Leserbrief
Ich habe mir kürzlich einmal ein paar alte Bilder von Schwyz, Seewen und Brunnen angeschaut: das schöne alte Schwyzer Tram, die Morschächler Bahn, die Schmiedgasse als idyllische Kiesstrasse.
Damals gab es noch viel weniger Leute und Häuser
Das Leben war nicht so hektisch.
Natürlich war dazumal nicht alles paradiesisch. Ein paar Schwyzer Aristokraten besassen viel, die Masse der Leute wenig oder gar nichts. Mit sozial Schwachen wurde umgesprungen, wie es heute undenkbar wäre. Man denke nur an das traurige Kapitel der Verdingkinder sowie das Vormundschafts- und Armenwesen. Mittlereile gibt es zum Glück ein (zwar noch verbesserungsbedürftiges) Sozialhilfe- und Sozialversicherungssystem.
In der Schule musste viel auswendig gelernt werden. Der Lehrer schlug Kinder mit dem Stock oder teilte Ohrfeigen aus. Kirchenbesuche waren obligatorisch. Das war einfach so – man kannte nichts anderes.
Heute ist alles anders
Von Idylle blieb nicht viel übrig: Mythen-Center, MythenForum, Hofmatt, Flachdach-Schulhäuser und -Spitäler, -Altersheime und moderne Normbauten prägen den Talkessel. Die Schwyzer Kantonalbank lässt in Brunnen und Einsiedeln schöne Filialen abreissen und durch fragwürdige Neubauten ersetzen. Gibt’s Opposition? Nein, um Himmelswillen auch – wozu? Man will sich doch nicht unbeliebt machen!
Je mehr abgerissen und durch irgendwelche Neubauten ersetzt wird, umso besser?
Nach dem Sinn oder Unsinn fragt heute doch kein Mensch mehr.
Die einzige Konstante sei der Wandel, wird weiter erzählt. So wird überall „Fortschritt“ produziert: Mehr Kreisel, mehr Trottoirs, mehr Flachdach-Schulhäuser, mehr… Und die heutigen Jungen sind so angepasst, dass sie das, was sich abspielt, gar nicht merken. Woher auch? Sie haben ja gar keine Vergleichsmöglichkeit zu früher.
Hätten die Leute höhere Ansprüche, wären sie wertkonservativ und im Innersten positiv gewesen, hätte man sich viele wertvolle Sehenswürdigkeiten in unserer Umgebung erhalten können
Wie wären heute Hotels im Stil der 20er und 30er Jahre in Brunnen, das alte Schwyzer Tram und die Morschach-Bahn eine Touristenattraktion!
Schöne, massiv gebaute Häuser, gepflästerte Plätze, Baumalleen, natürliche Grünflächen mit vielfältigen Gräsern, Blumen usw. – Schwyz könnte heute ein Paradies mit echter Wohnqualität sein.
Stattdessen kann man in ein paar Jahren – vorausgesetzt, es wird im Stil der vergangenen Jahre weitergemacht – bald den Grabdeckel schieben. Es kommt dann nicht mehr darauf an, ob man in Schwyz, Luzern, Zug, Zürich oder in einer anderen Stadt wohnt – alles gleich „daneben“.
Ironie: Ein bekannter zugezogener Immobilienhändler bietet Häuser in Kanada an, für Schwyzer, die auswandern wollen.
M.I., Schwyz