Inserat

Inserat

Im Land der Viktoriafälle

Von Urs von Schröder

Zuerst, Kilometer entfernt, ist nur ein hundert Meter hoher Dunstvorhang zu sehen. Dann erreicht uns der dumpfe Donner, und plötzlich stehen wir – überwältigt wie Dr. Livingstone im Jahre 1855 – vor ihm: einem der atemberaubendsten Naturschauspiele der Welt. Auf einer Breite von anderthalb Kilometer stürzen jede Minute Millionen von Litern Wasser in den Schlund eines Canyons. Der „donnernde Rauch“ der Viktoriafälle ist Höhepunkt einer Reise nach Zimbabwe.
Die Viktoriafälle befinden sich etwa in der Mitte des 2’700 Kilometer langen Sambesi-Stromes, der hier die Grenze zu Sambia bildet. Überdacht durch majestätische Baobabbäume, inmitten einer intakten grünen Natur, sind sie von eindrücklicher Schönheit. Tosend entschwindet der vorher oft mehrere Kilometer breite Fluss in einer tiefen Schlucht, die ihn erst hundert Kilometer weiter wieder in Freiheit entlässt. Diese Schlucht, an Wildheit kaum zu übertreffen, ist der Traum jedes Riverrafters und keine Sache für schwache Nerven. Nicht das einzige Abenteuer, das Zimbabwe Touristen zu bieten hat.

Zwischen Nilpferden und Krokodilen
Braungebrannt, drahtig, Buschmesser umgehängt, Schlapphut – so sieht Dave aus. Seine Instruktion ist markig: „Das Risiko unserer Fahrt ist fast null, doch der Sambesi ist nicht der Rhein. Macht einen weiten Bogen um die Nilpferde – die greifen an. Hängt ja die Arme nicht ins Wasser – Krokodile sind oft nicht zu sehen. Dagegen sind die Elefanten am Ufer harmlos. Hält euch in den Stromschnellen genau an meine Anweisungen und rudert, was das Zeug hält!“
Mit einem mulmigen Gefühl im Magen stechen wir ins Wasser, um mit dem Kajak eine winzige Strecke des viertgrössten Stromes Afrikas in Angriff zu nehmen. Die Fahrt durch die Wildnis wird zum überwältigenden Erlebnis. Nur ein Aspekt eines faszinierenden Landes.

50’000 Quadratkilometer Naturschutzgebiet
Zimbabwe – das frühere Rhodesien – offenbart sich als Land grosser Gegensätze. Moderne Städte wie Harare oder Bulawayo kontrastieren mit traditionellen Runddörfern. Feuchtes Tiefland, wo Zuckerrohr und Früchte geradezu explodieren, gehen in fruchtbare Hochländer über, wo Tee und Kaffee wächst. Wilde Berggebiete, unendliche Savannen, Wüsten und Urwälder runden die Palette ab. Die spektakulären Landschaften mit einer reichen Flora und Fauna sind über weite Strecken noch so unberührt wie vor Millionen von Jahren, als die Bantus dieses Gebiet zu bevölkern begannen.
Als einer der jüngsten Staaten, seine Unabhängigkeit wurde erst 1980 besiegelt, kämpft Zimbabwe zwar mit grossen Problemen, hat aber den Weg zur Stabilität gefunden. Seine wirtschaftliche Grundlage sind die reichen Bodenschätze und seine Getreideproduktion.

Eine Hauptstadt, die nicht schläft…
Harare heisst „Einer, der nicht schläft“. Und schlafen tut es tatsächlich nicht. Auf den ersten Blick wirkt diese Kapitale von der Grösse Zürichs wie eine grosszügig angelegte europäische Stadt. Obwohl Jaccarandabäume und Bougainvilleas die breiten Strassen säumen, nirgends – auch in den Wohnquartieren mit ihren farbigen Märkten – sind die Spuren des früheren englischen Einflusses zu übersehen. Überraschend die grosse Sauberkeit, die im ganzen Lande eine wichtige Rolle spielt und zum Stolz der Nation gehört.
Zwar begegnet man auch in Harare Strassendieben, doch im allgemeinen kann man sich sicher bewegen. Die einstigen Spannungen sind verschwunden, und die friedliche Koexistenz zwischen den schwarzen und weissen Bevölkerungsgruppen hat sich eingependelt. Der Gast wird äusserst nett und zuvorkommend behandelt. „Titambire“ – das Wort für Willkommen – ist der Schlüssel zu diesem Land.

Land mit 50’000 Elefanten
Aufgeregt stürzt eine Dame in die Bar der Lodge. „Direkt neben dem Eingang des Hauses schüttelt ein Elefant einen Baum!“ ruft sie in die Runde. Nichts Ungewöhnliches im Hwange-Nationalpark, dem grössten des Landes mit seinen 50’000 Elefanten. Tag und Nacht promenieren hier ganze Herden dieser Dickhäuter vorbei. Und ebenso alltäglich in diesem Park sind Büffel, Giraffen, Zebras, Antilopen, Löwen oder Leoparden. Nur das Nashorn ist seltener geworden. Die Regierung unternimmt grosse Anstrengungen, der Wilderei Herr zu werden und diese Spezies am Leben zu erhalten.

Direktflug mit der Swissair
Eine hervorragende Infrastruktur macht das Reisen in diesem Lande, das die Swissair mit Direktflügen bedient, zum Vergnügen. Gute Strassen verbinden die wichtigsten Zentren, so dass man – allerdings auf der linken Seite – problemlos selber fahren kann. 3’300 Kilometer Bahnspur ermöglichen auch das Reisen auf der Schiene.

Neue Grenzen
In Zimbabwe, noch unverdorben durch den Massentourismus, findet der Naturliebhaber noch jenen afrikanischen Überschwang, jene Prise Ursprünglichkeit, jene Würze Abenteuer, welche andernorts bereits verblasst sind. Es ist überreich an Stoff, die Legenden nähren. Auch hundert Jahre nach Livingstone.

Praktische Tipps
Reise: Von der Schweiz aus mit Swissair. Die Viktoriafälle sind auch direkt ab Johannesburg mit dem Flugzeug erreichbar.
Visa: Für Schweizer Touristen nicht erforderlich. Pass muss 6 Monate gültig sein.
Sprache: Schona, Sindebele, Englisch.
Klima: Im Sommer (Oktober – März): 25-30°, im Winter (April – September): 15-20°. Die Extremtemperaturen können beträchtlich nach oben und unten variieren. Der Winter ist Trockenzeit und am geeignetsten für Safaris. Beste Zeit für Viktoriafälle: Februar – Mai.

 

[Anmerkung der Redaktion: Sollten Angaben in diesem Artikel aus Heft 10/93 nicht mehr zutreffen, bitten wir Sie, uns dies mitzuteilen. Zum voraus vielen Dank!]

 

Reisen

Inserat

Inserat