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Die Leistungseinheit „PS“ nachgerechnet

Die Pferdestärke (Abk. PS, engl. Horsepower HP, franz Cheval vapeur CV) ist eine gängige technische Leistungseinheit. Als Mass für die Leistung eines Automotors wirken 100 PS sehr viel anschaulicher als das nüchterne SI-Äquivalent von 73,55 Kilowatt. Der Ursprung der alten Einheit ist interessant, weil sie in direktem Bezug mit der industriellen Revolution und dem Ersatz des Pferdes durch die Dampfmaschine steht; das französische „Dampfpferd“ erinnert direkt daran. Definiert wurde das PS von James Watt (1736-1819), dem genialen Ingenieur, der um 1780 mit dem Bau seiner Dampfmaschinen mit externem Kondensator begann. Der Preis, den sein Unternehmen Boulton & Watt dafür verlangen konnte, richtete sich naturgemäss nach den bisherigen „biologischen Motoren“. Niemand hätte wohl eine Dampfmaschine gekauft, wenn sie in der Anwendung und im Betrieb teurer gewesen wäre als die äquivalente Anzahl von Pferden. Watt unterhielt sich darum ausgiebig mit Mühlenbauern, um die mechanische Leistung eines durchschnittlichen Pferdes zu ermitteln. Er erfuhr, dass über den zehnstündigen Arbeitstag gemittelt, ein Pferd den 24 Fuss messenden Laufgang 2,5mal pro Minute absolvierte. Dabei übte es eine Zugkraft von 180 lbf aus, woraus sich eine Leistung von 33’929 ft. lbf/min. ergab. Watt rundete diesen Wert auf 33’000 ft. lbf/min. oder 550 ft. lbf/s = 1 PS; dies entspricht 735,5 Watt.

Zweifel an der Richtigkeit
Watts Rechnungen (die übrigens vollständig erhalten sind) wurden in neuerer Zeit in Zweifel gezogen. Man weiss auf Grund exakter Messungen, dass die höchstmögliche Dauerleistung des tierischen Muskels 100 bis 200 Watt pro Kilogramm beträgt. Nun wiegt ein grösseres Pferd 600 kg, wovon etwa 45 Prozent aus Muskelgewebe bestehen. Unter der Annahme, dass 180 kg Muskeln für die Arbeitsleistung verfügbar sind, ergibt sich eine theoretische Leistung von 18’000 Watt oder 24 PS pro Pferd. Wenn man für die Rechnung wesentlich konservativere Werte einsetzt, kommt man immer noch auf etwa 10 PS. Hatte sich James Watt um eine ganze Grössenordnung verrechnet?
Auf den ersten Blick scheint dies der Fall zu sein. An der Iowa State Fair wurde nämlich 1925 ein gut instrumentiertes Pferdewagenrennen durchgeführt, aus welchem hervorging, dass ein Pferd 12 bis 14,9 PS „hergibt“. Allerdings handelt es sich hier um kurzfristige Spitzenwerte. Will man ein Pferd jahrelang gesund und leistungsfähig erhalten, so sollte es während einem Arbeitstag nicht mehr als 10 Prozent seines Körpergewichts bei einer Geschwindigkeit von 4 bis 5 km/h bewegen müssen. Diese Werte findet man schon in der veterinärmedizinischen Literatur von 1826; sie stützen sich auf jahrhundertealte Erfahrungswerte und führen zu einer Vervierfachung des Grundstoffwechsels. James Watt wurde demgemäss korrekt informiert; sicher kann ein Pferd Spitzenleistungen bis 15 PS erbringen, im Alltag muss man sich aber mit 1 PS begnügen. Es gilt weiterhin 1 Pferdestärke = 1 PS = 735,5 Watt.

 

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