Erster KMF-Prozess vor dem Schwyzer Bezirksgericht
Weil die Mythen-Post kritisch über künstliche Mineralfaserprodukte (KMF) berichtete, wurde Redaktor Urs Beeler von den beiden Schweizer (Fast-)Monopol-Produzenten wegen „unlauterem Wettbewerb“ eingeklagt.
So lügen und heucheln die Schweizer Mineralwolle-Produzenten
„Mit dem grossen Plus für Mensch, Haus und Umwelt!“ preist der führende Schweizer Steinwolleproduzent seine Produkte an. Und der Schweizer Glaswolle-Marktführer rührt noch tüchtiger die PR-Trommel: „I. lebt seit 60 Jahren vor, was verantwortungsbewusst Wirtschaften heisst. I. ist ein Industrieunternehmen, in dem sich Streben nach Qualität – wie die Zertifizierung nach ISO 9001 deutlich macht – Produktionserfordernisse und Umweltbewusstsein vereinigen.“
Die Wirklichkeit sieht jedoch etwas anders aus und wird auch auf den Homepages (Stand 3.9.99) der beiden Monopolisten mit keinem Wort erwähnt: KMFs haben unerwünschte Nebenwirkungen (z.B. Partikelbelastung, vor allem, wenn nicht richtig abgedeckt wird; Auslöser von Juckreiz, sog. Glasfaserdermatitis; Reizung der oberen Atemwege; Bindehautentzündung; „Plastiksackeffekt“ etc.). Bauherren würden heutzutage über diese Nachteile nur ungenügend oder gar nicht in Kenntnis gesetzt. Dieses Informationsdefizit wollte Beeler korrigieren.
Die Mythen-Post baute bei ihren Recherchen auf die Aussagen von Gewerbetreibenden der Region, Privatpersonen, Ärzten sowie Zeitungsberichten.
Praktische Erfahrungen gemacht
Beeler stützte sich bei seinen Recherchen aber nicht nur auf Fremdquellen, sondern auch auf eigene Erfahrungen. Vor Jahren habe Zimmermann Felix von Rickenbach, Ibach, (so ist der Eingabe an die Vorinstanz zu entnehmen) in Kooperation mit Willy Kuster, Bauführer, Rickenbach einen Estrich offen mit Glaswolle isoliert. Der Boden wurde mit den bekannten gelben KMF-Matten ausgelegt (sehr „praktisch“ zum nachträglichen Begehen…) und zusätzlich presste Zimmermann von Rickenbach das Material bei den Sparren hinein (Zitat von Rickenbach: „Nachträglich dürfte es bei einer Sanierung schwierig sein, das Isolationsmaterial dort herauszunehmen.“)
Besagter Estrich kann heute nicht mehr benützt/betreten werden und musste auf Anraten eines Architekten sowie eines Umweltmediziners speziell abgedichtet werden, damit keine KMF-Partikel in den Nebenraum gelangen können. (Dieser Umstand jedoch interessiert die Justiz bis heute nicht!)
Problematische KMF-Partikel
Auf die Thematik angesprochen, behauptet von Rickenbach heute: Früher sei in diesem Estrich Kohle gelagert worden und man spüre wahrscheinlich mehr den Kohlenstaub, nicht die KMF-Partikel. Nachprüfungen ergaben jedoch folgendes: In diesem Estrich lagert schon seit über 30 Jahren (!) keine Kohle mehr. Ausserdem wurde der Estrich vor dem Auslegen mit den gelben Matten von einem Fachbetrieb blitzblank gereinigt (Beleg vorhanden).
Felix von Rickenbach weigerte sich, an einem warmen Sommertag die Isolation aus dem Estrich zu nehmen, weil das Material stark jucke. Derselbe Zimmermann arbeitet trotz allen Nachteilen ungeniert weiter mit KMFs. Diese Schizophrenie findet man heute überall im Baugewerbe. Als Standardargument kommt immer der billige Preis. Treten im Nachhinein Probleme auf, ist niemand verantwortlich. Die Sanierung kann der Hauseigentümer aus dem eigenen Sack bezahlen.
Zimmermann von Rickenbach jedenfalls weigerte sich, für seinen KMF-Isolationsschwachsinn nachträglich gerade zu stehen und sich an den Sanierungskosten zu beteiligen. Stattdessen empfahl er wegen der Partikelbelastung als Symptombekämpfung ebenfalls, das Schlupfloch zum benachbarten Raum luftdicht abzuschliessen. Diese Massnahme zeigt, wie „toll“ das verlegte Isolationsmaterial ist!
Wirklich, eine „Super-Isolation“, wenn man nachträglich den isolierten Raum nicht mehr betreten darf!
Für eine künftige Entsorgung muss extra das Dach geöffnet und via Gerüst bzw. Lift das juckende Material fachmännisch entsorgt werden. Diese Entsorgung ersorgt von Rickenbach. In einem Fax vom 9.11.98 schreibt er: „Da bekanntlich die Poren der Haut beim Schwitzen offen sind, können die Staubpartikel der Isolation besser in die Haut eindringen und ein Jucken verursachen.“ Wenn diese Nachteile doch seit Jahren bekannt sind, wieso schieben die Herren Zimmerleute dann noch immer ein solches Material als Isolation den Bauherren unter?
Hauptsache, das Geschäft läuft
Wenn Zimmerleute betr. Isolation oder der Anwendung von Holzschutzmitteln jahrelang „Mist“ bauten (wissentlich oder unwissentlich), fühlen sich die betreffenden Leute im Nachhinein betroffen und mobilisieren zum Boykott. Nützt das nichts und ist (wie im Falle der Produzenten) viel Geld vorhanden, wird vor Gericht gegangen. Dies hat dann auch abschreckende Wirkung für die übrige Presse, damit es ja niemandem in den Sinn kommt, die Wahrheit zu schreiben.
Für die Mythen-Post hatte die Berichterstattung über KMFs postwendend finanzielle Konsequenzen:
Gipser M.B., Ibach, inseriert nicht mehr (machte 1998 noch einen 12er Abschluss), weil er selber mit KMFs seit Jahren arbeite.
Ebenso René Schibig, Inh. Spenglerei Annen + Schibig, Ibach. Sein Argument: Wenn man nicht billig offeriere, bekomme man den Auftrag nicht. Die billigsten Materialien seien nun einmal KMFs… Er wolle nicht in einer Zeitschrift inserieren, die dem Gewerbe in den Rücken falle (!) – [Und die Mythen-Post will nicht, dass gewisse Zimmerleute und GUs den Bauherren mit problematischen Produkten „in den Rücken fallen“. Wer hat jetzt objektiv gesehen recht?]
Auch Zimmermann J.K., Inh. Holzbau A. AG, Goldau, fühlt sich über die kritischen Beiträge in der M.-P. betroffen.
Ebenso Holzbau Dettling, Brunnen, Betschart Flachbedachungen (hat die „tolle“ MC-Isolation realisiert), Illgau, usw.
Standardargument dieser Leute: „Es wird gegen das Gewerbe geschossen!“ (Vielleicht überlegen sich die betreffenden Herren einmal, warum das geschieht! Jemand, der ehrliche, saubere Arbeit leistet und gute Produkte verwendet, wurde von der Mythen-Post noch nie kritisiert!)
Die Liste könnte mit bekannten Baufirmen und Architekturbüros fortgesetzt werden. Und selbstverständlich werden nach dem Lesen dieses Beitrags sich irgendwelche Leute zu Wort melden und sagen, dass es sich nicht gehöre, die Dinge und vor allem Leute („Persönlichkeitsschutz“) einfach so beim Namen zu nennen. – Warum eigentlich nicht? Können Teile des Gewerbes nur noch rentieren, indem die Wahrheit unterdrückt wird? Ist die Wahrheit eine Gefahr?
Boykotte, Klagen, Drohungen, mundtot-machen etc. nützen hier rein gar nichts. Das kritisierte Material wird dadurch nämlich nicht besser!
Flumroc-Direktor Köhl: „Lunge funktioniert wie ein Staubsauger!“
Beeler warnte vor Gericht nochmals vor den feinen Fasern. In den USA müssten alle KMF’s seit dem 1.7.91 eine Aufschrift tragen, die auf die mögliche Krebsgefahr hinweise. Der Kläger, Kurt Köhl, Direktor der Flumroc AG, Flums, spielte die Problematik herunter. Eine Dusche genüge, um sich von den Partikeln zu befreien. Auch für die Lunge seien die winzig kleinen Fasern kein Problem, die menschliche Lunge funktioniere – so Kohl wörtlich – wie ein Staubsauger. Die feinen Fasern, die der Körper einatme, würden von der Lunge absorbiert, aufgelöst oder herausgehustet. Es gehe nicht an, ein Produkt schlecht zu machen und damit der Wirtschaft zu schaden.
Urs Beeler wurde schliesslich zu einer Busse von Fr. 3’000.–. verurteilt. Nach einer Probezeit von zwei Jahren kann die Busse im Strafregister wieder gelöscht werden.
„Verkehrte Welt“
Zimmerleute, die jahrelang (wissentlich oder unwissentlich) „Mist“ bauen, bleiben straflos (das war übrigens schon beim Asbest und hochgiftigen Holzschutzmitteln so!). Produzenten, welche fragwürdige Produkte herstellen, die anderswo (laut Zeitung „Der Bund“) verboten sind, werden in der Schweiz mit Öko-Preisen, „ISO 9001“ und „ISO 14001“ ausgezeichnet. Und derjenige der den ganzen Schwindel aufdeckt, wird von den angeblich so grünen Isolations-Produzenten eingeklagt. Verkehrte Welt!
Hätte man 1960 vor Asbest gewarnt, wäre man höchstwahrscheinlich von den damaligen Produzenten in ähnlicher Weise wegen „unlauterem Wettbewerb“ eingeklagt und mundtot gemacht worden. Erst, als die Industrie tüchtig verdient hatte und der Markt gesättigt war, wurde Asbest 1990 verboten. (Heute kann wieder an der Sanierung Geld verdient werden!)
Jetzt spielt sich ähnliches ab – und gewisse Leute verdienen erneut Millionen.
Dass sich die übrigen Medien so ruhig verhalten, hat wohl einen Grund: der Westschweizer KMF-Hersteller, der die Mythen-Post (neben dem Flumser Steinwolleproduzenten) einklagte, ist Mitglied der milliardenschwerden französischen St. Gobain-Gruppe.
Schlusswort
Kein anständiger Gewerbler muss sich über die Konsumentenschutz-Beiträge in der Mythen-Post betroffen fühlen, wenn er ehrliche Arbeit leistet und gute Produkte verwendet.
Betroffen fühlen müssen sich nur diejenigen, die – wie es Sylvia Schranz-Kessel, Boutique Top Two, Brunnen, formuliert – „selber Dreck am Stecken haben“.
Beeler ist nach wie vor der felsenfesten Überzeugung, dass es nötig war, über diese problematischen Produkte zu berichten.
„Wenn ich deswegen von der KMF-Lobby eingeklagt und zu einer Busse verurteilt werde, muss ich das in Kauf nehmen“, sagte Beeler gegenüber Redaktor Bert Schnüriger von der Neuen Schwyzer Zeitung.