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Ein EU-Parlamentarier „verdient“ pro Jahr rund 270’000 D-Mark (ein Beitrag aus dem Jahre 1995)

Von Dr. Ulrich Schlüer

Gegen 10’000 Franken pro Monat – ein hübsches Salär, nicht wahr! Genau soviel, nämlich 10’336 D-Mark, verdient jedes Mitglied des EU-Parlaments monatlich. Damit nicht genug: Zusätzlich erhält jeder EU-Parlamentarier Monat für Monat 5’478 DM „Spesenpauschale“. Steuerfrei natürlich!
Ausserdem bezahlt Brüssel seinen EU-Parlamentariern sämtliche Bahn- und Flugspesen – in Form einer Kilometer-Entschädigung, welche die tatsächlichen Reisespesen bei weitem übersteigt! Und von Anfang an wird jeder Kilometer doppelt gezählt: Wer irgendwo hinfahre, müsse wohl auch wieder zurückfahren. Längst haben sich besonders findige Spesenritter unter den EU-„Volksvertretern“ mehrere Wohnsitze zugelegt. Als Zweitwohnsitze seien Sizilien, Finnland und Südspanien besonders begehrt.

Bezahlte Ferien und „Sprachaufenthalt“ an der Côte d’Azur
Und interessanterweise unternehmen die Mehrfach-Wohnsitzinhaber ihre Dienstreisen meistens ausgerechnet von jenem Wohnsitz aus, der dem gewählten Ziel am entferntesten liegt. Schliesslich richtet Brüssel Reisespesen aus, ohne je unbequeme Fragen zu stellen… Weitere Spesen gefällig? Für EU-Parlamentarier sehr wohl: Allen EU-Parlamentarieren zahlt Brüssel auf Kosten der Steuerzahler alljährlich einen zweiwöchigen „Sprachaufenthalt“ (zusätzlich zu den bezahlten Ferien!). Sie erhalten dafür von Brüssel eine Tagespauschale von 400 DM. Warum nur, fragt sich der Beobachter, befinden sich die meisten Institute, wo EU-Parlamentarier Sprachunterricht nehmen, ausgerechnet an der Côte d’Azur?
Übrigens: Als Reisekosten-Entschädigung an den Ort des Sprachaufenthalts zahlt Brüssel pauschal weitere 2’000 DM pro Parlamentarier und Jahr. Für „Informationsmaterial“ wie Zeitungsabonnemente etc. entrichtet Brüssel eine weitere pauschale Entschädigung von sage und schreibe 36’000 DM für jedes Parlamentsmitglied. Geradezu bescheiden nimmt sich daneben die jährliche Telefon- und Fax-Entschädigung von 2’000 DM aus. Damit nicht genug: Einem mit soviel Reisegeld dotierten EU-Parlamentarier kann ja nicht zugemutet werden, die für 36’000 DM abonnierten Zeitungen selbst zu lesen, überhaupt alle anfallende Arbeit und alles Aktenstudium selber zu erledigen. Er braucht dazu einen Mitarbeiter – und erhält von Brüssel, damit er diesen persönlichen Mitarbeiter standesgerecht entlöhnen kann, satte 180’000 DM pro Jahr. Es erscheint daneben wie Peanuts, dass Brüssel jedem EU-Parlamentarier auch noch die Prämien für Lebensversicherung sowie sämtliche anfallenden Arztkosten bezahlt.

Die Steuerzahler müssen blechen
Insgesamt – so hat es das deutsche Nachrichtenmagazin „Focus“ ausgerechnet – „verdient“ ein EU-Parlamentarier damit jährlich rund 270’000 D-Mark in die eigene Tasche sowie 180’000 D-Mark für seinen Mitarbeiter. Genommen wird’s von den Steuerzahlern in den EU-Ländern, deren Meinung zu dieser Entschädigungspraxis weiters niemanden interessiert.
Warum ist diese ausschweifende Spesenwirtschaft am EU-Parlament ein Tabuthema für die Schweizer Medien? Etwa deshalb, weil es auch hierzulande nicht wenige einer classe politique gibt, die vom reichlichen Manna aus Brüssels Kassen täglich sehnsüchtig träumen?

 

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