Christlicher Geist auf dem Prüfstand
Die Auseinandersetzung zwischen dem Kloster Einsiedeln bzw. dem ihm unterstellten Kloster Fahr und dem Verein gegen Tierfabriken (VgT) von Erwin Kessler begannen vor Jahren. Anlass für den Streit waren insbesondere die tierquälerischen Kastenstände und die Kuhtrainer in den Stallungen des Klosters Fahr. Der „Beobachter“ mit einer Auflage von über 400’000 Exemplaren berichtete ausführlich darüber.
Kein christlicher Geist
Auf Klage des klösterlichen Anwaltes hin erliess das Bezirksgericht Baden mit sofortiger Wirkung und bei Androhung von Gefängnis oder Busse das folgende totale Redeverbot:
„Den Beklagten [VgT und Erwin Kessler] wird verboten, im Zusammenhang mit ihren Kampagnen, Initiativen, Vorstössen und Verlautbarungen um die Tierhaltung den Namen des Klosters Fahr und/oder des Klosters Maria Einsiedeln ganz oder verkürzt zu verwenden, Hinweise auf diese beiden Institutionen zu machen oder Aktionen zu unternehmen, die unbefangene Dritte mittelbar oder unmittelbar mit diesen beiden Institutionen in Verbindung bringen können.“
Offener Brief des VgT an das Kloster Einsiedeln Sehr geehrte HerrenWir haben erfahren, dass das Kloster Fahr Ihnen gehört. Deshalb haben wir am Neujahrstag damit begonnen, unsere Protestaktionen gegen die Tierhaltung des Klosters Fahr nach Einsiedeln zu verlagern. Wir werden immer wieder kommen. Wir haben uns auf jahrelange Proteste eingerichtet. Auf diese Weise haben wir schon Dutzende kirchlicher und weltlicher Institutionen dazu bewogen, ihre Tierhaltung zu sanieren. In keinem einzigen Fall haben wir vorher aufgegeben und immer das Ziel erreicht. Je länger die Auseinandersetzung dauern muss, umso grösser der Schaden für Ihr Ansehen, aber auch der Nutzen für die öffentliche Bewusstseinsbildung in Sachen Nutztierhaltung und Fleisch-Essen. Die Öffentlichkeit erwartet zu recht, dass kirchliche Institute im Umgang mit den Tieren als Vorbild vorangehen. Der Entscheid, wie lange diese Auseinandersetzung noch dauert, liegt ganz bei Ihnen. Wir sind jederzeit zu einem Gespräch und zu einer friedlichen Beilegung des Konfliktes bereit, sobald auch Sie bereit sind. Wir versichern Ihnen jedenfalls, wie schon gegenüber dem Kloster Fahr direkt, dass es uns ausschliesslich um tierschützerische Anliegen geht und in keiner Weise gegen Ihr Kloster oder gegen die katholische Kirche. Unsere Vereinigung ist konfessionell neutral. Wir fordern, dass im Schweinestall des Klosters Fahr die Kastenstände und im Kuhstall die elektrischen Kuhtrainer entfernt werden und dass die Schweine Einstreu zum Liegen erhalten. Das wäre mit ganz wenig Aufwand möglich. Warum nur entschliessen Sie sich nicht endlich, sich mit einer artgerechten Tierhaltung die Sympathie der Öffentlichkeit zu gewinnen anstatt vermehrte Kirchenaustritte zu provozieren? Glauben Sie wirklich, dass die kommenden öffentlichen Gerichtsverhandlungen, die das Kloster Fahr in Ihrem Auftrag gegen uns Tierschützer eingeleitet hat, Ihnen Sympathie bringen wird – egal wie das Verfahren schliesslich ausgeht? Alle Wesen mögen glücklich sein. Mit freundlichen Grüssen Dr. Erwin Kessler, Präsident des Vereins gegen Tierfabriken (VgT) |
Es braucht schon einiges an Sturheit und Unchristlichkeit, lieber mit grossem Aufwand zu prozessieren, anstatt die Haltungsbedingungen für die Nutztiere zu verbessern, was mit bescheidenem Aufwand möglich wäre. Stattdessen beklagte sich das Kloster in seiner Gerichtseingabe darüber, die „regelmässig und in ansehnlichem Umfang“ fliessenden „Spenden und Vermächtnisse der Gläubigen an die Klöster Fahr und Einsiedeln“ seien durch die Kampagnen des VgT gefährdet.
Dem Schreiben eines Kegelclubs aus dem katholischen Rikon an das Kloster Einsiedeln vom 21.5.97 ist dazu konkret zu entnehmen: „Solche Zustände wollen wir nicht noch unterstützen und schon gar nicht von einer Institution, sprich Kirche, welche Nächstenliebe predigt und solche Zustände (Schweinehaltung) hinter den Klostermauern duldet. Was für eine Heuchelei.“
Tatsächlich schadete diese Auseinandersetzung dem Kloster Einsiedeln. Warum der Abt Dr. Georg Holzherr nicht von Anfang an einlenkte, ist unbegreiflich. Je länger solche Streitereien nämlich jeweils dauern, desto grösser der Schaden für das klösterliche Ansehen und die Kirche überhaupt. Die Öffentlichkeit erwartet zurecht, dass kirchliche Institute im Umgang mit Tieren als Vorbild vorangehen.
Im Fall „Kloster Fahr“ nachgefragt „Einsiedeln“ plötzlich nicht mehr zuständig |