Schwyzer Schweinefabriken 1 Jahr nach dem VgT-Report
Als Erwin Kessler in der Mythen-Post 10/96 über die grauenhaften Zustände in den Schwyzer Schweinefabriken berichtete, brachte der „Bote der Urschweiz“ einen gekürzten Beitrag versehen mit einem Fragezeichen.
Regierungsrat Werner Inderbitzin, Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements, gab in derselben Ausgabe bekannt, dass Schwyz im interkantonalen Vergleich betr. der Schweinehaltung „sehr gut“ dastehe (siehe „Bote“ vom 26. Oktober 1996).
Angst der Medien?
Was ich in den vergangenen Jahren festgestellt habe: die meisten Medien getrauen sich nicht die Tierhaltung so zu schildern, wie sie tatsächlich ist. Entweder bringen sie gar nichts oder sie verharmlosen. Ich kann eine solche Einstellung nicht verstehen. Es sollte doch zur journalistischen Aufgabe gehören, auf Missstände aufmerksam zu machen. Vor allem gilt es dafür zu kämpfen, dass die üblen Zustände endlich aufhören und eine gute Tierhaltung im Kanton Schwyz zur Selbstverständlichkeit wird.
Oft habe ich gehört „Kessler übertreibt“. Was ich selber festgestellt habe: Erwin Kessler, der Präsident des Vereins gegen Tierfabriken, übertreibt nicht. Es ist ein Skandal, was sich bezüglich Tierhaltung im Kanton Schwyz noch immer abspielt. Bis heute habe ich nicht einen einzigen Schweinemastbetrieb gesehen, von dem man hätte sagen können, dass er vorbildlich sei. Überall mehr oder weniger dasselbe Bild: dreckige, enge Buchten, z.T. zentimeterhohe Kot- und Urinschichten, Überbelegung, Spaltenböden, tierquälerische Kastenstände, Ammoniakgestank, keine Einstreu. Dafür nackte, glitschige Betonböden, dicke Eisenstangen usw. Das ganze Elend meist gegen aussen so gut getarnt, dass es (fast) niemandem auffällt.
Was im Tierschutzgesetz steht Artikel 1 Artikel 3 Artikel 4 In der Praxis ist das Tierschutzgesetz bei der Schweinehaltung bis heute mehr oder weniger toter Buchstabe geblieben. |
Leiden im Verborgenen
Zum Teil sind solche Tierfabriken hermetisch abgeriegelt, sodass man von aussen nur noch die lauten Lüfter hört. „Wegen der Schweinepest…“, hörte ich schon als „Argument“. Um Tiere hermetisch abgeschlossen zu halten, wird gleich auch noch eine fadenscheinige Begründung geliefert.
„Was sind das bloss für Menschen, die Tiere so halten?“ fragte ich mich. „Ja, wir müssen halt billig produzieren, sonst rentiert es nicht“, kommt oft als Antwort. Aber rechtfertigt der Profit alles? Gibt es nicht noch etwas, das mehr zählt als Geld?
Irgendwie bekommt man den Eindruck, dass da bei diesen Tierhaltern etwas innerlich gestorben sein muss. Wie ist es z.B. möglich, dass sich da einer für teures Geld hat Kastenstände aufschwatzen lassen? Tiere werden nicht mehr als empfindsame Lebewesen angeschaut, sondern nur noch als leblose Ware, die möglichst schnell ein hohes Schlachtgewicht erreichen muss.
„Einwände“
„Ja, aber wissen Sie, in anderen Ländern geht es den Menschen doch auch dreckig“, erklingt als Einwand. Kann daraus das Recht abgeleitet werden, dass in unserem Land bzw. Kanton die Schweine schlecht gehalten werden? Ethik kann man nicht teilen. Richtig denken heisst: Es soll den Menschen und den Tieren gut gehen!
Tierhaltung – eine Frage der Mentalität
Alle Lebewesen stammen vom gleichen Lebensstrom. Man kann sich einen Baum vorstellen, der in verschiedene Äste und Zweige hinausführt. Gerade weil der Mensch höher entwickelt ist, einen Intellekt besitzt, muss er die Verantwortung gegenüber den anderen Lebewesen und der Umwelt wahrnehmen. Mensch-sein soll sich gerade darin auszeichnen, dass der Mensch sich auch echt-menschlich verhält.
Reaktionen
Dass mit solchen philosophischen Überlegungen bei abgestumpften Tierhaltern in der Regel nichts zu erreichen ist, ist klar. Hervorstehende Schläfenadern, hoher Adrenalinspiegel und Gewaltbereitschaft sind typische Reaktionsmuster. „Sie betrachten sich halt als existenzgefährdet“, heisst es.
Drohungen gegen Tierschützer sind heute noch gängige Mittel, um die Kritik zu unterdrücken. Dass dies die Problematik nicht löst, dürfte jedermann einleuchten. Stattdessen sollten die Mäster endlich über die Bücher gehen und ihre Betriebe tierfreundlich gestalten. Dass das nicht freiwillig, sondern in den meisten Fällen nur auf Druck hin geschieht, ist klar. Gegenüber den Behörden ist ebenfalls Skepsis angezeigt. Denn seit Jahren haben sie wenig bis gar nichts getan (die Bilder zeigen es!) und würden auch weiterhin nichts oder nicht viel unternehmen, wenn da nicht der Druck der Öffentlichkeit wäre.
Ein trostloses Bild In den Schweineställen neben Molkereien trifft man überall mehr oder weniger dasselbe traurige Bild an: Lebewesen in feuchten, engen Buchten ohne jede Beschäftigung, ohne Stroh usw., zusätzlich meist noch durch einen lauten Stall-Lüfter Tag und Nacht terrorisiert. Einziger Zweck der Existenz dieser armen Schweine: billiger Abfallverwerter und Fleischlieferant. |
Was tun?
Was kann der einzelne heute im Kampf gegen die Tierquälerei tun? Weniger oder gar kein Fleisch essen – oder als Alternative ganz bewusst einkaufen: direkt vom Bauernhof, wo man selber sieht, wie die Kühe, Schweine, Hühner usw. gehalten werden. Darin liegt auch eine grosse Chance, dass es im Kanton Schwyz immer mehr echte Biobauern (nicht solche mit enthorntem Rindvieh etc.) gibt, die als Kleingewerbler auftreten und Qualitätsprodukte anbieten. Offene Betriebe, wo der Konsument selber schauen kann, wie es den Tieren geht.
Tierfreundliche Schwyzer Bauernbetriebe verdienen die volle Unterstützung. Gewerbsmässige Tierquäler hingegen haben im Kanton Schwyz nichts verloren.
Kurz: Es geht darum, eine Landwirtschaft zu schaffen, auf die nicht nur die Bauern selbst, sondern auch die ganze Bevölkerung stolz sein kann!
Urs Beeler