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Ein klarer Standpunkt ist notwendig

Von Nationalrat Christoph Blocher

Die gegenwärtige politische Situation in der ganzen Welt ist geprägt durch täglich sich ereignende Veränderungen. Politiker sprechen von einem Umbruch. Tatsächlich wissen wir nicht, was morgen, was übermorgen geschieht. Wir wissen nicht, welche Entwicklung die Europäische Union nimmt. Die Gegenwart ist geprägt von ständigem Wechsel, von unberechenbaren Entwicklungen. Es gibt einen Führungsgrundsatz, wonach in einer Zeit ständiger Wechsel möglichst keine irreversiblen Entscheide getroffen werden dürfen. Dafür soll man, wenn immer möglich, an den bewährten Grundsätzen festhalten. Das gilt für Unternehmen in Krisensituationen, das gilt aber auch für Staaten in Zeiten unberechenbarer Umbrüche.
Es besteht überhaupt kein Anlass, gegenwärtig die Neutralität in Zweifel zu ziehen. Die Frage der Neutralität ist überhaupt nicht gestellt, sie ist in keiner Art und Weise dringend.
Die Neutralität ist hervorgewachsen aus den politischen Entwicklungen im 16. Jahrhundert. Marignano heisst der wichtigste Meilenstein. In der entscheidenden Schlacht von Marignano, die für die Eidgenossenschaft mit einer schweren Niederlage geendet hat, ist den Schweizern die Grenze des Grossmachtdenkens bewusst geworden. In den Dokumenten des Wiener Kongresses wurde die Neutralität juristisch verankert. Die Neutralität hat der Schweiz wesentliche Dienste geleistet in diesem Jahrhundert. Dank der Neutralität haben wir zwei Weltkriege gut überlebt.
Die Neutralität war nicht an jedem Tag und in jedem Monat von gleicher Aktualität. Wesentlich war, dass die Neutralität als politisches Prinzip bestanden hat, dass sie jederzeit glaubwürdig war, weil die Schweiz sich immer, zu allen Zeiten daran gehalten hat, weil sie immer daran festhielt. Das hat der schweizerischen Neutralität die internationale Respektierung verschafft.
Jetzt aber kommen Politiker, die glauben, weil 1989 in Berlin die Mauer gefallen sei und es in Europa in absehbarer Zeit wahrscheinlich keinen Krieg geben werden, müsse die Neutralität „überdacht“ werden. Eine engstirnigere politische Perspektive als diese Aussage ist kaum mehr denkbar. Man kann doch nicht plötzlich daherkommen und sagen, die Neutralität gelte „im Prinzip“ schon noch, nur für Europa brauche sie nicht mehr angewendet zu werden, für die Welt ausserhalb Europas würde sie aber von Fall zu Fall noch angewendet.
Wer seine eigene Politik und die ihr zugrunde liegenden Prinzipien derart in Frage stellt, der schadet dem Land. Solch unüberdachte bundesrätliche Politik muss grosse Besorgnis auslösen.


EU/EWR

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