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Glaswolle-Prozess: Nicht die Täter werden bestraft, sondern die Opfer

Schwyz, im März 2000

Geschätzte Gönner und Abonnenten

Weil die Mythen-Post kritisch über künstliche Mineralfasern (Isolationsmaterialien) berichtete, wurde sie von den beiden grössten Schweizer Glas- und Steinwolleproduzenten (Isover und Flumroc) wegen „unlauterem Wettbewerb“ eingeklagt. Das Bezirksamt Schwyz forderte, Urs Beeler sei mit 30 Tagen Gefängnis (!) zu bestrafen. Das Bezirksgericht erliess schliesslich eine Busse von Fr. 3’000.–. Diese Busse wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt, sondern per 13.12.99 in Rechnung gestellt.
Dabei wurden – wohlgemerkt – nicht das mögliche Gesundheitsrisiko von KMFs untersucht, sondern lediglich der Tatbestand des „unlauteren Wettbewerbs“. Hätte die Mythen-Post die Produzenten nicht namentlich genannt, sondern nur allgemein von künstlichen Mineralfasern gesprochen, wäre die Sache höchstwahrscheinlich unter „Meinungs- und Pressefreiheit“ gelaufen und straflos geblieben.

Dämmen mit Glaswolle-Isolations-Sondermüll. Man beachte den weissen Overall, die Schutzbrille und die Handschuhe, die vor den herunterrieselnden KMF-Partikeln schützen sollen.

Aufklärung im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten
KMFs haben unerwünschte Nebenwirkungen (z.B. Partikelbelastung, vor allem wenn nicht richtig abgedeckt wird; Juckreiz, sog. Glasfaserdermatitis; Reizung der oberen Atemwege; Bindehautentzündung; „Plastiksackeffekt“ etc.). Besonders problematisch sind die Produkte für Leute mit Hautkrankheiten, z.B. Neurodermitis und Psoriasis. Bauherren werden heutzutage über diese Nachteile nur ungenügend oder gar nicht in Kenntnis gesetzt. Dieses Informationsdefizit versuchte die Mythen-Post zu korrigieren.
„Die zentrale Frage lautet: Sind KMFs problematisch? Falls nein, wäre eine Kritik nicht gerechtfertigt. Sind KMFs jedoch mit einer Problematik behaftet – was aus verschiedenen Zeitungsberichten und Aussagen Betroffener hervorgeht – , ist es nötig, die Leute über diese Nachteile zu informieren. Ich habe selber Erfahrungen mit Glaswolle (Produkt in der Gerichtseingabe namentlich genannt) gemacht.
Ich würde diese Produkte niemals mehr als Isolationsmaterialien einsetzen lassen, selbst, wenn ich dieses Material gratis bekäme. Die Nachteile sind dermassen gravierend, dass man in jedem Fall besser bedient ist, wenn man diese Produkte nicht verwendet.“ (aus dem Plädoyer vor dem Bezirksgericht Schwyz vom 7. Juli 1999)

In den USA wird die Problematik ernst genommen
Die Zeitung „Der Bund“ schreibt in einem Beitrag „Sind künstliche Mineralfasern krebserregend?“: „Prominentester Warner in Sachen Karzenogenität künstlicher Mineralfasern ist der Amerikaner Richard Munson, ein ehemaliger Manager der Mineralfaserindustrie. Munson versucht seit 1987 bei den ‚Victims of Fiberglass “ (VOF), deren Präsident er ist, die Opfer der KMF zu organisieren. – Laut Munson ist schon seit rund zehn Jahren bekannt und erwiesen, dass ‚Glasfasern genauso wie Asbestfasern eingeatmet werden und damit zu Lungen-, Brust- oder Bauchfellkrebs führen können.‘ (…)
Rückendeckung für seinem Kampf gegen die KMF holte sich Richard Munson unter anderem beim Nationalen Institut für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (Niosh) der USA. In einer Stellungnahme schreibt das Niosh: ‚Aus den veröffentlichten Versuchsunterlagen geht hervor, dass Mineralfasern die gleichen Voraussetzungen haben, Krebs hervorzurufen wie Asbestfasern der gleichen Stärke.‘ (…)
Aufgrund des Einsatzes von Richard Munson und der VOF müssen in den USA seit dem 1. Juli 1991 alle Mineralfaserprodukte einen Hinweis tragen, der auf die mögliche Krebsgefahr aufmerksam macht. (…)
Auch in Europa wird seit einiger Zeit über die mögliche Karzenogenität der KMF diskutiert. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft beispielsweise schlägt vor, die künstlichen Mineralfasern als krebsverdächtig einzustufen. Die deutschen Forscher stützen sich dabei auf die Einstufung durch die Weltgesundheitsorganisation, welche die künstlichen Mineralfasern ebenfalls zur Klasse der krebsverdächtigen Materialien zählt.“
Was Sie als Leser zusätzlich wissen müssen: Die Karzenogenität von Asbest zum Beispiel war bereits lange bekannt. Aber es dauerte vom Zeitpunkt dieser Feststellung noch rund 65 Jahre (!), bis Asbest in der Schweiz verboten wurde!
Quecksilber-Amalgam wird seit rund 150 Jahren in der Zahnmedizin verwendet. Erst in den vergangenen Jahren mehrten sich kritische Stimmen.

Die Argumente der KMF-Lobby
Im Gegensatz dazu betonen die KMF-Befürworter, dass bei Einhaltung aller Vorschriften (Mundschutz, Augenschutz, Overall, Handschuhe) betr. KMFs keine Krebsgefahr bestehe. Die Auskunftsstelle bei Fragen um die Arbeitssicherheit sei die SUVA und nicht Gewerbetreibende, Privatpersonen oder Eigenerfahrungen mit dem Produkt. Die MAK-Werte (maximale Arbeitskonzentration) würden immer eingehalten. [Anmerkung: Nichts anderes als eine Schutzbehauptung.] Grobe Fasern könnten wohl Hautreizungen auslösen. Eine Dusche genüge aber, sich von solchen Fasern zu befreien. Die feinen Fasern, die der Körper einatme, würden von der Lungen absorbiert, aufgelöst oder herausgehustet, denn die Lunge funktioniere – so der Direktor der führenden Steinwolleherstellerin der Schweiz wörtlich – wie ein Staubsauger. Es gehe nicht an, ein Produkt schlecht zu machen und damit der Wirtschaft zu schaden. (vgl. auch die gerichtlich erzwungene Gegendarstellung in M.P. 11/98)
Die Mythen-Post stützt sich hier – aus bekannten Gründen – auf Aussagen in der Zeitung „Der Bund“, „Bote der Urschweiz“ bzw. Stellungnahmen vor Gericht. Denn wo bei einem Meinungsstreit die Argumente nicht reichen, werden Anwälte eingesetzt. Diese Methode finanzstarker Wirtschaftskreise ist nicht neu, ebensowenig wie die Erkenntnis, dass Recht haben und Recht bekommen nicht das Gleiche sind.
Nebenbei: Es mutet schon seltsam an, wenn in unserem Land über 1 Mio. Ferkel jährlich grausam ohne Narkose kastriert werden dürfen und diese mittelalterliche Folter, trotz Tierschutzgesetz, straffrei bleibt – dringend notwendige Warnung vor KMFs hingegen mit Busse bestraft wird.

Die Justiz schützt nicht die Konsumenten und Bauherren vor gesundheitsschädlichen Sondermüll-Produkten, sondern die betreffenden Produzenten vor Kritik. (Symbolbild Richterstuhl)

Boykotte und Drohungen statt Kulanz
Wenn Leute mit einem Produkt schlechte Erfahrungen gemacht haben und zurecht reklamieren, sollten Hersteller diese Kritik ernst nehmen und sich kulant zeigen. Mit Anwälten und Prozessen zu drohen, ist eine merkwürdige Auffassung von Kulanz.
Sowohl bei Asbest wie bei der Produktion und Anwendung von Glas- und Steinwolle handelt es sich um gewaltige Fehlentwicklungen. Drohungen, Bussen, Gefängnis etc. nützen hier rein gar nichts – die kritisierten Materialien werden dadurch nämlich nicht besser.
Die Mythen-Post wird grösstenteils durch Werbung finanziert. Durch Boykotte gewisser Gewerbekreise, für die einzig der Profit zählt und der Begriff Verantwortung ein Fremdwort ist, entstanden der Mythen-Post im Jahre 1999 beträchtliche Umsatzeinbussen. Wir blieben jedoch wie gewohnt journalistisch auf Kurs und hielten allen Druck- und Erpressungsversuchen stand. Wir werden uns auch in Zukunft nicht erpressen lassen!

Unterstützen Sie uns!
Zeigen Sie uns Ihre Solidariät, indem Sie sich mir Ihrer Spende auf PC 60-4619-5, Inpuls Verlag, Beeler Urs, Postfach 7, 6431 Schwyz an der Busse wegen der KMF-Berichterstattung in der Mythen-Post finanziell beteiligen. Sie ermöglichen uns damit, unsere dringend notwendige Konsumentenschutz-Arbeit erfolgreich fortzusetzen.
Im Voraus vielen Dank für Ihre finanzielle Unterstützung!

Mit freundlichen Grüssen
Urs Beeler, Mythen-Post

PS: Neue Einzahlungsscheine können unter Tel. 041 811 20 77 bestellt werden. Danke!

 

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