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Vorbemerkung: Hier finden Sie Briefe (Faxe) von Urs Beeler an Bert Engelbrecht, Neuseeland.

Mythen-Post Mr. Bert Engelbrecht
Postfach 7 64 Bengal Drive, Cashmere
6431 Schwyz NZ-Christchurch 8002
Tel./Fax 041 811 20 77 Fax 00643 337 6113

 

Schwyz, den 4.2.01

 

Lieber Bert

Vielen lieben Dank für Deinen Brief und die Fotos vom 14.12.00. (…)

Wir haben hier einen – bis jetzt – sehr milden Winter. Und das ist gut so. Momentan liegt auf den Wiesen halb Schnee, halb ist es grün. Das Wetter heute Sonntag ist schön. Es liegt schon fast etwas wie Vor-Frühling in der Luft.

Auch mir geht es gut – jedenfalls möchte ich zur Zeit nirgendwo sonst leben. Das Haus ist tipptopp – bis auf den verdammten I.-Glaswolle-Mist. (Aber diese Firma wird noch ihren Beelerschen Alptraum erleben…)

(…)

Und anderswo leben will ich (…) nicht.

Falls Du Geld „vorig“ hast, könntest Du das Haus kaufen. Verdienen will ich daran nichts, nur in Ruhe arbeiten können – und meinen Frieden.

Kommst Du im Frühling/Sommer 2001 in die Schweiz?

(…)

Ich bin gespannt, wie die Wahlen vom Dienstag in Israel ausgehen. Wenn Ariel Sharon gewinnt, wird das Klima eisig. [Anmerkung: Ja, dies war vorauszusehen.]

Amüsiert habe ich mich neulich über Yassir Arafat anlässlich des WEF-Gipfels in Davos. Zu einem Tele-24-Reporter sagte er (sinngemäss) mit klassischem Akzent: „Switzerland is a very wonderful country with very friendly people…“

Das würde mir auch noch Spass machen: Ein Nahost-Gipfeltreffen in Schwyz unter meiner Leitung. Selbstverständlich wäre auch Herr Becker sen. eingeladen…

Gerade kommt mir eine andere lustige Idee: Vater Engelbrecht an der WEF-Tagung in Davos. Spitzenvertreter aus Politik und Wirtschaft diskutieren darüber, ob in Europa die 25-Stunden-Woche eingeführt werden soll… (die Szene mit dem blauen Morgenmantel in der Küche im Haus an der Allerheiligen ist mir unvergesslich geblieben…)

Zu den Fotos: Wie funktioniert eigentlich der Hausbau in Neuseeland? Sind die Handwerker zuverlässig oder verknorzt ? Du hast ein gutes psychologisches und soziologisches Gespür: Bitte teile mir Deine Erfahrungen mit!

Ruth Schönbächler von der Druckerei hat mir gesagt, dass das Telefonieren von der Schweiz aus übers Wochenende sehr günstig sei und ich Dich doch einmal anrufen solle. Das werde ich bei Gelegenheit auch tun.

Hat Dein Vater noch den Lexus? Kürzlich sah ich im Fernsehen das Modell 430. Muss angeblich in Sachen Komfort (Luftfederung) und Leistung ausgezeichnet sein.

„All the very best“, gesprochen mit der unvergleichbaren Stimme meines israelischen Freundes Mr. Ari Becker sen. wünscht Dir

mit herzlichen Grüssen
Urs

 

PS: Welche Stimme ist eigentlich markanter: die von Mr. Becker sen. oder Egon Hoegen?

 

Schwyz, den 24.4.01

 

Lieber Bert

Herzliche Gratulation zu Deinem 39. Geburtstag!

Ich hoffe, es geht Dir gut. Wahrscheinlich hast Du in der Zwischenzeit bereits Dein neues Haus bezogen. Wie ist es?

Im Moment spielt das Wetter in der Schweiz etwas verrückt (wobei 95% der Leute noch mehr spinnen…). Am vergangenen (Weissen) Sonntag hatten wir Schnee wie im Winter. Ich hab’s genossen.

Das Leben in der „Festung“ ist tipptopp. Ich wüsste nicht, wo die Lebensqualität im Talkessel (oder generell in der Schweiz) besser sein könnte. [Anmerkung: Abgesehen von der I.-Glaswolle-Isolation.]

Sonst habe ich eigentlich nichts Neues zu berichten, ausser, dass ich wie ein Pferd arbeiten muss, um finanziell überleben zu können. Im nächsten Jahr wirst Du bereits 40ig sein. Ob auch ich noch 40ig werde, weiss ich nicht. Ich nehme es, wie es kommt. (Jedenfalls lieber nur noch 1 oder 2 Jahre „im Glück“, als angepasst, frustriert und unglücklich 65ig oder mehr werden.)

Ich bin froh, hier allein arbeiten zu können. Das ist ein grosses Privileg, das ich um nichts in der Welt missen möchte. [Anmerkung: Ja, da hat Beeler recht.]

Zwischendurch fehlst Du mir. Wobei die Einsamkeit durchaus erträglich ist. Hundertmilliardenmal lieber allein als irgend etwas zu tun haben müssen mit den heutigen Durchschnittsbescheuerten… (Musste soeben spontan daran denken, dass Stöcklin in Eurem Haus wohnt. Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa-aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahhhhhhhhhh…!!!!!!!!!!!!!)

Von menschlich verkümmerten S.’s, die einzig und allein dem Geld nachrennen und für die das Wort Lebensqualität ein Fremdwort ist, wimmelt es mehr und mehr. Zum Glück gibt’s noch Fernsehen. Die Commedy-Serie „Frasier“ auf SAT-1 eignet sich hervorragend zum Entspannen und Freude haben. [Anmerkung: Eine hervorragende therapeutische Wirkung hat auch Seinfeld. Humor ist für die Psyche die beste Therapie.].

Sollte mir irgendwer in den nächsten Monaten ein paar Millionen vermachen, dann lasse ich Dich per SWISSAIR-Sonderflug in Neuseeland abholen. In Kloten Begrüssung durch den neuen SAir-Verwaltungsratspräsident (Super)Mario Corti. [Anmerkung: „Super-Mario“ war nur kurze Zeit im Amt. Da sieht man nur, wie alles schnelllebig ist.] In Schwyz fährt in der Herrengasse die Feldmusik auf (mit dem dicken Herrn Schuler von der KB…). Auf dem Hauptplatz zur Begrüssung zusätzlich eine israelische Delegation mit dem alten Herrn Becker: „I’m very, very happy to meet you, Mr. Engelbrecht, here in Schwyz…“ Anschliessendes Festessen mit Uzi Ben Shalom, Arik Becker und mir, Uri Ben Shalom…

„I wish you all the best!!“

Mit herzlichen Grüssen
Urs

 

Schwyz, den 9.6.01

 

Lieber Bert

1. Möglichkeit
„Fr. 10’000.– zum Ersten, zum Zweiten uuuund zum Dritteeen…“ hört man bei der Versteigerung rufen. [Anmerkung: Beeler kann froh sein, wenn sich sein Galgenhumor nicht noch bewahrheitet.] Quietschende Reifen eines Taxis, das einen Stopp reisst. Eine hintere Autotüre, die aufgeht, noch bevor der Wagen steht. „Haaaallllt, neiiiiiin!!!“ Vater Engelbrecht konnte das Unglaubliche nicht verhindern: soeben kam sein bekanntes Wilhelm-Busch-Buch für Fr. 10’000.– unter den Hammer! Anlass ist die Pfändung meiner Liegenschaft an der K. inklusive aller Gegenstände. 20’000 Flugkilometer umsonst – das Buch ist weg. Einfach so. Eine Minute später, und es hätte noch gerettet werden können.

2. Möglichkeit
Ich habe die Versteigerung der Liegenschaft psychisch nicht mehr ertragen, habe Selbstmord gemacht und liege nun im Friedhof zu Schwyz. Mein letzter Wille: dass das berühmte Wilhelm-Busch-Buch als Grabbeigabe in meinen Sarg mitgelegt wird. Vater Engelbrecht, besessen davon, dieses – sein – Buch zurückzubekommen, koste es, was es wolle. Riesengrosse „Bote“-Schlagzeile auf der Rückseite „Grab von Urs Beeler geschändet! Nicht einmal nach seinem tragischen Tod kommt der Schwyzer Autor, Journalist und Verleger zur Ruhe. Unbekannte haben in der Nacht auf den Sonntag Beelers Sarg ausgegraben und diesen gewaltsam geöffnet. Der Leichnam blieb dabei unversehrt. Offenbar hatten es der oder die Täter auf ein Buch abgesehen, dass der Verstorbene in seinem Testament als Grabbeigabe gewünscht hatte. Um was für ein geheimnisvolles Werk es sich dabei handelt, ist der Presse nicht bekannt. Vielleicht dürfte es sich um ein bisher unveröffentlichtes Manuskript Beelers handeln, das er mit in den Tod nehmen wollte. Der wissenschaftliche Dienst der Kantonspolizei Zürich ist mit der Aufklärung des mysteriösen Falls beauftragt worden.“
Schnitt. Der Kinobesucher sieht einen zufriedenen Vater Engelbrecht im 1. Klass-Abteil einer Boeing 747 der Singapur Airlines Richtung Neuseeland fliegen. Zwischen seinen Knien eine teure Ledermappe. Noch kostbarer deren Inhalt: ein Buch von Wilhelm Busch!
Im Ernst: dieses Buch existiert gar nicht, existierte nie – jedenfalls nicht bei mir. Was ich habe, ist ein Buch „Lachende Welt“, „Das Buch Otto“, ein Taschenbuch von Kishon („Hausapotheke für Gesunde“) und ein Buch über „Vollwertkost“. That’s it. Ein Buch von Wilhelm Busch does not exist! Von mir aus kann Vater Engelbrecht eine behördliche Hausdurchsuchung veranlassen – dieses Buch findet er nicht!

3. Szene:
Ich auf einem Folterstuhl. Ein ehemaliger Sowjetarzt, der mir ein „Wahrheitsserum“ verpasst. Ich im künstlichen Trancezustand: „Ich besitze kein Wilhelm-Busch-Buch.“ – Dein Vater energisch zum Arzt: „Er lügt, das Buch muss hier sein. Spritzen Sie ihm mehr von dem Stoff!!!“ – Der Arzt: „Ich darf nicht mehr…“ – „Tun Sie’s…“ – „Nein!“ – „Dann geben Sie mir die Spritze!!“ – Handgemenge… Schlussszene: ich kippe tot vom Stuhl. Dein Vater zum Arzt: „Da haben Sie’s. Ich mache S i e dafür verantwortlich!“

4. Szene:
Das Buch könnte auch bei M. und K. im xy sein. Beide müssen vor Gericht. Der Richter: „Können Sie unter Eid beschwören, dass Sie das Buch nicht haben?“ – „Wir haben es nicht!“

5. Wichtigstes Argument
Ich stehe nicht auf Wilhelm Busch! Dieser Autor bedeutet mir nichts. Ich habe keinen Bezug zu ihm. Selbst wenn ich Kleptomane wäre, würde ich nicht ein Buch von Wilhelm Busch klauen!

6. Szene
Vater Engelbrecht fliegt mit mir – ich mit tödlicher Flugangst in der billigsten Abteilung – extra zu einem Lügendetektor-Test in die USA. Nach einem ersten erfolglosen Test folgt ein zweiter, dritter, etc. Nach dem zehnten Test schaltet sich Amnesty International ein. Dein Vater fliegt frustriert nach Neuseeland. Ich bleibe allein in den USA zurück… („Selber schuld!“)

Nun zu den vorhandenen Büchern: Ehrlich, sie sind Schrott! Ich wollte sie fortwerfen, aber da sie Eigentum der Familie Engelbrecht sind, habe ich sie im grossen Gang unten parat gemacht. Wenn also Jörg oder Dein Vater einmal in die Schweiz kommen, können sie die Bücher mitnehmen (was sie jedoch, wenn sie sie gesehen haben, kaum tun werden). Wie gesagt: diese Bücher sind nichts! Käse! Ich würde sie fortwerfen. Du weisst, dass ich alles (auch Fremdes) aufbewahre, wenn es irgendwie Sinn macht oder Wert hat. Aber diese Bücher sind nichts. Es wäre dasselbe, wie wenn ich wertloses Altpapier nach Neuseeland schicken und dieses dann dort zur Sammelstelle gebracht würde. (Sorry für den Vergleich, aber er stimmt irgendwie.)

Die Bücher haben seit 1990/91 (?) ungebraucht in meinem Schlafzimmer-Schrank gelegen. Später wanderten sie in den Stuben-Schrank. Von dort hinunter in den Gang. Keine Angst: sie sind unversehrt. Ich hätte sie Dir schon vor 10 Jahren zurückgeben sollen. Mein Fehler. Wobei: Dann hätte die ganze Saga über die geheimnisumwitterten Wilhelm-Busch-Bücher niemals entstehen können… „Stern“-Schlagzeile: „Sensationsfund in der Schweiz: Bisher noch nie veröffentlichte Manuskripte vom Wilhelm Busch in Schwyz (Schweiz) gefunden!“ – „Die Suche eines in Neuseeland lebenden Deutschen hat sich gelohnt. Nach mehr als über 10 Jahre lang hartnäckig geführten Recherchen ist ein als verschollen gegoltenes Spätwerk des bekannten deutschen Kinderbuchautors Wilhelm Busch in der Schweiz entdeckt worden. Der Fund hat in Europa eine regelrechte Wilhelm-Busch-Manie ausgelöst…“

„Blick“: „Ein Neuseeländer will nun die neu gefundenen Wilhelm-Busch-Bücher vermarkten. Zu früh gefreut. Jetzt machen die USA Rechtsansprüche geltend: George W. Bush, ein Nachkomme des bekannten deutschen Kinderbuchautors Wilhelm Busch, will die Rechte für sich. Wie der US-Präsident erklärt, werde seine Regierung alles unternehmen, dass die Bücher seiner Familie zugesprochen würden.“

„Bild“: „Seit Ur-Ur-Opas Bücher wieder da sind, saufen die Bush-Töchter nicht mehr…“

Da höre ich eine Stimme, die mich warnt: „Hören Sie doch endlich auf, so doofe Märchen über Wilhelm Busch zu erzählen!“ – Sorry!

[Anmerkung: Als Jörg Engelbrecht in der Schweiz war, brachte Urs Beeler sie zur Transtronic nach Ingenbohl-Brunnen, von wo sie Jörg hätte nach Neuseeland mitnehmen sollen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Die sagenumwobenen Bücher wurden von Jörg bei Hubert Helbling, Chef KIGA, Rickenbach, deponiert. Eine Ende der Wilhelm-Busch-Geschichte ist also noch nicht in Sicht…]

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Themenwechsel: Ein neues Haus, wenn es tipptopp ist, ist schon eine ganze tolle Sache. Gratulation! Ich weiss das von meiner Coiffeuse C., die selber ein neues Haus in S. hat. Das macht Spass! Also: Geniesse! Ich hoffe, dass Du Bilder schickst (vor allem auch von innen).

Ein kleineres Haus als die Festung wäre für mich einfacher. Umgekehrt findet man hier in der Umgebung nichts Schlaues. Und der Ärger bei einem Neubau mit den Handwerkern! [Anmerkung: Ein Haus autonom ohne die Schwyzer Baumafia zu erstellen, ist tatsächlich nicht einfach…] Vor allem: Wo sollte der Standort sein? Ich staune, wie Du immer nur Positives von Neuseeland schreibst.

„I wish you all the best!!“

Mit herzlichen Grüssen
Urs

 

PS: Neben den Wilhelm-Busch-Büchern (die in Wirklichkeit keine sind, sondern von Otto, Kishon etc.), habe ich noch 1 altes Ionotron-Gerät. Ich höre schon Vater Engelbrecht rufen: „Und hier steht ja sogar noch Berts Orgon-Akkumulator!“ – Tatsächlich. Von dem gehört Dir (nicht Vater Engelbrecht) die Hälfte. Im Ernst: Ich habe mir schon überlegt, den Kasten zu verkaufen. Selbstverständlich bekommst du die Hälfte des Geldes, weil Du damals die Hälfte beigesteuert hast. Was schlägst Du als Occasions-VP vor?

Noch ein Witz zum Schluss: Frägt ein neuseeländischer Reporter : „Kennen Sie den Schweizer Urs Beeler?“ – „Ja, das ist doch der mit den Wilhelm-Busch-Büchern…“

Und die Legende lebt weiter. Im Jahre 2010 bei einem Quiz: „Was sagt Ihnen der Name Urs Beeler?“ – „Hat der nicht ‚Max und Moritz‘ geschrieben…?“

 

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