ihr Verständnis. Heute war wieder ein nervöser Tag. Am Morgen war ich bei meiner langjährigen Coiffeuse Carmen Haare schneiden. Carmen ist eine liebe junge Frau, nicht neurotisch (eine Seltenheit heutzutage) und glückliche Mutter eines 1 Jahr alten Sohnes. Der Aufenthalt dort tat mir gut. [Anmerkung: Mit dem „nicht neurotisch“ beschrieb Beeler die damalige Situation. Später, als die Kinder etwas grösser waren, machte sie z.T. einen „Stress-Mutter-Eindruck“ (was sie selber früher verurteilte!), weshalb sie Beeler nicht mehr besuchte.] Zuhause hatte ich den Artikel über die Schwyzer Schweinefabriken für die Oktober-Nummer angekündigt, was familienintern einmal mehr einige Emotionen auslöste: „Musst du denn immer…“„Ja, ich muss…“, war meine Antwort. Weltuntergangsstimmung machte sich breit. Meine Mutter: „Du wirst dich noch finanziell ruinieren…“„Für mich wäre es unerträglicher, das entsetzliche Leid, das ich in den Schwyzer Schweinefabriken gesehen habe, nicht zu schildern. Ich muss halt in Kauf nehmen, dass gewisse Kunden abspringen werden. Mich für eine gute Sache zu engagieren ist mir wichtiger als Geld. Das gibt mir einen Sinn und auch die Kraft, überhaupt eine Mythen-Post zu machen. Nur wegen dem Geld allein könnte ich eine Mythen-Post nicht machen. Und ein ’normales‘ Heft kann jeder machen. Dann braucht’s mich gar nicht…“ – Mutter meinte, ich sei egoistisch und überheblich, würde nur auf mich schauen und nicht die anderen etc. Ich würde besser mit meinen Geschwistern (Erbengemeinschaft) gut auskommen, erklang es von anderer Seite. Standard-Diskussionen, die schon seit Jahren immer wieder in der Art ablaufen.
Tatsächlich meint es meine Mutter gut. Sie leidet seit vielen Jahren darunter, dass ich eben „anders“ bin. Sie hätten dabei sein sollen, als ich wegen ZS-Verweigerung im Jahre 1988 ins Gefängnis musste. Das gab vielleicht ein Hallo!
Insgeheim hat sie aber schon auch Sympathien für mich. Wenn unser Nachbar Josef G. Steiner kommt und die Mythen-Post redaktionell lobt, macht sie das happy. Und wenn Frau Reichlin von Reichlin-Car, Goldau, sagt, Erwin Kessler sei absolut super und die Schweiz bräuchte mehr solche mutigen, geradlinigen Menschen, kommt meine Mutter und sagt, ich solle Frau Reichlin doch Hefte mit Artikeln von Ihnen geben.
Meine Mutter tut mir manchmal sehr leid, weil sie sich unglaublich viel Sorgen um mich macht (und deswegen tatsächlich krank wird). Umgekehrt ist es mein Leben und meine Aufgabe, mich gesellschaftlich positiv einzusetzen. Die Konfrontation mit der Gesellschaft macht mir nichts aus, weil es mir absolut egal ist, was und wie die Leute über mich denken. Wenn ich zeitweise scheitere, dann immer an mir selbst, an meinen eigenen Unzulänglichkeiten.
Zur Zeit gehen mir enorm viele Sachen durch den Kopf, die ich nicht auf einen Schlag bewältigen kann. Ich muss die Themen Schritt für Schritt angehen – und „cool bleiben“, wie Sie sagen würden.
Neben dem Tierschutz und Umweltschutz möchte ich mich neu auch dem Bereich Konsumentenschutz zuwenden. Nur ein Beispiel: Waschmittel. Es ist haarsträubend, was sich in diesem Bereich abspielt. Dann die ganze Nahrungsmittelindustrie etc. Die Leute sehen die Problematik nicht oder sie weichen ihr einfach aus bzw. resignieren.
Was es da weiter alles an Giften und „Pflanzenschutzmittel“ für den Garten gibt, ist heller Wahnsinn (heute in der Drogerie Imlig in Steinen gesehen). Chemische Sprays gegen Mücken, Wespen etc. – Betr. dem Mäusegift fragte ich: „Was passiert, wenn das ein Hund einnimmt?“ Drogistin Esther von Euw schaute mich ganz verwundert an.
Schizophrenie in der Drogerie: auf der einen Seite verkaufen sie chemische Produkte gegen Insekten, Nager etc. – auf der anderen Seite Reformprodukte für gesundheitsbewusste Menschen. Irgendwie müsste doch ein solches Geschäft eine klare Grundhaltung haben, z.B. dass auf den Verkauf gesundheitsschädigender (negativer) Produkte generell verzichtet wird.
Für mich heisst das: die kommenden Jahre immer wieder solche schizophrenen Sachen den Konsumenten ins Bewusstsein bringen. [Anmerkung: Genau das macht Beeler die kommenden Jahre und geht finanziell fast zugrunde…] Ich glaube, dass es auch im Konsumentenschutz Zeit ist, andere Töne anzuschlagen, z.B. gegen Migros, Denner etc.
Am Nachmittag habe ich bei Müller Berufsbekleidung Gummistiefel gekauft.
Wo wollen wir uns treffen? Kommen Sie zuerst zu uns? Das Haus ist leicht zu finden: Kollegiumstrasse 4 in Schwyz. Sie fahren von der Herrengasse her zur Pfarrkirche, biegen links hinauf Richtung Ibergeregg. Auf der Höhe der Cherchels sehen Sie links das Hotel „Drei Königen“. Dort fahren Sie hinauf. Gleich darauf folgt eine Gabelung (dazwischen gibt’s einen Brunnen). Die Strasse rechts ist die Kollegiumstrasse. Das Backsteinhaus (vormals eine Brauerei) rechts ist unseres. Oberhalb des Hauses befinden sich die reservierten Parkplätze. Sie können den zweithintersten (Reserv. Beeler) benützen. Falls der besetzt wäre, links daneben den von „Stössel“ oder rechts davon den nummerierten.
Der Eingang zum Haus befindet sich an der Kollegiumstrasse (zuoberst läuten). Wann kommen Sie?
Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 2.9.97

Lieber Erwin
Ich bin froh, dass Ihr von Euren Recherchen gut nach Hause gekommen seid. In der Nacht von Sonntag auf den Montag ging ich auch erst um 2.00 Uhr ins Bett. (Gestern ebenso. Jetzt muss ich wieder langsam Kräfte sammeln.)
Deine Meldung betr. I. Goldau irritiert mich. Haben mich vielleicht seine Nachbarn bei der Observation gesehen und wurde ihm das gemeldet? Dass da einer mit Hund im Nebenstall schläft, ist höchst merkwürdig.
Betr. Ziswiler: Sagen meine Aufnahmen durch das Fenster genug aus?
Heute habe ich mich auf der Bauverwaltung der Gemeinde St. erkundigt. (…) Ein Herr K. gab mir Auskunft (wobei es nötig sein wird, nochmals nachzufragen).
Die Welleternit-Geflügelhalle gehöre einem „S.“. Beim Strässchen, das nach hinten führt, handle es sich um einen Privatweg. Schützen dürften ihn benutzen (wo jedoch der betr. Schiessstand sein soll, weiss ich nicht). Laut Tel.-Buch müsste dieser S. der „zv“ entsprechen.
Als K. beim Telefonieren war, sah ich mir auf einem grossen Ortsplan die Sache an. Die Trutenhalle gehört nicht mehr zu Ecce Homo, sondern heisst (wenn ich meine Notizen recht entziffere) „Pfaffenrist“ – Angabe jedoch ohne Gewähr!
Tatsächlich fand ich auf dieser Karte auch die von Dir in Zusammenhang mit dem „Waldhof“ von A.V. sen. benützte Bezeichnung „Heizlet“, wobei sich dieses Gebiet – wenn ich mich recht erinnere – oberhalb der Schweinezucht befindet.
Vom Schweinestall an der Rossbergstrasse (Strecke Steinen-Sattel) habe ich heute Aufnahmen gemacht (…). Der Besitzer soll D.B. senior, K., sein. Im Telefonbuch ist jedoch nur eine Frau erwähnt. Wie mir K., sagte, arbeite einer der drei Söhne auf dem väterlichen Betrieb. D.B. jun. bewirtschafte das Heimetli „A.“, ein weiterer Sohn eine dritte Parzelle. (Angaben jedoch ohne Gewähr, da eine Info-Quelle allein immer mit einer gewissen Unsicherheit behaftet ist).
(…)
Es ist wahrscheinlich besser, den Schweinestall nur von der R. her zu fotografieren (da man ihn ja auch nur von dieser Seite her kennt).
Der Schweinestall an der Steinerstrasse zwischen Steinen und Schwyz soll „B.“ gehören (gemäss Auskunft der Kinder von X.H., P., S., S.. Er bzw. seine Frau waren nicht da). Im Telefonbuch gibt’s zwei B., einen P. und einen X.. Ich muss diesbezüglich nochmals nachfragen (Frau H. war heute wieder nicht zuhause). Ev. frage ich H.L., Automechaniker bei A.H. Seewen. Er wohnt in der Nähe.
Noch zu meinem Bericht über die Schwyzer Schweinefabriken: Deine Bilder schildern die Situation besser.
Meinen Beitrag würde ich (…) gerne bringen, schon deshalb, damit die Leute nicht mehr sagen können: „Der Kessler übertreibt…“. Ich habe ja selber die Missstände gesehen.
Du weisst jedoch am besten, wie vorzugehen ist.
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 5.9.97

Lieber Erwin
Auch ich war über F’s clevere Antwort überrascht. Dass er geantwortet hat, erweckt den Eindruck, dass er sich mit dem Thema Tierhaltung auseinandersetzt und offenbar über EK nachdenkt. So, wie der Brief geschrieben ist, scheint die ganze Familie F. daran mitgewirkt zu haben. Dass man die Sache nicht leicht genommen hat, zeigt auch, dass vom Erhalten des Briefs bis zur Antwort über eine Woche vergangen ist.
Gerade vorhin hat das Telefon geläutet. „Wahrscheinlich F.“, dachte ich mir…
Was mich freut, ist, dass F. folgerichtig auf die Mythen-Post geschlossen hat. Wahrscheinlich denkt er sogar, ich hätte in der Hausmatt zugeschlagen und Dir die Fotos geschickt. Das ist gut so. Vielleicht übernachten bald alle Innerschwyzer Mäster in ihren Ställen und warten auf Beeler…
Sorry, Du hast recht, ich muss „unauffälliger“ sein.
Themenwechsel: Die September-Ausgabe ist diese Woche fertig geworden und ich widme mich nun der Oktober-Ausgabe (Schwyzer Schweinefabriken) und der Sonderausgabe (Einsiedeln/Küssnacht; Thema „Kloster Einsiedeln“).
Schade ist, dass wir nicht Innenaufnahmen von allen Mästereien haben. So kommt A.V. jun. z.B. „gut“ (weil unkontrolliert) weg. [Anmerkung: Später brachte Kessler auch von diesem Stall Aufnahmen.] Ich kann mir nicht vorstellen, dass es an der Hofstrasse besser aussieht als anderswo.
Der Mastbetrieb von E.S., Steinerberg, sieht schlimm aus. Hier macht es mich nachdenklich, dass E.S. [Anmerkung: Zufällig die gleichen Initialen.] (ein guter Kunde von mir) mit dem Typ noch verwandt ist. Mit E. komme ich seit Jahren gut aus. Hoffentlich wird er es „verkraften“, dass die Mästerei seines Cou-Cousins in der M.P. erscheint. [Anmerkung: Die Reaktion war die, dass keine Inserate mehr erschienen – zum Schutz des Schweinemäster-Cou-Cousins!! So läuft es in Schwyz praktisch IMMER!] Umgekehrt: Tierquäler sind Tierquäler – da wäre „Rücksichtnahme“ falsch am Platz.
In der Mästerei von F.A., F., St., sieht es ebenfalls schlimm aus. Ist das nur im Stall so? Hinten – im „Freien“ – befindet sich eine überdachte Anlage. Hat es dort auch Tiere?
Wenn die Schweine im Freien (bei einigermassen frischer Luft) sein können, wäre dies wenigstens ein gewisser Pluspunkt. Schlimm finde ich die hermetisch abgeschlossenen Schweinefabriken, wo man von aussen nur noch die lauten Lüfter hört. [Anmerkung: Das stimmt!] Was ist mit dem Stall von Herbert Annen in der Au, Steinen? Von dem habe ich keine Innenaufnahmen.
Zu Deinem Fax vom 3. September: Soll ich den Beitrag einfach ohne Namen schreiben? (Die Leute merken ja sofort am Stil, dass der Text von mir ist.)
Danke für Deinen Hinweis betr. der Fotos. Ich werde mich genau an Deine Anweisungen halten. Sollte es zu einer Einvernahme kommen, werde ich zu Protokoll geben, dass ich die Aufnahmen von Tierschützern auf Umwegen erhalten habe. Wer genau der Fotograf sei, könne ich nicht sagen. Namen nenne ich jedenfalls keine.
Ich sehe mich schon in Handschellen in den VW-Bus der (…) einsteigen. Die Szene endet mit dem klassischen Zuschieben/Schliessen der VW-Bus-Seitentüre: sssssaannnnngg…
Dem Untersuchungsrichter werde ich die Frage stellen, was wichtiger sei: die Presse zu schikanieren oder endlich für eine gute Tierhaltung im Kanton Schwyz zu sorgen.
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS. Natürlich sollten wir es bei der Darstellung der Objekte so machen, dass Du in der VN nochmals mit „neuem“ Material nachdoppeln kannst, nicht, dass I. sagen kann: „Jetzt kommt Kessler nochmals mit denselben Bildern, die wir schon aus der M.P. kennen.“
Du fragtest Dich neulich, warum Deine Bilder zu dunkel herausgekommen sind. Mögliche Erklärung: die Batterien haben sich – aufgrund vieler Aufnahmen – vorzeitig entladen (Folge: schwache Blitzleistung) oder die Blendeneinstellung hat sich verstellt (mit höher als Blende 16 sollte man nicht blitzen). Bei meiner Minolta ist es schon mehrmals vorgekommen, dass ich plötzlich „Blende 19“ hatte.
Am Montag ist mir mein Fotoapparat (glücklicherweise in der -Tasche) vom parkierten Micra (Dach) gestürzt. Ich fuhr am Dienstag zum Importeur und liess die Griffschale rechts ersetzen. Nun haben die Japaner offenbar die Zusammensetzung des neuen Ersatzteil-Kunststoffs (jetzt heller und „griffiger“) geändert. Der Apparat liegt mir nicht mehr so perfekt und harmonisch in den Händen (anderes, „rauheres“ Gefühl). Ich hoffe, dass ich dennoch weiterhin gute Aufnahmen machen kann. Meine Minolta Dynax 7000i war vorher nämlich wirklich perfekt. [Anmerkung: Sie bleibt es…]


Schwyz, den 12.9.97

Lieber Erwin
Vielen Dank für Deine Beantwortung meiner heutigen Anfrage. Ich habe die Bildlegende bereits geändert. „Am liebsten hätte ich Erwin Kessler hier in meinem Büro“, dachte ich am Mittag. Es ist manchmal verdammt hart, immer alles alleine machen zu müssen – doch tausendmal lieber allein arbeiten als mit Leuten, die nicht motiviert sind oder „nicht draus kommen“!
Danke auch für die Fotos, die ich heute erhalten habe. Das Bild mit dem toten Ferkel hat mich besonders berührt.
Gestern sahen wir zuhause einen Film (Video) über u.a. Warzenschweine in Afrika an. Ich war total begeistert. Mir gefallen diese triebhaften Lebewesen, ganz besonders die jungen Säulein. Wie sie herumrennen und Geräusche von sich geben, ist absolut toll.
Es ist Pech, dass die Fotos betr. der Schweineställe von B. und I. nicht geglückt sind. Vor allem ist es bedauerlich, wenn man berücksichtigt, wieviel Zeit Du, M. und mf investiert haben. Kleiner Trost: Mir sind solche und ähnliche Dinge des öfteren auch schon passiert. An einem Geburtstag habe ich einmal auf meinem allerältesten Computer [Anmerkung: Jg. 86 oder 87] eine Text-Diskette ins falsche Laufwerk gesteckt und versehentlich formatiert. Ich musste die ganze umfangreiche Arbeit (100 Seiten!) nochmals machen. Ich könnte viele weitere solche Geschichten erzählen.
Aus meinen Aufnahmen von der Molkerei an der Rämsenstrasse (?) in Oberägeri ist z.B. nichts geworden.
Man muss jedoch vorwärts schauen. Ich habe genügend Fotos und kann daraus einen guten Artikel machen (von I. habe ich noch eigene Bilder).
Wie versprochen mache ich selber keine Innenaufnahmen mehr. Die Mäster scheinen in „Alarmbereitschaft“ zu sein. Als ich kürzlich den Schweinestall von B. an der Rossbergstrasse ob Steinen von aussen fotografierte, schaute jemand vom Wohnhaus aus dem Fenster (erst danach entdeckt). Bei I. gehe ich (vorläufig) auch nicht mehr vorbei, sonst würde sicher wieder der Riesenhund im Zwinger ganz tief knurren… [Anmerkung: Später sagte Frau R., der Name des Hundes sei Bosco.] Hoffentlich verkauft I. diesen Hund nicht in die Hausmatt nach B….
Apropos Hausmatt: Danke für die Fortsetzung der Geschichte. Du hast F. gut durchschaut.
Nun zum Kloster Einsiedeln: Es ist gar nicht schlecht, so, wie die Sache jetzt läuft. „Meinen die vom Kloster wirklich, man könne wie vor 500 Jahren mit den Leuten umspringen?“ war eine typische Reaktion von Robert Marty, Schuehüsli, Brunnen. Wenn das Kloster Einsiedeln meint, es könne den VgT (…) bodigen, so haben sich die (…) getäuscht!
Deine Argumentation gegenüber dem Schwyzer VG ist gut. Nur ist von dieser Stelle nicht viel zu erwarten (ich weiss das aus eigener Erfahrung). Die werden den regierungsrätlichen Entscheid mit 99,9% Wahrscheinlichkeit stützen. Ich muss Dir das nicht sagen – Du weisst das ja selber, wie der Staat funktioniert. Das VG wird höchstens noch zusätzlich ein paar fadenscheinige Argumente anfügen. Taktisch/journalistisch ist es jedoch richtig, die Angelegenheit durch die Instanzen zu ziehen.
Das Kloster Einsiedeln schätzt die Situation falsch ein und wird sich mit seinem uneinsichtigen Verhalten schaden. Aus dieser Sache lässt sich eine Super-Story machen! Je mehr das Kloster meint, sich als „Obrigkeit“ aufspielen zu müssen, desto isolierter steht es da. [Anmerkung: Nach 5 Jahren lenkt das Kloster Einsiedeln erst ein! Es brauchte dazu einen neuen, jungen Abt!!] Betr. Deinem Fotoapparat: eine Möglichkeit wäre, die Kamera beim entsprechenden Importeur genau überprüfen zu lassen. Die Techniker wissen am ehesten Bescheid, wo der Fehler liegen könnte.
Kauf Dir auf alle Fälle nur eine erstklassige Kamera (ob gross oder klein). Sie ist Dein Berufsinstrument. Ich helfe Dir – wenn Du willst – gerne bei der Evaluation.
Ich habe heute – endlich – den neuen Computer (Power Macintosh 7300, 200 MHz, 2 GB Harddisk, 64 MB Arbeitsspeicher) bestellt.
Bevor ich die Maschine in 2-3 Wochen abhole, muss ich jedoch noch einiges aufräumen. Ohnehin steht enorm viel Arbeit auf dem Programm.
Ich hoffe, dass wir in den kommenden Jahren gewissen Leuten so richtig den Marsch blasen können.
Heute sagte ich zu meiner Mutter: „Ich danke Gott, dass es Erwin Kessler gibt.“ Sonst käme ich mir wirklich einsam und verlassen vor.
Ich hoffe, dass es Dir gut geht und Du in den kommenden Tagen so richtig auftanken kannst.
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler

 

PS: Ich bin momentan so brav wie ein Lamm und sehe mich als weissen Friedensengel mit einer Taube auf der Hand in der Hausmatt.
Auch F. ist friedfertig: „Hier, Herr Kessler, haben Sie den Schlüssel zu unserem Schweinestall. Schauen Sie selber – ich möchte mich jetzt etwas ausruhen.
Bringen Sie den Schlüssel nachher einfach wieder meiner Frau… Schönen Tag und alles Gute. Auf Wiedersehen!“


Schwyz, den 14.9.97

Lieber Erwin
Super! Ich freue mich, dass es mit den Aufnahmen von B.r und I. doch noch geklappt hat. Denn nachträglich wieder dort vorbeizugehen… – ich hätte ein ungutes Gefühl. Wahrscheinlich übernachten bereits Martin und Bruno F. abwechslungsweise Nacht für Nacht in ihrem Schweinestall: „Irgend einmal muss Kessler kommen…“
Grosses Kompliment für Deine öffentliche Erklärung gegen den Antisemitismus – der Text ist inhaltlich und stilistisch hervorragend! Dass Du nach all den Hetzkampagnen so etwas schreibst, zeugt von Grösse und Stärke. Wenn ich sehe, was diese Arschlöcher von Journalisten („NZZ“, „Tages-Anzeiger“, „Blick“ etc.) tagtäglich für einen Mist zusammenschreiben – grrrrrrrrrr.
Dass Du 1 Woche Ferien machst, finde ich sehr gut. Ich hoffe, dass Du Dich – nach der vielen Arbeit – gut erholen kannst.
Ich hätte wahrscheinlich auch schon lange Ferien nötig, habe mich jedoch auf „durchbeissen“ programmiert. Im Moment könnte ich mich auch gar nicht entspannen, denn allzu viel Arbeit muss noch erledigt werden. [Anmerkung: Das ist bei Beeler seit Jahren so! Und für die Gesundheit nichts. Wobei: der Körper regelt das selbst.] Vielleicht treffe ich im nächsten Jahr einmal ein hübsches Girl, mit dem ich Ferien machen kann. Sonst würde ich wahrscheinlich ohnehin nur an Arbeit denken. Möglicherweise kommt Bert Engelbrecht nächstes Jahr nach Schwyz zu Besuch. Er ist der einzige, mit dem ich Ferien machen kann (und der mich aushält…).
Nachfolgend faxe ich Dir meinen Beitrag über die Schwyzer Schweinefabriken. Deine Berichte sind präziser und professioneller [Anmerkung: Kessler ist wirklich der Fachmann in Sachen Tierschutz!]. Ich hoffe, dass der Text im Grossen und Ganzen so geht. Als Allrounder bin ich automatisch nicht so gut wie ein Spezialist. Umgekehrt dürfte dies für die Leserinnen und Leser wohl auch nicht nötig sein.
Lange habe ich darüber nachgedacht, ob ich alle Mäster mit Namen nennen soll. Gefühlsmässig bin ich zum Schluss gekommen, dass es so – mit einer genauen Lagebeschreibung (ohne Namensnennung) – besser ist. Wenn ich „zt.“ schreibe, wirft dies direkt einen Schatten auf meinen langjährigen Kunden E.S., der in unmittelbarer Nähe seine Toyota-Garage führt. Ich möchte das E. indirekt nicht antun. [Anmerkung: Obwohl Beeler hier sehr um Rücksichtnahme und Vorsicht bemüht ist, wird E.S. danach nicht mehr inserieren. So läuft es in Innerschwyz!] Drogist B.I. (langjähriger Kunde) ist bei H.A. in St. eingemietet. [Anmerkung: Inseriert später nicht mehr. Macht nichts. Das meiste, was Drogerien anbieten, ist sowieso Müll.] Ich glaube, es genügt, wenn ich genau beschreibe, wo sich das betreffende Objekt von A. befindet. Bei den Kaninchen-Kästen hat dieses Vorgehen funktioniert. Die Leserinnen und Leser beginnen zu studieren, wo das Objekt sein könnte – und befassen sich so automatisch mit dem Thema.
Wenn ich ausserdem schreibe „in der Au neben der Autobahn in Steinen“, dann sind sowohl S. wie A. betroffen.
Sollten sich die Situation nach einem Jahr nicht verbessert haben, kann man immer noch die vollen Namen bringen. Man habe zuerst Rücksicht auf die betr. Mäster nehmen und ihnen eine Chance für Verbesserungen geben wollen, könnte ich schreiben. Nachdem aber dieser sanfte Weg nichts genützt habe, sei Rücksichtnahme fehl am Platz. Die Bevölkerung solle jetzt die Namen erfahren.
(…)
Bei I. haben die Schweine wenigstens einen kleinen Betonauslauf, F.A. hat eine überdachte Aussenanlage – bei S. und V. ist alles zu. Sollte man da im Text noch mehr differenzieren? Mir geht es immer darum, möglichst gerecht zu sein. [Anmerkung: Ja, darum ist Beeler bemüht. Aber es gelingt leider nicht immer. Und Beeler wird unglaublich kompliziert.] Aber kann/darf man unterscheiden zwischen mehr oder weniger Unrecht? Wenn ich die verkoteten Tiere von F.A. sehe, wird die Aussenanlage wieder relativ. Und der Betrieb von I. wirkt ja auch nicht gerade vertrauenserweckend.
In den VN musst Du natürlich die vollen Namen bringen.
Noch eine technische Information: Zusammen mit dem neuen Computer werde ich mir einen Agfa-Scanner (Arcus II mit Durchlichtoption) anschaffen. Betr. dem Bildschirm habe ich noch nichts Vernünftiges gefunden. Optimal für mich wäre ein 19-Zoll-Farbbildschirm (der zur Zeit einzige stammt von H. und überzeugt mich nicht). [Anmerkung: Später wird Beeler vom Philips Brilliance 109MP und vor allem dem Hitachi CM813ET Plus begeistert sein.] Als Übergangslösung lasse ich einen älteren Portrait-Monitor (Monochrom) revidieren. [Anmerkung: Ausser Zeitaufwand und Ärger brachte das nichts, weil dieser Bildschirm eine Röhre besitzt, die Schrott ist. Wenn die Bildröhre schlecht ist, nützt alles nichts! Wobei: Solche Dinge kann man eben im vornherein nicht immer wissen.] Ich weiss, das macht sonst kein Mensch, aber der 17-Zöller (Miro 1786 mit gutem Bild) ist mir zu klein. Und der 20′ überzeugt mich qualitativ nicht, und der 21′ ist mir zu gross, zu schwer und auch das Bild passt mir nicht. [Anmerkung: Beeler, der Perfektionist! Aber es ist gut, dass er punkto Bildschirm-Qualität kompromisslos ist. Er hat aus der schlechten Erfahrung mit dem ersten Computer-Bildschirm aus dem Jahre 1987 gelernt. Ein schlechter Bildschirm macht kurzsichtig: -4.0 Dioptrin im rechten Auge, wo vorher noch um -2.0 Dioptrin waren.] Der Text auf S. 8 macht mir noch Probleme. Ich möchte „der Landwirtschaft“ ein Türchen offen lassen. Gleichzeitig will ich Kritikern zum voraus den Wind aus den Segeln nehmen. Wie macht man das am besten?
Betr. dem übrigen Text: Natürlich kann man Bilder und -Legenden beliebig ändern. Das Problem ist der Platz. Im Gegensatz zum Heft 10/96 (48 S.) gibt’s in diesem Jahr nur 32 Seiten.
Ich habe mir überlegt, das Thema Schweinehaltung in der Sonderausgabe zu bringen. Nur: Wird das zusammen mit dem Kloster Einsiedeln nicht zu viel?
Mein Fehler ist (fast) immer der, dass ich „zu viel“ will. In der Praxis ist weniger meist besser. [Anmerkung: Das ist typisch Beeler. Davon redet (!) er zwar schon seit Jahren, tut es aber in der Praxis nicht…] Betr. der Sonderausgabe: wir können die Sache in aller Ruhe nach Deinen Ferien besprechen. Wahrscheinlich wird’s zeitlich sowieso knapp – und ich werde das Sonderheft erst mitte November streuen können. Für die Inserenten ist das nicht schlecht (Vorweihnachtszeit).
Umgekehrt muss ich Gas geben, die Hefte möglichst rasch fertigstellen, damit ich nachher Zeit für die Akquisition habe.
Hoffentlich klappt alles.
Einen schönen Sonntag wünscht Dir
mit herzlichen Grüssen
Urs


Schwyz, den 15.9.97

Lieber Erwin
Jetzt habe ich Mühe, Dich zu verstehen. Ich habe Dir die Rohfassung des Textes seinerzeit gefaxt und Du hast Sie als „gut“ eingestuft. Gestern hast Du mir noch die letzten Korrekturen durchgegeben. Heute möchtest Du nur noch die Bilder sprechen lassen. Ich bin dagegen.
Ich kann doch nicht das Titelbild betr. Schweinefabriken bringen – und anschliessend auf S. 5ff nur Bilder mit Legenden. Das würde komisch aussehen. Hast Du das Gefühl, ich würde später den Druck (erzeugt durch meinen Text) nicht aushalten? Wir haben soviel Zeit investiert – jetzt ziehe ich die Sache auch durch!
Wenn’s „Probleme“ gibt – ich werd’s (…) durchstehen. Es hat doch keinen Sinn, wenn Du Dir immer alle Last aufbürdest.
(…)
Du hast sicher recht mit Deiner Meinung, möglichst viele Bilder unterzubringen. Am Nachmittag kam mir folgende Idee: Soll ich S. 5-8 (mein Text) in die Sonderausgabe übernehmen und mit anderen Bildern (u.a. auch von I. und B.) versehen? Die Sonderausgabe soll mindestens 64 Seiten umfassen – es hat also Platz.
Hat Dich der Beitrag betr. Waschmittel nicht interessiert? Dieses Thema erscheint mir wichtig, weil in den kommenden Jahren – wenn’s so weiter geht – die Problematik zunehmen wird (dasselbe im Bereich Kosmetik). [Anmerkung: Hier hat Beeler recht. Und manche Produzenten reagieren nach dem Jahr 2000 auch darauf.] Vielleicht bist Du heute geistig schon in den Ferien. Es ist wichtig, zwischendurch „abzuschalten“ (ich muss das wieder lernen!).
Ich wünsche Dir schöne Ferien. Wenn das Wetter wie heute sein wird, dann wird es eine wunderbare Woche.
Mit herzlichen Grüssen
Urs


Korrespondenz mit M.R.

Schwyz, den 17.9.97

Liebe M.
Vielen Dank für die Fotos, die ich heute von Dir bekommen habe. Die Bilder (Aussage) vom Schweinestall von D.B. sind wirklich himmeltraurig!. Es wird höchste Zeit, dass man diesen (…) an den Karren fährt!
Heute musste ich mit einem Computer-Bildschirm nach Zürich fahren. Während der mühsamen Autofahrt im ungeliebten Micra (wie gerne hätte ich noch meinen alten, superbequemen, unvergesslichen R 14!) waren meine Gedanken ständig bei (…)
(…) Den Schwyzern Schweinen geht’s dreckig – hier müssen wir in den kommenden Jahren ansetzen, aufdecken, kämpfen. Zum Glück gibt’s aber auch Positives: Überall in der Gegend sehe ich Braunvieh (viele Kühe) auf der Weide. Es macht den Eindruck, als ob die Bauern teilweise ihr Image aufbessern wollen: „Schaut, wir tun etwas!“
Erwin bewirkt viel.
Weil ich mich oft auf Erwin beziehe (Tierhaltung, Fleischessen usw.), hat er bei meiner Gotte – die Frau, die vor uns den Fussgängerstreifen bei der Rickenbachstrasse überquerte – den Namen „Evangelium“ bekommen. „Uns glaubst du nichts, aber wenn es das Evangelium sagt, dann ist es i.O“, sagt sie. Tatsächlich höre ich sonst nicht gross auf Leute, aber auf Erwin tu‘ ich’s, weil er geradlinig, hochintelligent, revolutionär und ein liebenswerter Mensch ist. Natürlich ist meine Gotte (als Tierfreundin) auch für Kessler!
(…) Männer zucken angstvoll zusammen, wenn sie nur schon z.B. den Namen „F. Hausmatt“ hören – doch Du… – toll! Dass Du z.B. nach Lachen [Anmerkung: VgT-Aktivistinnen wurden von Metzgern/Mästern zusammengeschlagen] unerschütterlich und erst recht weiterkämpfst finde ich super! Wieviele hätten noch den Mut?
Es ist das mindeste, dass ich mich journalistisch für den VgT engagiere. Für mich ist es unverständlich, dass dies nicht alle tun. Mit positiv gesinnten Leuten könnte man auf einen Schlag die ganze Welt zum Guten verändern!
Sag‘ Erwin liebe Grüsse von mir!
Mit herzlichen Grüssen
Urs

 


Schwyz, den 24.9.97

Lieber Erwin
Ich hoffe, dass Du schöne Ferien gehabt hast und wieder voller Tatendrang zurückgekehrt bist.
(…)
(…) Gestern observierte ich noch etwas die Gegend um Küssnacht. Ein interessantes Gebiet mit viel Landwirtschaft. Ich sprach mit zwei recht aufgeschlossenen Bauern. Es tut sich etwas zum Positiven – ein Umdenkungsprozess findet statt.
Aus dem Telefonbuch habe ich diverse Küssnachter Schweinemästereien: „D.“, „F.“ und „B. Chäsi“. Leider kenne ich mich im Raum Küssnacht-Immensee zu wenig aus. Die B.-Chäsi habe ich zufällig entdeckt; sie befindet sich an der G. vis-à-vis der Citroën-Garage T.
Ott-Schibig, Brüschhalde, habe ich ebenfalls gesehen. Ich betrachtete die dreistöckige Schweinefabrik von oben – das „gfürchige“ Objekt müssen wir unbedingt zusammen mit „Spiegel-TV“ und der „Hausmatt“ bringen… Der Monsterbau mit den riesigen Silos beflügelte sofort meine Phantasie. Wahrscheinlich beobachten die Russen schon lange die Brüschhalde mit Satelliten und fragen sich, was die Schweizer im Geheimen vor haben…
Die Brüschhalde sieht aus wie eine Raketenstellung.
Einen netten, umgänglichen Bauern traf ich rechts vor dem Kompostierplatz an (Schweine waren im Freien).
Den Beitrag aus der „Innerschweizer Bauernzeitung“ habe ich amüsiert gelesen. Mit F. lässt sich eine ganz tolle Story für die VN machen! Ich sehe schon, wie neugierige amerikanische oder deutsche Touristen den Ort des Grauens in Brunnen besuchen… Vielleicht wird es Mode, einmal bei den F’s in der Hausmatt gewesen zu sein. Die Hausmatt als eine Art „neuer Erlebnispark“ oder als Stätte für Extremsportler („…wo sie um ihr Leben rennen können.“)
Ich nehme an, Du hast nach den Ferien sehr viel Arbeit zu erledigen. Ich auch.
Mit herzlichen Grüssen
Urs


Schwyz, den 27.9.97

Lieber Erwin
Vielen herzlichen Dank für Deinen Fax vom 24. September!
Wenn ich weiss, was richtig ist, mache ich es. Bei Unsicherheiten bin ich froh um Deine Meinung. Du bist für mich der einzige Mensch, von dem ich effektiv noch etwas lernen kann (das andere muss ich aus mir selbst entwickeln). [Anmerkung: Vielleicht doch eine etwas zu einseitige Sicht…] Es ist mir auch schon so wie M. ergangen, dass ich erst nach einer Weile erkannte, wo der Zug hinfährt. Aber das ist gerade Deine geniale Stärke, dass Du diverse Schachzüge machst, die Aussenstehende „rätselhaft“ anmuten – aber plötzlich heisst es gegenüber dem Kloster Fahr oder Einsiedeln: „Schach!“
(…)
Danke für die aufmunternden Worte betr. Inserate-Verkauf. Grundsätzlich sehe ich es so wie Du – wie der Markt reagiert, ist jedoch wieder eine andere Frage. Was ich feststelle: Eine kritische Mythen-Post mit fundierten Artikeln kommt beim Publikum gut an. Der „Bote“ wird rasch durchgeblättert – die Mythen-Post gelesen. Ob die Gewerbler den progressiven Kurs stützen werden, wird sich zeigen.
Ich selbst bin ja auch der Überzeugung, dass normale Gratis-Anzeiger total langweilig sind, weil sie redaktionell unkritisch berichten und „allen in den Arsch kriechen“. Für 1998 will ich etwas auf die Beine stellen, das unter die Haut geht und zum Positiven bewegt.
Neben dem Umwelt- und Tierschutz sehe ich als wichtige neue Herausforderung den Konsumentenschutz. Es ist bedenklich, was sich in diesem Bereich abspielt. Eine Suppe ohne E-Nummer habe ich keine gefunden, aber Päcklis mit bis zu 8 E’s! Dann erst die Kosmetikas!!
Das Thema hat mich die ganze Woche beschäftigt (Gestern fotografierte ich in der Denner-Filiale im Mythen-Center. Eine Kundin spontan zu mir: „Sie sind bestimmt vom Kassensturz…“).
Ich glaube, es wird Zeit, auch im Konsumentenschutz andere Töne anzuschlagen. Ich stelle mir eine Aufklärungsserie zu verschiedenen Themen (Nahrungsmittel, Kosmetika, Putzmittel, Wohngifte usw.) im Stil der VN vor. Gesundheitsschädigende Produkte müssen öffentlich bekannt und geächtet werden. [Anmerkung: Genau, weil dies der Staat nicht macht!!] Ich glaube, dass sich in diesem Bereich über den Konsumenten am meisten erreichen lässt. [Anmerkung: Genau dies wird Beeler später tun!!] Die Problematik ist topaktuell. Ich habe mit diversen KonsumentInnen gesprochen und sehe meine Auffassung weitgehend bestätigt.
Irgend etwas in mir sagt, dass ich mich diesem neuen Thema annehmen muss, andererseits zeigen sich auch „Kapazitätsprobleme.“ Alles im Alleingang zu machen, ist schier unmöglich. Um wirklich etwas zu bewirken, müsste ich auch meine Auflage massiv erhöhen. [Anmerkung: Beeler war damals journalistisch und technisch noch nicht so weit.] „Schau vorwärts, Walter, nicht hinter Dich“ – der Spruch ist wirklich gut.
Die geplante Aktion vom kommenden 4. Oktober ist hervorragend ausgedacht. Hoffentlich spielt auch das Wetter mit. Ich werde – sofern nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt – mit „schussbereiter“ Fotokamera dabei sein. (…)
Ob der „Mann vom Kiosk“ am Samstag wohl auch dort sein wird? Es ist anzunehmen…
Die Aktion passt mir sehr gut – ich kann sie in die Sonderausgabe einbeziehen.
Gestern recherchierte ich (…) in der Vögele-Filiale im Mythen-Center, Ibach. Ich fragte eine Verkäuferin nach der Echtheit von Pelzkragen. Sie könne keine Auskunft geben, auf der Etikette sei diesbezüglich nichts zu finden. Früher habe man jeweils eine interne Liste gehabt, wo die Pelzarten vermerkt gewesen seien. Bis jetzt habe sie jedoch keine solche Liste erhalten. Die Verkäuferin verwies mich an den Filialleiter.
Pelz Werner machte vor einiger Zeit Werbung für Nerz (kurzer PR mit Bild im „Boten“). [Anmerkung: Das ist typisch – der „Bote“ macht alles, solange es Geld bringt!!] (…)
Meine Mutter ist (fast) immer für „alles weglassen“, keine Namen etc. [Anmerkung: Ein solcher Journalismus ist strafrechtlich auch günstiger. Tatsächlich funktioniert heutzutage die etablierte Presse nur nach diesem System. Alles andere wird wirtschaftlich gar nicht unterstützt!] Ich muss unbedingt neue Kräfte sammeln. Diese Woche war ich allein und musste den ganzen Haushalt erledigen (heute z.B. bis um 1 Uhr morgens Wäsche aufgehängt. In die Federn kam ich erst um 3.00 Uhr… um 9.30 Uhr abstimmen, dann einkaufen, putzen, staubsaugen, abwaschen). Morgen nehme ich die Sonderausgabe in Angriff.
Gute Nacht!
Mit herzlichen Grüssen
Urs


Schwyz, den 3.10.97

Lieber Erwin
Sorry, ich habe erst kurz vor 22.00 Uhr erfahren, dass Du mir um 20.30 Uhr (?) angerufen hast. Im Büro führte ich ein extrem zähes Telefongespräch mit der Frau des Besitzers des benachbarten Hotels Drei Königen. Sie wollte unbedingt unsere Keller für einen Anlass haben, was ich jedoch kategorisch ablehnte. Daraus entwickelte sich ein über einstündiges Telefongespräch…
Irgendwann einmal hörte ich meine Gotte an die Bürowand klopfen, interpretierte die Klopfzeichen jedoch so, dass irgend etwas im Fernsehen käme, was mich möglicherweise interessieren würde. Dass Du angerufen hast, wusste ich nicht.
Vorhin habe ich Dich telefonisch zu erreichen versucht, vernahm jedoch nur den Anrufbeantworter.
Sende mir doch einen kurzen Fax, dann kann ich Dich heute abend noch zurückrufen.
Betr. der „Charakteranalyse“ von W.R: Alle meine Bücher sind voll wilder Notizen, vor allem auch die „Charakteranalyse“. Ich werde Dir jedoch sehr gerne ein neues Exemplar schenken/schicken (Ich muss das Buch jedoch zuerst bestellen).
Den zweiten Brief an F. finde ich sehr raffiniert verfasst. Sehr gut!
Die M.P. 10/97 ist jetzt in der Druckerei. Es gab noch diverse kleine Korrekturen an der Ausgabe. Ich ging erst um 2.15 Uhr ins Bett…
Das herrliche Herbstwetter wirkt auf mich sehr stimulierend. An Föhntagen könnte ich jeweils ganze Bäume ausreissen. (Als Naturfreund tue ich das natürlich nicht, sondern verwende meine Energie anderweitig). Ich möchte diese Power das ganze Jahr haben. [Anmerkung: Ja, an Föhntagen ist Beeler stark!!!] Apropos „Power“: Gestern holte ich meinen neuen Macintosh Power PC ab. Es wird jedoch noch einige Zeit dauern, bis ich ihn in Betrieb nehme (anfänglich obligate technische Probleme wie z.B eine pfeiffende HD, Software-Anpassungen usw. brauchen Zeit). Momentan liegt sonst schon sehr viel Arbeit an.
Findet die VgT-Demo jetzt am Samstag (erster Fax) oder Sonntag (zweiter Fax) um 14.00 Uhr statt?
Schönen Abend!
Mit herzlichen Grüssen
Urs

[Anmerkung: Wenn Beeler doch „keine Zeit“ hat, wieso schreibt er dann so lange Faxe?] 


Schwyz, den 4.10.97

Lieber Erwin
Mach‘ Dir keine Sorgen wegen morgen. Es kommt immer so heraus, wie es herauskommen muss. [Anmerkung: Ein bekannter Spruch von Urs Beeler.]
Ich sorge mich jeweils auch immer um alles und jedes. Manchmal muss man einfach cool sein und etwas auf Distanz gehen (normalerweise muss man mir das sagen…).
Einmal schauen, wie sich die Sache entwickelt, ob die Bauern und Mäster versuchen werden, die Aktion zum Scheitern zu bringen oder ob (…) mit einer anschliessenden Strassenkontrolle probiert, die Leute abzufangen.
Zwar werde ich EK vermissen, aber es ist taktisch richtig, dass Du bei der Aktion nicht dabei bist. So haben die AktivistInnen auch eine Chance, selber zu zeigen, was sie können. Sollte die Aktion scheitern, muss man eben das nächste Mal versuchen, es besser zu machen. Mutig und optimistisch in die Zukunft!
Betr. „Kampf mit dem Staat“: Es ist eine Frage des Energiehaushalts. Ein Riesenberg Sand kann ein Mensch auf einen Schlag nicht wegtragen – er würde durch das Gewicht erdrückt. Mit jahrelangem zähen Schaufeln bringt man jedoch jeden Sandhaufen weg. Es ist eine Frage des Einteilens.
Ich kenne das Gefühl, sich zuviel aufgeladen zu haben. Gerade kürzlich hatte ich wieder so eine Phase, wo ich glaubte, der Riesenarbeit nicht mehr gewachsen zu sein. So musste ich mir sagen: „Eines nach dem anderen“. Und so geht’s.
Mit dem „Staat“ und den Mästern nehmen wir zwei es noch allemal auf!
Sollte die Schweiz tatsächlich eines Tages der EU beitreten, schnappen wir uns das Bundeshaus. Der erste Staatsstreich in der Schweizer Geschichte… (Eine Notsituation erfordert Notmassnahmen.)
Geniesse den herrlichen Abend! Die Stimmung ist wunderschön. [Anmerkung: Beeler ist ein total emotionaler Mensch und das Wetter hat auf ihn einen sehr wichtigen Einfluss.] Mit herzlichen Grüssen
Urs


Schwyz, den 17.10.97

Lieber Erwin
Betr. Einsiedeln habe ich Dir gegenüber etwas überhitzt reagiert. Aber ich war zornig. Zuhause viel Arbeit – und in Einsiedeln läuft nichts. Zusätzlich kam ich mir etwas verarscht vor, weil ich Franz-Josef Planck mit einer Crew erwartete. – Taktisch war Dein Vorgehen jedoch schon richtig. [Anmerkung: Kessler, der raffinierte Fuchs, hatte den „VgT Österreich“ angekündigt, stattdessen kam eine CH Mini-Crew. Dies hätte er Beeler ehrlicherweise vorher sagen müssen!!] Mir ist zu Einsiedeln noch eine kleine Geschichte in den Sinn gekommen. „Bote“-Schlagzeile: „Erwin Kessler droht Tierschützern. – Der militante Ostschweizer Tierschützer und Präsident des Vereins gegen Tierfabriken Erwin Kessler droht seinen AktivistInnen mit Rausschmiss. Anlass dazu gab eine missglückte Aktion des VgT in Einsiedeln vom vergangenen Wochenende. Die (…) und die Verkehrskadetten Ausserschwyz hatten am Sonntag das Gebiet rund ums Kloster abgesperrt. Kessler: ‚Die AktivistInnen hatten klar den Auftrag, eine allfällige Absperrung zu durchbrechen.‘ Den beteiligten Tierschützern droht nun der Rausschmiss aus dem VgT, weil ’solche Pannen dem Ruf des VgT schaden und deshalb nicht toleriert werden können‘, betont Kessler.“
Da ein Abwurf von Flugblättern über dem Klosterplatz nicht in Frage kommt, stelle ich mir folgende Variante vor: Ch. und ihr Freund verlassen als Fallschirmgrenadiere das Flugzeug von Hans Palmers über Einsiedeln und landen auf dem Klosterdach. Einige Minuten später hängt ein gewaltiges VgT-Spruchband an der Klosterfassade.
Du zeigst Dich später Ch. gegenüber versöhnlich: „Jetzt gehörst Du wieder zu uns.“
Oder wie wär’s damit: Jede neue VgT-Aktivistin bzw. jeder Aktivist muss den „Hausmatt-Test“ absolvieren. Spiegel-TV: „Von 200 Bewerbungen werden im Durchschnitt nur gerade 6 Personen VgT-AktivistInnen…“

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Beiliegend sende ich Dir als Geschenk die „Charakteranalyse“ von W.R. Das Buch ist sehr interessant, vor allem das Kapitel über den Masochismus und die emotionale Pest. Als Fortsetzung empfehle ich „Orgon I – die Funktion des Orgasmus“. Darin wird die Charakteranalyse auf ein organisches Fundament gestellt.
Mit herzlichen Grüssen
Urs


Schwyz, den 24.10.97

Lieber Erwin
Die M.P. 11/97 Sonderausgabe habe ich gestern in der Druckerei abgeliefert. 64 Seiten – das war ein rechtes Stück Arbeit! Hoffe, dass alles gut klappt. [Anmerkung: Leider nicht. Das Papier, das die Druckerei palettweise auf Vorrat eingekauft hatte, war Mist. Stark chemisch, mit einem allergieauslösenden Kreidestrich sowie die ganze Auflage gepudert! Beeler würde das heute nicht mehr akzeptieren!] Bei der Monteurin, Frau Ruth Schönbächler, weckten die Klosterplatz-Bilder und „Kessler“ Emotionen…
Herr Reichmuth von der Ausrüsterei hingegen findet Kessler super und „wichtig, dass es jemanden gibt, der diese Arbeit macht“.
Ich bin gespannt auf die Reaktionen nach Erscheinen der Sonderausgabe.

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In den vergangenen Tagen bin ich immer erst nach Mitternacht oder nach 1 Uhr ins Bett gegangen. Ich weiss nicht, ob es jetzt nur Übermüdung ist, die mir zu schaffen macht oder meine 5 Amalgam-Füllungen. Zwei Ärzte haben mir bisher geraten, eine Amalgam-Sanierung durchzuführen. Betr. der Ersatz-Materialien muss ich die Sache jedoch noch genauer abklären, nicht, dass nachher neue Probleme auftauchen.
Die M.P. 11/97 Sonderausgabe muss am Montag, 3. November, in den PTT-Versand gehen. Wie wär’s mit einer VgT-Aktion am Samstag 1. November (Allerheiligen) oder am Sonntag, 2. November? Ich stelle mir in meiner Phantasie vor, wie sich Ch. und ihr Freund im angrenzenden Hotel einmieten und während zwei Tagen Aktionen (Ballon mit Flugblättern etc.) vom Fenster ihres Zimmers aus starten, bis das Hotelzimmer schliesslich polizeilich geräumt wird…
Am anderen Woche befinden sich in den Gesangsbüchlein der Klosterkirche Info-Blätter des VgT Österreich… Der Abt Dr. Georg Holzherr lässt darauf einen Wahnsinnsschrei aus dem Fenster seines Büros über den ganzen Klosterplatz erschallen, dass ganz Einsiedeln auffährt…
Die Geschichte ums’s Kloster Einsiedeln sehe ich in meiner Phantasie als eine Art Asterix-Trickfilm mit übertrieben dargestellten Figuren (Mönche, Bauern, Metzger, Polizei, Richter etc.). Das gäbe eine Super-Story!
Ich hoffe, dass es Dir gut geht. Nicht verausgaben – Kräfte einteilen (das muss ich mir neu jeden Tag sagen).
Sobald die Hefte gedruckt sind, werde ich Dir Belegexemplare schicken.
Schönes Wochenende!
Mit herzlichen Grüssen
Urs


Schwyz, den 31.10.97

Lieber Erwin
Besten Dank für Deinen Fax vom 30.10.97.
Sollte es tatsächlich zu einer Hausdurchsuchung kommen, würde ich das PR-mässig voll ausnutzen. Meine Devise lautete immer: wenn sich P. und J. fair gegenüber mir verhalten, dann verhalte auch ich mich fair. Wenn die mich jedoch fertig machen wollen, dann würde sie das in den nächsten Monaten und Jahren viel Schweiss, Nerven und Ärger kosten…
Geistig bereite ich mich (…) auf alles vor.
Zu Franz Müller von Müller Berufsbekleidung habe ich gesagt: „Stellen Sie sich folgendes vor: Es ist Samstag und Sie hatten einen guten Umsatz. Nach Geschäftsschluss fahren Sie gut gelaunt mit Ihrer Familie im grossen weissen Nissan Patrol nach Schwyz. Von der Schulgasse her biegen sie links ab und fahren die Kollegiumstrasse hinauf. Bei unserem Haus müssen Sie warten, weil vor dem Hauseingang ein VW Caravelle der (…) steht und die Durchfahrt (auf dem Trottoir des Bruhin-Hauses steht ein dunkelblauer Mitsubishi) zu eng ist. In diesem Moment sehen Sie, wie ich mit Handschellen abgeführt werde und Ihnen und Ihrer Familie noch rasch zuwinke…“

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Zwar habe ich hier viele Feinde, aber auch Sympathisanten in Politik, Gewerbe usw. Falls der „Staat“ gegen mich losgeht, profitiere ich von der Solidarität vieler Leute.
Im übrigen bin ich froh, wenn etwas „Action“ ist. Ich brauche diesen „Kick“, sonst werde ich im Herbst/Winter depressiv. Die andern fürchte ich nicht; was ich jedoch fürchte, sind meine eigenen Unzulänglichkeiten.
F.A. hat noch telefoniert. Ich war aber nicht da. Meine Mutter sprach mit ihm. Er sei anständig gewesen und habe sich gesprächsbereit gezeigt. Im Verhältnis zu den anderen sei er ja noch gut weggekommen, habe er gesagt. Sein Betrieb sei halt schon recht alt. – Vielleicht könntest Du einmal mit A. sprechen. L.B. von der Abegg Bürotechnik AG, Seewen, sagte, F.A. sei „ein kleines Mandli“ (meint er Grossvater A.?), ein ruhiger Typ, nicht böse.
Ein Vorteil gegenüber den anderen sehe ich vor allem in der überdachten Aussenanlage. Ich meine: im Frauholz liesse sich mit verhältnismässig wenig Aufwand ein einigermassen guter Betrieb realisieren.
A. junior (ca. 15 Jahre alt) sah ich im Sommer im Frauholz. Er setzte ein Kaninchen in ein Freigehege. Irgendwie bekam ich – intuitiv – einen positiven Eindruck. Wenn die Leute guten Willen zeigen, sollte man ihnen eine Chance geben.
Am nächsten Sonntag wird vermutlich Ch. auf dem Klosterplatz auffahren…
Schönes Wochenende!
Mit herzlichen Grüssen
Urs


Schwyz, den 1.11.97

Lieber Erwin
Ich kann Deine Wut verstehen. Offenbar liess ich mich vom Gerede meiner Mutter und L.B. täuschen. A.’s Betrieb habe ich ja von innen nicht selber gesehen.
Beim Umweltschutz erlebte ich schon, wie angeblich „nette Leute“ in Wirklichkeit sind.
Wenn Du W.R. liest, wirst Du erkennen, wie krank die heutige Gesellschaft ist. Im Bereich Tierschutz wird das besonders sichtbar. Menschlicher Irrationalismus und „Wahnsinn“ lässt sich praktisch in allen gesellschaftlichen Bereichen finden, in Erziehung, Schule, Wirtschaft usw. Ich staune immer wieder, wie es unserer Gesellschaft gelingt, hochentwickelte Maschinen zu konstruieren – auf anderem (menschlichem) Gebiet jedoch total versagt.
Das Problem liegt in der charakterlichen Gepanzertheit der heutigen Menschen.

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Dass der VgT 1998 neue Fälle skandalöser Tierhaltung aufdecken werde, kann ich in einer der nächsten Ausgabe ankündigen. In der Zwischenzeit hätten die Mäster Zeit, für Verbesserungen zu sorgen.
Schönen Sonntag!
Mit herzlichen Grüssen
Urs Beeler


Schwyz, den 9.11.97

Lieber Erwin
In der Zwischenzeit hat sich eine interessante Situation ergeben: Josef Gasser von der Gasser Elektro-Unternehmung AG, Ibach, hat mir seine Inserate-Kündigung wegen dem Artikel betr. der Schweinefabriken eingeschrieben zukommen lassen. Er könne und wolle nicht weiter in der Mythen-Post inserieren.
Gasser hat einen 12er Inserate-Jahresabschluss gemacht (erst 5 Inserate sind gelaufen!) und dafür den max. Wiederholungsrabatt inkl. PR bekommen. Er glaubt wohl, dass ich dies – weil er im Schwyzer Gemeinderat sitzt – stillschweigend hinnehme. Doch darin täuscht er sich!
Ich werde daraus eine interessante Story machen. [Anmerkung: Was tatsächlich auch geschah und einiges Echo auslöste.] Vor allem will ich zeigen, wie solche in der Öffentlichkeit als „Ehrenmänner“ geltende Personen sich nicht an ihr Wort halten. (Im Fall Gasser kann ich das gut belegen.)
Mit dem Artikel will ich auch ein paar anderen Gewerblern tüchtig den Kopf waschen (sonst getraut sich ja niemand). Mir ist klar, was ich dabei risikiere. Reinen Tisch zu machen, ist mir jedoch wichtiger. Und den Zeitpunkt stufe ich als günstig ein. Im „alten Trott“ würde es sowieso nicht weitergehen. Die Mythen-Post muss einen neuen, klaren Weg gehen. [Anmerkung: In der Einschätzung der Situation lag Beeler durchaus richtig!] Ich werden Dir den Beitrag morgen faxen. Die Gefahr besteht, dass ich „zu viel“ mache. „Cool bleiben und einfach Fakten bringen“, höre ich Dich sagen. [Anmerkung: Ja, das ist die GOLDENE REGEL von Kessler!] Oft möchte ich jedoch eine Sache zu gut machen, und dann schiesse ich über’s Ziel hinaus oder meine Ladungen sind so stark, dass ich selber auch noch etwas davon abkriege.
Sollte mein Plan fehlschlagen und weitere Boykotte auf sich ziehen, so dass die M.-P. anfangs 1998 nicht erscheinen kann, so habe ich mich geistig auch auf diesen Fall vorbereitet. – „Jetzt hat die Schwyzer Mafia den Beeler fertig gemacht“ – im Frühling würde dann die Mythen-Post mit neuem Outfit „Auferstehung“ feiern… [Anmerkung: Beeler, der unermüdliche Kämpfer…]
Ende November ist Schwyzer Weihnachtsausstellung – da will ich für etwas „Action“ sorgen…
Du kannst taktisch viel besser denken als ich. [Anmerkung: Kessler ist Ingenieur, Beeler „Künstler“] Deine Genialität zeigt sich immer wieder in geschickten Schachzügen. Deshalb ist mir Deine Meinung bzw. sind mir Deine Korrekturen zum erwähnten Beitrag sehr wichtig. Du bettest Aktionen jeweils in ein sorgfältig durchdachtes Gesamtkonzept ein. Mir fehlt dieses Denken (noch). [Anmerkung: Kessler hat auch 19 Jahre mehr Erfahrung!] Betr. der Mythen-Post oder mir brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen. Es geht immer irgendwie weiter. Dieselben Leute, die gegen Kessler etwas haben, haben auch gegen mich etwas und umgekehrt. Wichtig ist jetzt, für klare Verhältnisse zu sorgen – und mit neuem Schub ins 1998 zu starten!
Mit herzlichen Grüssen
Urs

 

PS: Die neue VN ist wieder super. Köstlich finde ich das Bild mit dem smarten Mann im weissen Hemd und dem Spruch wegen den unerotischen fleischfressenden Frauen. Herrlich! Der Spruch sitzt!
Besonders amüsiert habe ich mich auch über die Rückseite einer früheren VN – Du mit dem VgT-Bus neben einem Volvo Kombi der Polizei. – Genau mein Humor!

 

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