Wenn eine Weihnachtsspendensammlung zur reinen Heuchelei wird
Von Urs Beeler

Im Kt. Schwyz gibt es mehr als 5x soviele Vermögensmillionäre wie Sozialhilfeempfänger. Der Kt. Schwyz ist ein Paradies für Steuerflüchtlinge. Millionäre und Milliarde leben in diesem Kanton (Ausserschwyz) zu steuerlichen Discountpreisen.

Thematischer Schwerpunkt für die „Bote“-Redaktion ist jedoch nicht die immer grösser werdende Schere zwischen Arm und Reich, sondern „Sozialhilfemissbrauch“ und angeblich „aus dem Ruder laufende Sozialausgaben der Gemeinden“. [So funktioniert ABLENKUNG.] Dass die offizielle „Missbrauchsquote“ 0,3% beträgt, erfuhren/erfahren die „Bote“-Leser nicht (das würde das Manipulations- bzw. „Empörungspotential“ zerstören!). Auch nicht, dass der Kt. Schwyz im Jahre 2018 über 8x mehr Geld für den Nationalen Finanzausgleich (NFA) zahlte als die gesamte Sozialhilfe des Kantons kostete.
Allein der Ausserschwyzer Martin Ebner (BZ Bank) könnte die Sozialhilfeausgaben des gesamten Kt. Schwyz mit seinem Vermögen theoretisch 100 Jahre (hundert!) lang „gratis“, d.h. allein stemmen – und wäre immer noch Multimillionär. Ebner besitzt gemäss der Zeitschrift „Bilanz“ ein Vermögen von 2,75 Milliarden (Stand November 2018; gemäss Forbes 2020: 3,3 Milliarden Dollar). Aber solche „gefährliche Gedanken“ stellt eine „Bote“-Redaktion natürlich nicht an…

Und wer denkt, Ebner sei ein „finanzieller Einzelfall“, wird zahlenmässig des Besseren belehrt. Stephan Schmidheiny, Hurden/SZ, besitzt gemäss „Bilanz“ (2018) ein Vermögen von 3,750 Mrd. Franken. Was bedeutet das? Er könnte die gesamte Sozialhilfe des Kt. Schwyz sogar noch um Jahrzehnte länger finanzieren als Martin Ebner.
Thematisiert wurde im „Boten“ (weil im Schwyzer Kantonsrat debattiert) vor nicht allzu langer Zeit eine Kürzung der Sozialhilfe um 10% (wohlgemerkt: bei mehr als 5x soviel Vermögensmillionären!), dies unter dem Schlagwort „ein Zeichen zu setzen“.
Die Mentalität des „Boten der Urschweiz“ Von Januar bis November politisch Stimmung gegen Sozialhilfeempfänger, IV-Rentner, EL-Empfänger usw. machen, um dann im Weihnachtsmonat Dezember eine Spendensammlung durchzuführen „für Menschen, welche auf der Schattenseite des Lebens stehen.“ Heuchlerischer geht es nicht mehr. Seit Jahren (Jahrzehnten) grosszügig finanziert wird das Blatt durch die Schwyzer Kantonalbank (deshalb werden „Bote“-Leser auch nie etwas Kritisches über die Geschäftspraktiken dieser Bank erfahren…) und die kantonale Verwaltung (Abos für „Bote“, Druckaufträge für die Druckerei Triner). Das verlegerische Erfolgsmodell von Dr. Hugo Triner beruht im Talkessel Schwyz auf Symbiose (mit Gemeinden, Bezirk, Schwyzer Bau- und Politmafia etc.) Es gibt möglicherweise in der Schweiz keine zweite Zeitung, die lokal mehr verfilzt ist als der „Bote“. |
Ende Jahr kommt dann dieses heuchlerische Blatt mit: „Über die Gemeinden, Sozialämter, Fürsorgebehörde oder soziale Institutionen (Pro Juventute, Spitex etc…) können Privatpersonen gemeldet werden, die dringend Hilfe nötig haben.“ (Homepage vom 28.11.18)
Das Beispiel zeigt auf, was für eine „hervorragende Sozialpolitik“ der Kt. Schwyz betreibt: Auf der einen Seite Millionäre und Milliardäre – auf der anderen Seite Armut, die rein politisch verursacht ist.

Ein Teil des Geldes, das im Sozial- und Sozialversicherungsbereich des Kt. Schwyz übers Jahr eingespart wurde, fliesst zu Weihnachten über den „Boten der Urschweiz“ (sprich: Sprachrohr des Schwyzer Filzes) via Almosen von Dritten eventuell an Notleidende zurück. „Eventuell“, weil es dafür selbstverständlich keinen Rechtsanspruch gibt. Die betr. begünstigten Institutionen entscheiden nach „freiem Ermessen“ (frei übersetzt: nach Willkür).
Fazit: Anstatt heuchlerische Weihnachtsspendensammlungen durchzuführen, würde es mehr nützen, wenn die „Bote“-Redaktion sich für eine gerechte Besteuerung der Superreichen (vor allem in Ausserschwyz) und für ein gutes, ehrliches und menschlicheres Schwyzer Sozialsystem einsetzte. Dann würde nämlich bei den gesellschaftlich Schwächsten (Bedürftige, Alte, Kranke, Behinderte usw.) gar keine finanzielle Not herrschen. Aber dies zu erkennen, dafür fehlt es offenbar nicht nur an Rückgrat, sondern vor allem an Charakter und nicht zuletzt auch an Intelligenz.
[Nachtrag: Im Jahre 2020 zahlte der Kanton Schwyz 220 Mio. Franken an den Nationalen Finanzausgleich (NFA), was rund dem 10fachen der jährlichen Sozialhilfekosten des gesamten Kantons entspricht.]
„Bote“-Weihnachtsaktion 2021: Alter Most in neuen Schläuchen
Dass im Kt. Schwyz bei einer Minderheit überhaupt Armut herrscht, ist politisch gewollt und nicht wirtschaftlich bedingt.
Der „Bote der Urschweiz“ macht bei dieser Armutsförderungspolitik von Januar bis November eines Jahres selber journalistisch mit. Dies geschieht z.B. mittels einseitiger Pro-Behörden-Berichterstattung, Ausgrenzung von Armutsbetroffenen, journalistischer Unterstützung einer völlig unnötigen Verschärfung des Schwyzer Sozialhilfegesetzes, Totschweigen von Behörden-Skandalen im Bereich der Sozialhilfe und staatlichen Sozialversicherung usw. Auf der einen Seite ist der „Bote der Urschweiz“ übers Jahr also selber aktiv an der Armutsförderung im Kt Schwyz beteiligt (einem politischen Klientel aus FDP, SVP und CVP im Hintergrund dienend), tut dann aber im Weihnachtsmonat Dezember so, als ob er sich „dem Kampf gegen die Armut“ (die er übers Jahr mit seinem Journalismus selber aktiv fördert!) verschrieben habe. Aus diesem Grund wird Verleger Dr. Hugo Triner zurecht als „Dr. Scheinheilig“ bezeichnet. Das Armutsproblem wird in der Praxis oft zusätzlich durch das Verhalten von Fürsorgebehörden der Gemeinden (z.B. willkürliche Budgetkürzungen, Wohngeldkürzungen [als zentrales Element der Sozialhilfe im Kt. Schwyz], Sanktionen, Verweigerung situationsbedingter Leistungen usw.) und auch der staatlichen Sozialversicherung (z.B. willkürliches Erfinden eines hypothetischen Einkommens bei nicht-invaliden Ehegatten) verstärkt. [Anmerkung: Alles journalistische Tabu-Themen für den „Bote der Urschweiz“!] Sowohl Fürsorgebehörden wie die Ausgleichskasse Schwyz werden dabei allzu oft von der Schwyzer Justiz (Rechts- und Beschwerdedienst und Verwaltungsgericht) politisch geschützt. Das Schwyzer Behördensystem schützt sich selbst. Darüber quasi als übergestülpte „Glocke“ noch die Hofberichterstattung des „Boten der Urschweiz“. So funktioniert Schwyz! Der „Bote der Urschweiz“ müsste die Verursacher der Armut nennen sowie die betriebene negative Sozialpolitik im Kanton thematisieren. Dafür fehlt aber das journalistische Rückgrat (und darüber hinaus auch das Wissen).
Die Vor- und Nachteile bei der Zugehörigkeit zum Filz
Wie der Schwyzer Polit- und Behördenfilz abhängig ist vom „Boten der Urschweiz“, so ist letztgenannter seinerseits abhängig von Abonnements der Schwyzer Verwaltung, Inseraten der Schwyzer Verwaltung usw. Stichwort „Symbiose“ (siehe oben). Dies macht den Filz (in Schwyz) aus: Gegenseitig ist man voneinander abhängig. Das Thema Armut im Kt. Schwyz ernsthaft aufzugreifen, würde bedeuten, die dafür Verantwortlichen kritisieren zu müssen. Dies kann und will man sich als „Bote der Urschweiz“ nicht leisten.
Dr. Hugo Triner, Verleger des „Boten“, hat die Gefahr bereits gewittert. Wie begegnet man dieser? Man thematisiert neu die „Auslandhilfe“ mit „Hilfsprojekten“. Ein raffinierter Schachzug von Dr. Triner. Auf diese Art sind die Armutsverantwortlichen im Kt. Schwyz aus der Schusslinie. Armut herrscht offiziell nicht mehr im Kt. Schwyz (Framing!), sondern „nur noch im Ausland“, wo neu die „Weihnachtshilfe“ des „Boten“ greift. Auf eine Heuchelei folgt die nächste. Typisch „Bote der Urschweiz“.
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