Eine bizarre Situation vor der Abstimmung vom 27. September 2020 zur Begrenzungsinitiative – SP und Gewerkschaftsbund (SBG) an der Seite der Wirtschaftsverbände und der FDP
Von Urs Beeler
Wohl keine Partei hat in den vergangenen 25 Jahren eine schlechtere Sozialpolitik betrieben als die SVP. In Sachen Tierschutz ist die SVP grösstenteils eine Tierschutz-Verhinderungspartei. Beim Umweltschutz findet man in den SVP-Reihen viele Klima-Zweifler und -Leugner, was in Anbetracht der Realität bizarr anmutet.
SVP-Eigenbrötlereien bei Rüstungsbeschaffungen haben den Steuerzahler schon hunderte (verbratene) Millionen gekostet. In all den genannten Bereichen verdient die SVP tatsächlich und zurecht Kritik.
Reiche SVP-Nahestehende wie z.B. Martin Ebner sind so geizig und Sozialem gegenüber derart verschlossen, dass es nicht erstaunen darf, wenn die Sympathien gegenüber solchen Menschen nicht sehr hoch sind.
Geld als Religion und Handlungsmotiv, obwohl kein Mensch je etwas ins Jenseits mitnehmen kann.
Begrenzungsinitiative: Nicht mit Vorurteilen, sondern einmal völlig unvoreingenommen den Sachverhalt untersuchen
Man sollte aber auch anerkennen können, wo die SVP eine politische Kernkompetenz hat, die sie auszeichnet: Ihr Einsatz für Unabhängigkeit, Neutralität, direkte Demokratie usw. Diese Kompetenz scheint anderen Parteien und Gruppierungen zu fehlen. Betr. der Begrenzungsinitiative stellt man heutzutage seltsame Koalitionen fest: z.B. die Wirtschaftspartei FDP zusammen mit dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund.
Dass die FDP ein Interesse an Masseneinwanderung hat bzw. haben kann, ist rein ökonomisch gesehen nachvollziehbar. Mehr Menschen bedeuten mehr Batteriewohnungen, mehr Autos, mehr Strassen, mehr Schulhäuser usw. Kurz: Mehr Einnahmen und mehr Gewinn. Masseneinwanderung macht Unternehmer, Firmen etc. tatsächlich reicher. Davon nun abzuleiten, wie der Schweizer Gewerkschaftsbund das tut, dass „Büezer“ von Masseneinwanderung profitieren würden, ist absurd. Die betreffenden Vertreter scheinen elementare wirtschaftliche Grundsätze, die Karl Marx in seinem „Kapital I“ beschrieb, nicht (mehr) zu verstehen: Gesellschaftliche Produktion und private Aneignung. Dies heisst auf die heutige Situation übersetzt: Die Büezer arbeiten – und die Unternehmer kassieren. Was die Masseneinwanderung den Schweizer Arbeitern und Angestellten für angebliche „Vorteile“ bringen soll, ist schlichtweg schleierhaft.
Ich wiederhole: Es sind nicht die Büezer, die seit vielen Jahren von der Masseneinwanderung profitieren, sondern die Eigentümer von Fabriken, Betrieben, Immobilien usw. Es ist also bizarr, wenn SP, Gewerkschaftsbund etc. sich auf die Seite der Wirtschaftsverbände sowie der FDP schlagen.

Neutral gefragt: Bringt die Masseneinwnderung irgendwelche Vorteile?
Die Masseneinwanderung bringt dem Schweizer Büezer Billig-Konkurrenz aus dem Ausland und das, was eigentlich keiner mit gesundem Menschenverstand haben möchte: noch mehr Batteriewohnungen, noch mehr Strassen, noch mehr Verkehr, noch mehr Lärm usw.
Kurz: Die Lebensqualität wird durch Masseneinwanderung nicht verbessert, sondern gesenkt. Das kann niemand widerlegen. Wer es nicht auf Anhieb versteht, stelle sich eine Schweiz mit 25 Mio. oder gar 50 Mio. Einwohnern vor und rechne die gestiegene Zahl der Bewohner auf den Quadratmeter aus.
Der einzige Grund, weshalb sich die Wirtschaftsverbände so für die Personenfreizügigkeit einsetzen, heisst Wachstum und Geld
Aber wie lehrte der bekannte Sachbuchautor und frühere Migros-Vizedirektor Hans A. Pestalozzi: Wachstum löst nie die Probleme!
Es ist im Grunde die seit Jahrhunderten altbekannte Geschichte, wo für Geld die Seele verkauft wird. Gewonnen wird rein gar nichts – im Gegenteil. Die bereits bekannten Probleme durch Masseneinwanderung würden durch eine weitere Zunahme nur verschärft. Das Gegenteil behaupten zu wollen, wäre absurd (siehe oben).
Gestiegene Mietkosten
Seit der Jahrtausendwende haben wir eine durchschnittliche Steigerung der Mietkosten von über 25%. Dies bei wohlgemerkt laufend gefallenen Zinsen, die heutzutage auf einem Rekordtief sind. Sinken die Hypothekenzinsen, werden im Normalfall auch die Mieten günstiger. Infolge der Masseneinwanderung ist aber genau das Gegenteil passiert: Aufgrund einer höheren Nachfrage und einem verknappten Angebot sind die Mietpreise gestiegen. Ein Vorteil für den Büezer, den AHV-Rentner mit EL, den IV-Rentner mit EL oder den Sozialhilfeempfänger? Indem die SP, der Gewerkschaftsbund usw. die „Öffnungs-Politik“ der Wirtschaftsverbände, der FDP & Co. sogar noch unterstützten, fallen sie der eigenen Klientel in den Rücken! Dies scheinen aber offenkundig bis heute die wenigsten gemerkt bzw. begriffen zu haben – weil sie von ihren „Führern“ manipuliert werden und selber nicht mehr selbständig denken können?
Ungleichheit bei der Personenfreizügigkeit
Wenn Linke dann noch meinen, durch eine EU-Personenfreizügigkeit würde mehr Gleichheit und Gerechtigkeit eingeführt, so frage ich: Gegenüber wem? Im Rahmen der Personenfreizügigkeit werden EU-Bürger gegenüber Personen aus Drittstaaten seit Jahren bevorzugt. Soll das jetzt gerecht sein? Wenn man für Personenfreizügigkeit ist: Wieso soll ein Ingenieur aus Rumänien mehr Recht haben in der Schweiz arbeiten zu können als ein gut ausgebildeter, leistungswilliger aus Marokko?
Ein politischer Irrweg der Linken
Nach der Meinung der Masseneinwanderungsbefürworter („Nein zur Kündigungs-Initiative“) soll die Schweiz im Rahmen der Personenfreizügigkeit weiter für die EU offen sein. Noch mehr Leute sollen bzw. würden ins Land kommen. (Karl Marx: „Das Kapital fliesst dorthin, wo es am meisten rentiert.“ Heisst auf 2020 übersetzt: „Angestellte aus der EU wandern dorthin, wo es am meisten Lohn gibt > Schweiz.“) Was für ein Vorteil soll sich durch mehr Zuwanderung für die Schweizerinnen und Schweizer ergeben? Keiner!
Personenfreizügigkeit – Schweizer EL-BezügerInnen als „Gefangene“ im eigenen Land
Und wie sieht es umgekehrt aus? Schweizer AHV- und IV-Rentner mit EL können bzw. dürfen die Schweiz für maximal 3 Monate verlassen. Tun sie es länger, werden ihnen die Ergänzungsleistungen (EL) gestrichen! Warum wurde dieses Tabu noch nie von der FDP, der CVP, der SP, den Grünliberalen und dem Gewerkschaftsbund öffentlich diskutiert? Weil hier die „Personenfreizügigkeit“ bei einem Teil der Schweizerinnen und Schweizer plötzlich aufhört und das Thema unangenehm ist?
Die Verträge mit der EU wiegen die Nachteile der starken Zuwanderung nicht auf
Dass die Schweiz die Zuwanderung im Rahmen ihrer nationalen Interessen selber steuern kann ist vernünftiger als dass dies von Brüssel diktiert wird.
Aus all den gemachten Überlegungen ergibt sich ein klares Ja zur Begrenzungsinitiative vom 27. September 2020.
Die Begrenzungsinitiative: Argumente und aktuelle Perspektiven
Von Urs Beeler, ergänzt und aktualisiert am 8. Mai 2025
Die Begrenzungsinitiative von 2020, die das Ende der Personenfreizügigkeit mit der EU forderte, wurde am 27. September 2020 von den Schweizer Stimmberechtigten abgelehnt. Dennoch bleibt die Debatte über die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit und Zuwanderung aktuell, insbesondere in Bezug auf Themen wie Mietkosten, soziale Ungleichheit, Sozialversicherungen (AHV/IV) und die Lebensqualität in der Schweiz. Dieser Beitrag aktualisiert den ursprünglichen Beitrag mit z.T. neuen Argumenten und aktuellen Quellen, um eine differenzierte Diskussion zu fördern.
1. Begrenzungsinitiative: Unvoreingenommen betrachtet
Die SVP setzte sich mit der Begrenzungsinitiative für eine eigenständige Steuerung der Zuwanderung ein, um die Unabhängigkeit und nationale Interessen der Schweiz zu wahren. Kritiker sahen darin jedoch eine Gefährdung der bilateralen Beziehungen zur EU und wirtschaftlicher Nachteile durch die „Guillotine-Klausel“, die bei einer Kündigung des Freizügigkeitsabkommens (FZA) auch andere bilaterale Verträge beenden würde. Heute, fünf Jahre nach der Abstimmung, bleibt die Frage relevant: Wie wirkt sich die Personenfreizügigkeit auf die Schweiz aus, und welche Argumente sprechen für oder gegen eine Begrenzung der Zuwanderung?
2. Neutral gefragt: Bringt die Masseneinwanderung Vorteile?
Die ursprüngliche These, dass Masseneinwanderung vor allem den Unternehmen und nicht den „Büezern“ (Arbeitnehmern) nützt, bleibt ein zentraler Kritikpunkt. Zuwanderung hat zwar das Wirtschaftswachstum gefördert, aber die Verteilung der Gewinne ist ungleich. Während Unternehmen von einem grösseren Arbeitskräftepool profitieren, stehen viele Schweizer Arbeitnehmende vor Herausforderungen wie Wohnungsnot, steigenden Lebenshaltungskosten und Konkurrenz durch billigere Arbeitskräfte.
3. Gestiegene Mietkosten
Die ursprüngliche Behauptung, dass Masseneinwanderung die Mietkosten in die Höhe treibt, wird durch aktuelle Daten gestützt. Seit 2000 sind die Mietpreise in städtischen Gebieten wie Zürich und Genf um über 30% gestiegen, trotz historisch niedriger Hypothekenzinsen. Die hohe Nachfrage nach Wohnraum, angetrieben durch Zuwanderung, übersteigt das Angebot, was vor allem Geringverdienende, AHV- und IV-Rentner mit Ergänzungsleistungen (EL) trifft.
Neues Argument: Wohnungsbaukrise
2025 verschärft sich die Wohnungsbaukrise in der Schweiz weiter. Laut dem Bundesamt für Wohnungswesen wird der Wohnungsbau durch strenge Bauvorschriften, hohe Landpreise sowie teure Baukosten behindert. Massenzuwanderung verstärkt diesen Druck.
4. Ungleichheit bei der Personenfreizügigkeit
Die Bevorzugung von EU-Bürgern gegenüber Drittstaatsangehörigen bleibt ein Kritikpunkt. Die Personenfreizügigkeit schafft eine Zweiklassengesellschaft, in der qualifizierte Arbeitskräfte aus der EU leichten Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt erhalten und gleich qualifizierte Personen aus Nicht-EU-Ländern der Zugang verwehrt wird.
Neues Argument: Globale Talentakquise
Ein Vorteil der Begrenzungsinitiative wäre die Möglichkeit, Zuwanderung nach Bedarf zu steuern und global Talente zu rekrutieren, unabhängig von der Herkunft. Dies könnte die Diversität und Innovationskraft der Schweiz stärken.
5. Ein politischer Irrweg der Linken
Die Unterstützung der Personenfreizügigkeit durch SP und Gewerkschaften wird als Widerspruch zu den Interessen ihrer Basis kritisiert. Während die Wirtschaft von billigen Arbeitskräften profitiert, leiden Schweizer Arbeitnehmende in vielen Sektoren unter Lohndruck und unsicheren Arbeitsbedingungen.
6. Personenfreizügigkeit – Schweizer EL-BezügerInnen als „Gefangene“ im eigenen Land
Schweizer AHV- und IV-Rentner mit Ergänzungsleistungen (EL) dürfen die Schweiz nicht länger als drei Monate verlassen, da sonst ihre EL gestrichen werden. Dies schränkt ihre Mobilität ein und steht im Kontrast zur Freizügigkeit, die EU-Bürgern gewährt wird.
Neues Argument: Reform der EL-Bedingungen
2025 gibt es Diskussionen über eine Reform der EL-Bedingungen, um mehr Flexibilität für Rentner zu schaffen. Laut dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) wird geprüft, ob die Aufenthaltsbeschränkungen gelockert werden können, ohne die finanzielle Stabilität des Systems zu gefährden. Dies könnte die Ungleichheit zwischen EL-Bezügern und anderen Bürgern mildern.
7. Die Verträge mit der EU wiegen die Nachteile der starken Zuwanderung nicht auf
Die Bilateralen I, zu denen das FZA gehört, sichern Schweizer Unternehmen den Zugang zum EU-Markt. Eine Kündigung des FZA würde durch die „Guillotine-Klausel“ weitreichende wirtschaftliche Folgen haben. Dennoch argumentieren Befürworter der Begrenzungsinitiative, dass eine nationale Steuerung der Zuwanderung langfristig mehr Kontrolle und Stabilität bringen würde.
Neues Argument: Geopolitische Unsicherheiten
2025 sind die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU durch geopolitische Unsicherheiten und Verhandlungen über ein neues Rahmenabkommen belastet. Eine eigenständige Zuwanderungspolitik könnte die Verhandlungsposition der Schweiz stärken.
8. Fazit
Die Debatte über die Begrenzungsinitiative bleibt polarisierend. Während die Personenfreizügigkeit wirtschaftliche Vorteile und Flexibilität bringt, führt sie zu sozialen und infrastrukturellen Problemen. Durch die Übervölkerung leiden nicht nur die Einheimischen (mehr Stress, mehr Verkehr usw., sondern auch die Natur und die Umwelt.
Argumente und Quellen in Tabellenform
Thema |
Pro-Begrenzungsinitiative |
Contra-Begrenzungsinitiative |
Quelle |
---|---|---|---|
Arbeits- |
Begrenzung schützt Schweizer Arbeitsplätze vor Billigkonkurrenz und reduziert Lohndruck in bestimmten Sektoren. |
Zuwanderung deckt Fachkräftemangel und trägt zur Flexibilität des Arbeitsmarktes bei. |
SECO-Bericht 2024: Observatorium zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU |
Mietkosten |
Zuwanderung treibt Mietpreise in die Höhe, was Geringverdienende und Rentner belastet. Eine Begrenzung würde den Druck auf Wohnungsmarkt reduzieren. |
Wohnungsbaukrise ist hausgemacht; Lösung liegt in mehr Wohnungsbau. |
Bundesamt für Wohnungswesen: Wohnungsmarktbericht 2025 |
Sozial- |
Zuwanderer belasten langfristig AHV/IV durch höhere Ausgaben. |
Zuwanderer finanzieren AHV/IV durch Beiträge und sichern das Umlagesystem. |
Bundesamt für Sozialversicherungen: Jahresbericht 2024 |
Ungleich- |
Personenfreizügigkeit bevorzugt EU-Bürger gegenüber Drittstaatsangehörigen, was unfair ist. |
Globale Talentakquise. |
Avenir Suisse: „Personenfreizügigkeit – eine ökonomische Auslegeordnung“, 2020 |
Lebens- |
Zuwanderung führt zu überfüllter Infrastruktur (Verkehr, Schulen), was die Lebensqualität massiv senkt. |
Zuwanderung fördert Wirtschaftswachstum. |
Bundesamt für Statistik: Bevölkerungsprognosen 2025 |
EL-Beschrän- |
EL-Bezüger sind durch Aufenthaltsbeschränkungen benachteiligt. |
Reform der EL-Bedingungen ist in Diskussion, unabhängig von Personenfreizügigkeit. |
Bundesamt für Sozialversicherungen: Jahresbericht 2024 |
EU-Verträge |
Nationale Steuerung der Zuwanderung stärkt Unabhängigkeit und Verhandlungsposition. |
Kündigung des FZA gefährdet Bilaterale I und wirtschaftlichen Zugang zum EU-Markt. |
Schweizerische Eidgenossenschaft: Informationen zu den Bilateralen Abkommen, 2025 |
Quellenverzeichnis
- SECO-Bericht 2024: Observatorium zum Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU
- Bundesamt für Wohnungswesen: Wohnungsmarktbericht 2025
- Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV): Jahresbericht 2024
- Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB): Kommentar zum Observatoriumsbericht, 20. Juni 2024
- Avenir Suisse: „Personenfreizügigkeit – eine ökonomische Auslegeordnung“, 2020
- Bundesamt für Statistik: Bevölkerungsprognosen 2025