Soziale Ungleichbehandlung zwischen Angestellten und Selbständigerwerbenden
Angestellte kann bei einer Entlassung nichts passieren. Ihnen hilft die Arbeitslosenkasse. Anders die Situation für Selbständigerwerbende. Sie sind sozusagen sozialrechtliches Freiwild.
Was meint das KIGA?
Die Mythen-Post hat mit Hubert Helbling, Chef KIGA Schwyz, über das Thema gesprochen und die Frage gestellt, was beim „Grounding“ eines Schuhmacher-, Nähmaschinen-, Foto-, Orgel- oder sonst einem kleinen Geschäft passiere. Nichts. Während der Staat der SWISSair mit Milliarden unter die Arme griff/greift, sind die Kleingewerbler völlig auf sich selbst gestellt. Der freie Markt bestimme; der Staat unternehme hier keine unterstützende Funktion wahr, so das KIGA.
Selbständigerwerbende können sich nicht gegen das Risiko Arbeitslosigkeit versichern
Es hätten in den Siebzigerjahren einmal Pläne bestanden, dass auch Selbständigerwerbende in die ALV aufgenommen würden; diese seien damals jedoch fallengelassen worden.
Ein Trick für Kleinbetriebe, an Arbeitslosengeld zu kommen, gibt es dennoch: Er heisst GmbH. Auf diese Weise können sich Selbständigerwerbende als „Angestellte“ deklarieren.
Wieviel wird bezahlt?
Bei der ALV bekommt der Arbeitslose 80% vom Lohn, wobei es einen Höchstbetrag von Fr. 8’900.– gibt. Das heisst: Ein ehemaliger SWISSAIR-Pilot, der Fr. 250’000.– verdient hat, bekommt nicht Fr. 200’000.–, sondern höchstens 12 x Fr. 8’900.–. Einen dreizehnten Monatslohn gibt es bei der ALV nicht. Die Arbeitslosenkasse zahlt maximal zwei Jahre. Wer während dieser Zeit keine Arbeit gefunden hat, wird (im Falle der Mitellosigkeit) nach zwei Jahren zum Fürsorgefall.
Weitere Ungleichbehandlungen
Bei einem Angestellten zahlt bei Arbeitslosigkeit die ALV auch im Falle einer Umschulung. Arbeitslose Selbständigerwerbende erhalten während einer Umschulung keine Unterstützung.
Bei schlechtem Geschäftsgang können Firmen mit Personal Kurzarbeit beantragen (vgl. Möbelfabrik Zehnder, Einsiedeln. Merke: Den Grossen wird geholfen, den Kleinen nicht). Selbständigerwerbende (Einmannbetriebe) müssen für ihre Mindereinnahmen oder Ertragsausfälle (Krankheit, Ferien) hingegen selber aufkommen.
Der Staat greift bekanntermassen fast überall ein, aber hier nicht
Das KIGA könne keine Strukturerhaltung von kleinen Geschäften betreiben, betont Helbling gegenüber der Mythen-Post. Jeder Unternehmer müsse die Chancen und Risiken selber abschätzen. Der Markt entscheide, ob ein Geschäft rentiere oder nicht.
Der Kanton könne und wolle hier nicht eingreifen. Ausserdem funktioniere das weltweit so.
Für eine Arbeitslosenversicherung für Selbständigerwerbende wäre ein entsprechender politischer Vorstoss nötig. Dieser sei jedoch vom Gewerbe selbst – so habe er die Erfahrung gemacht – gar nicht erwünscht. Dort wolle man möglichst wenig Staat.