Fast ganz Schwyz trauert (eine Satire)
Urs Beeler ist tot. Alle ist schnell gegangen. Vier gestandene Schwyzer Gewerbler – Josef Gasser (Heizung – Sanitär), Josef Gasser (Elektro), Eugen Weber (Metallbau) und Marcel Weber (Eisenwaren) tragen den schweren Sarg. Alles, was in Schwyz irgendwie prominent ist, sei es aus Wirtschaft, Politik oder Behörde, ist im Friedhof Bifang zugegen. Am Mikrophon neben dem Sarg hat sich Gewerbesekretär Alois Kessler eingerichtet. Man hört Klopfgeräusche über die Lautsprecher, leichtes Husten/Räuspern mit starkem Hall und einen aufdringlichen Pfeifton, der dann aber rasch abnimmt. Kessler begrüsst die Anwesenden und betont in der Einleitung, dass er mit Dr. Erwin Kessler (Tierschützer) weder verwandt noch verschwägert sei.
Gewerbesekretär hält Grabrede
Mit dem Tod von Urs Beeler sei „ein grosser Freund des Schwyzer Gewerbes von uns gegangen“, führt der Gewerbesekretär aus. Währenddem Kessler mit grossem Pathos weiter redet, kursiert unter den anwesenden Trauergästen die Frage, wo denn der Priester, der für die Beerdigung bestimmt sei, stecke. Niemand weiss eine Antwort. Indessen redet Kessler mit grossen Worten weiter, beschreibt Beeler als „Vollblutunternehmer“ und „feste Stütze des Schwyzer Gewerbes“.
Drei laute Salutschüsse ertönen ob dem Friedhof in der Allerheiligen. Mitglieder der Schwyzer Güdelzyschtigsgesellschaft haben es sich nicht nehmen lassen, bei Beelers Beerdigung ihre Aufwartung zu machen. („Was für Arschlöcher!“ denke ich mir.)
Ist eine Lücke entstanden?
Von weitem beobachtet der Schwyzer Spitalgärtner die Szenerie: „Beeler ist tot. Darf ich jetzt wieder Grünabfälle verbrennen?“ Spitalverwaltungsdirektor Thomas Aeschmann, der zufällig neben ihm steht, zischt ihn an: „Seien Sie doch bloss ruhig. Wollen Sie nochmals Ärger?“
Szene zurück im Friedhof: Der Schwyzer Gewerbesekretär Alois Kessler ist mit seiner Trauerrede fertig. Die Trauergäste machen sich bereit, sich von Urs Beeler, der im Sarg liegt, zu verabschieden. Bereits die ersten Erdstücke prasseln auf den schönen, massiven Nussbaum-Holzsarg nieder.
Ergreifende Szenen spielen sich ab. Bei Frau Vreni Schmidlin, Steinen, die als hartgesottene Geschäftsfrau bekannt ist, sieht man, wie hinter den stark verdunkelten Sonnenbrille Tränen hinunterlaufen. Hansruedi von Euw, Fahrlehrer, Ibach und Berufskollege Suter aus Sattel, lassen ihren Emotionen ebenfalls freien Lauf. Ebenso Garagier Dominik Inderbitzin, Maler Norbert Micheletto und Hans Dettling, Holzbau, Brunnen.
Tobias Jöhl, Kunstschlosser, Brunnen, meint zu seinem Freund Kürschner Thomas Werner, Schwyz, es nähme ihn schon wunder, was dieser Beeler noch so alles geschrieben habe und er werde es im Internet nachlesen. „Wird auch langsam Zeit…“, meint dazu Tierschützer Erwin Kessler, der sich zufälligerweise als Trauergast direkt hinter Jöhl und Werner befindet.
Interesse
Ja, es ist wirklich interessant, was da alles für Leute an Beelers Beerdigung aufgefahren sind. Neugierig deshalb ist auch Frau Marie Sinz an der Grundstrasse 38. Mit ihrem Fernglas beobachtet sie aus der Entfernung das Geschehen. „So, Marie, jetzt isch de Beeler bi mier im Himmel“, hört sie die helle St. Gallische Stimme ihres verstorbenen Ehemanns Werner.
Ist Beeler wirklich tot?
„Kennst Du den Mann dort beim Sarg?“ fragt eine Schwyzerin ihren Mann. Er: „Du, ich glaub, das ist der Flumroc-Direktor Kurt Köhl.“ Tatsächlich, auch er, der seit über fünf Jahren schärfste Feind von Beeler ist zur Beerdigung gekommen.
„Ist Beeler auch wirklich tot?“, fragen Köhl, ein Vertreter des Glaswolleherstellers Isover sowie Zimmermann Felix von Rickenbach vorne beim Sarg. Die dort Anwesenden nicken. Plötzlich hört Köhl eine Stimme: „Verflucht seid ihr Glas- und Steinwollehersteller!“ – „Beeler lebt, ich habe ihn ganz laut gehört“, ruft der Flumroc-Direktor in Panik. Und: „Er hat zu mir gesprochen!“ (Über)Eifrige Trauergäste: „Dieser Mann hört Stimmen. Ruft sofort Dr. Riek…“
Die Schwyzer Behörden meinen es ja nur gut…
Der Fürsorgesekretär der Gemeinde Schwyz: „Sozialpsychiatrischer Dienst Goldau…“ – „Nein“, wendet ein Frau der Fürsorgebehörde der Gemeinde Schwyz (CVP-Mitglied) ein: „Du meinst es gut, Carlo. Aber dieser Fall ist akut…“
Da Vertreter der Schwyzer Medizin, Justiz und Vormundschaftsbehörde vor Ort sind, nehmen sie den Fall gleich selber in die Hand und veranlassen eine „genaue medizinische Abklärung“. Noch während die Beerdigung läuft, sieht man, wie ein Fahrzeug der Eichhorn Transportdienste AG mit Herrn Köhl an Bord diskret den Friedhof Schwyz mit Fahrziel Oberwil/ZG verlässt… „Soweit hättet ihr wirklich nicht gehen müssen!“ denke ich mir.
Interessierte Trauergäste
„Du, isch das nid de Schuelerli det ännä?“ frägt Frau Nideröst, Heizung-Sanitär, Ibach, ihren Ehemann Hermann. Tatsächlich: Es ist Mythen-Center Manager Markus Schuler, der im Auftrag von René Camenzind an Beelers Beerdigung ist, um ebenfalls festzustellen, ob dieser tatsächlich tot ist. Schuler, mit Anzug, Kravatte und dunkler Sonnenbrille sieht aus wie ein echter Spion vom Geheimdienst. Dass es sich um „Center-Schuler“ handeln muss, daran besteht kein Zweifel: auf dem Friedhof-Parkplatz steht ein dunkler PW mit den Schwyzer Kontrollschildern SZ 1605.
Nicht sicher, ob Beeler tatsächlich tot ist, ist auch Renate Odoni-Sinz (jüngere Tochter von Frau Marie Sinz-Föhn Grundstrasse 38). „De Beeler läbt! De verarscht üs doch!“ sagt sie in ihrer energischen, lauten und unverkennbaren Art zu ihrer älteren Schwester Irene. „Psssstt!“ ermahnen sie darauf Besucher der Trauerfeier.
Inzwischen ist auch Dr. Riek bei der Trauergemeinde eingetroffen und frägt, welche Person unter den Besuchern denn glaube, dass Beeler immer noch lebe. „Die Frau da drüben“, deuten Friedhofbesucher auf Renate. Zwischen Renate und Dr. Riek entwickelt sich eine heftige verbale Auseinandersetzung, die in Dr. Rieks medizinischer Diagnose endet: „Sie sind ja nicht normal…“
Auch Heuchler sind vor Ort
An meiner Beerdigung haben sich auch unzählige Heuchler eingefunden.
Ein Kranz z.B. von Möbel SOS. Eine neue Art von Werbung? „Der hätte auch gescheiter seine Rechnung bezahlt“, denke ich mir. Höchst erstaunt über den SOS-Kranz ist auch Louis Suter, Aussendienstmitarbeiter bei der Abegg Bürotechnik AG.
Etwas auffällig ebenso ein Kranz von Betschart Steil- und Flachbedachungen, Illgau, sowie Ernst Betschart, Illgau. Beides seit Jahren erbitterte und frustrierte Feinde der Mythen-Post. Was soll das? Furchtbar, was da an rückgratlosen, verdrehten Schwyzer und anderen Gewerblern an meiner Beerdigung aufgekreuzt ist! Das Sargholz ächzt.
Beeler möchte „aufräumen“…
„Ich kenne nach Jahren fast jeden dieser Gewerbler so genau, dass ich einem jeden so richtig den Kopf waschen möchte“, denke ich mir. „Tun Sie es doch“, sagt mir die Stimme eines Schwyzer Untersuchungsrichters, der mich zwar zu Lebzeiten angeklagt hat, aber den ich als Mensch persönlich schätze, „Sie sind tot, Sie können strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden.“
„Möge euch – Ihr Schwyzer Boykotteure und Hösis an meiner Beerdigung – alle der Blitz treffen!“ denke ich im Zorn. Aber wozu noch zornig sein. Ich bin ja tot. Was soll ich mich über Schwyzer Heuchler und Hosenscheisser noch aufregen?
War es die Aufregung, die zu meinem frühzeitigen Tod führte?
„Typisch Beeler“
Auch mit meiner Grabstelle bin ich nicht zufrieden. Auf dem rechten Nachbargrab ein Riesen-Metall-Monument. Grabgestaltung ja, aber nicht so entsetzlich! Habe ich nicht einmal als Toter meine Ruhe? Hätte ich dies nach all den Jahren hartem Kampf nicht verdient?
Nicht alle trauern
An der Beerdigung ist auch Frau Martha Treichler aus Ibach anwesend, die bis heute nicht verziehen hat, dass Beeler ihren verstorbenen Onkel wegen der (mit)verursachten Katastrophen-Glaswolle-Isolation von Zimmermann von Rickenbach kritisiert hat. Auch Frau Enz, Bäckerei, Ibach, meint, (aber nur zu nahe Bekannten) Beeler sei „ein Schreck für das Schwyzer Gewerbe“ gewesen. Zustimmung aus dem Gewerbe-Lager aus Steinen ist ihr gewiss. Hans Kaufmann, Innendekorateur meint, er habe Beeler schon seit Jahren nicht mehr verstanden und sowohl seiner Tochter wie dem Sohn gesagt, sie sollen nicht mehr in der Mythen-Post inserieren. Das sei besser so!
Alt Polizei-Oberleutnant Hans Kessler, Ibach, meint, so, wie der Beeler geschrieben habe, hätte man ihn vorher verhaften müssen. Nicht ganz so drastisch, aber in ein ähnliches Horn stösst auch Sohn und Garagier Jürg Kessler, Ibach. Erwin Kessler und Urs Beeler seien einfach „viel zu extrem“ gewesen. Hans Kessler: „Du, Jürg, ist das da drüben nicht unser Namensvetter, der Tierschützer Kessler?“ – „Ja, ich glaub, das ist er.“ – „Warum läuft der eigentlich immer noch frei herum und ist nicht in der Kiste?“
Spekulationen
Selbstverständlich wird auch darüber diskutiert, weshalb Urs Beeler gestorben ist. Manche vermuten, Beeler habe „psychische Probleme“ gehabt. „So radikal, wie der war, kann man gar nicht leben“, meinen andere. (Existenz-Theorie) (Nein, ich hatte von Euch Deppen einfach die Nase voll!)
Gerüchteweise heisst es, die KMF-Mafia habe zu ihrem eigenen Schutz einen Profi-Killer engagiert und Beeler umbringen lassen.
Dazu meint Bauleiter Norbert Pfyl (Alter 43 oder Jg. 43?), Architekturbüro Pfyl & Söhne, Ibach, Beeler habe schon immer einen Hang zum Märtyrertum gehabt.
Edy und André Brugger aus Schwyz sind überzeugte Anhänger der Selbstmord-Theorie und meinen deshalb: „De huerä Dubel…“ (Diese Bruggersche Aussage ist keineswegs böse gemeint, sondern einfach emotional; beide lehnen Suizid als Lösung ab. Ausserdem haben sie Mühe, in der Öffentlichkeit Gefühle zu zeigen.)
Auch Ivo Tschümperlin, Schwyz, sagt: „Grossdädi hat sich umgebracht.“
Bei den ehemaligen internen Alt-Kollegianern heisst es: „‚Der Panzer‘ ist tot.“
Quengeleien am Rande
Der Auftrag für die Produktion der „Toten-Helgeli“ geht nicht an Hans Rothenfluh (Gegner der Mythen-Post aus Anpassung), Brunnen, und auch nicht direkt an Markus Steiner, Schwyz, sondern an Remo Palucci. Beeler legt testamentarisch fest, dass Remo Palucci die Leidbildchen auf der neuen Kodak-Sofort-Entwicklungsmaschine von Photostudio Steiner, Schwyz, entwickelt. Markus Steiner ist von dieser – wie er sagt – „Furzidee“ zuerst gar nicht begeistert, aber aus Respekt vor dem Wunsch des Verstorbenen willigt er – zwar etwas widerwillig – ein. Die Totenbildchen kommen in hervorragender Qualität heraus, so, wie ich es von Remo Palucci gewohnt bin.
Remo Palucci erscheint – trotz Foto-Auftrag – jedoch nicht auf Beelers Beerdigung. Schon zu Lebzeiten war abgemacht: „Du weisch, dass ich einisch nid a Dini Beärdigung chumä!“
Welches war die tatsächliche Todesursache?
Weiter kursiert, Beeler hätte eine mehrjährige Gefängnisstrafe wegen „unlauterem Wettbewerb“ antreten müssen, deshalb habe er sich dem Zugriff durch die Behörden mittels Selbstmord entzogen. (Der Schwindel und der Betrug, den die KMF- und andere Produzenten heutzutage betreiben, kommt erst in vielen Jahren an die Öffentlichkeit.)
Wieder andere behaupten, die jahrelangen Prozesse mit Isover, Flumroc, Sager, Held etc. hätten ihn zermürbt. Er sei lieber in den Tod gegangen, als gegen diese Firmen und „den korrupten Staat“ einen Niederlage einzustecken.
Wieder andere meinen, Beeler habe finanzielle Probleme gehabt. Tatsächlich befinden sich an der Beerdigung auffallend viele Abgesandte der Schwyzer Kantonalbank. Allen voran Karl Andreas Schuler, Franz-Peter Steiner, Paul Schelbert, Hans Kälin, Walter Inderbitzin, Rolf Bolfing usw. Von denen jedoch ist offiziell nichts zu erfahren, die schweigen wie die Gräber. Höchstens alte SKB-Pensionäre, die seit 10 oder mehr nicht mehr auf der KB arbeiten, wissen – trotz Bankgeheimnis – Bescheid. Doch auch sie schweigen wie die Gräber…
Lokalprominenz
Alt-Direktionspräsident Franz Beeler ist selbstverständlich auch – mehr aus Neugier – an der Beerdigung. Irgendwie scheint er aber erleichtert zu sein. Denn jahrelang litt er emotional unter den revolutionären Eskapaden seines Namensvetters. Jetzt ist wieder Ruhe im Dorf.
Auch Dr. Hugo Triner, „Bote“-Verleger, fehlt nicht an Beelers Beerdigung. Die Schwyzer Trauergäste interpretieren dies als „Versöhnungsgeste“. In Wirklichkeit möchte Triner aber nur seinen alten Schulkameraden Peter Beeler (Bruder von Urs Beeler) wieder einmal sehen. (Urs Beeler hat in seinem Testament ausdrücklich festgelegt, dass keine Todesanzeige im „Boten“ erscheinen dürfe. Die Todesanzeigen seien erstens viel zu teuer und zweitens habe er kein Vertrauen in die „Bote“-Setzerei). Dr. Triner ist brüskiert und beklagt sich, statt eine Todesanzeige zu bekommen, habe der Tote – Urs Beeler – sogar noch in seinem Testament „mehrfachen unlauteren Wettbewerb“ gegen den „Bote der Urschweiz“ begangen. „Tut uns leid, aber wir können gegen Herrn Beeler nicht mehr ermitteln, da dieser ja nicht mehr unter den Lebenden weilt“, kommt vom Bezirksamt Schwyz als Antwort.
Auch Isover, Flumroc, Sager, Held, die tausende von Franken in Anwälte resp. Prozesse gegen Beeler investiert haben, stehen irgendwie dumm da. Urs Beelers Nachlassverwalterin gibt bekannt, sie werde demnächst bisher unveröffentlichtes Material von Beeler veröffentlichen. Was zu Lebzeiten nicht mehr gelingt, passiert nach dem Tod: der Untergang der KMF-Industrie.
Markus Steiner: „Ich habe es schon immer gewusst!“
Auf dem Weg vom Friedhof Schwyz zur Pfarrkirche St. Martin, hört man Markus Steiner, Photostudio Steiner, Schwyz, dass „er es schon immer gewusst habe“, dass es mit Beeler eines Tages noch so herauskomme. Andy Scherrer, Scherrer Textil, Schwyz, pflichtet dem bei und meint, Beeler habe „verrückte Ideen“ vertreten. Man habe ihn gar nicht mehr ernst nehmen können. (Wenn man Beeler nicht ernst nehmen konnte, wieso habt ihr euch dann so aufgeregt?)
Kurz: So gehe es halt, wenn sich einer nicht anpasse, meint ein anderer.
Erinnerungen
Zimmermann Christoph Zumbühl, Zumbühl Holzbau, Schwyz, versucht, die ernste Runde mit ein paar lockeren Sprüchen etwas aufzulockern. Schlossermeister Josef Märchy (Alt-CVP-Gemeindepräsident Schwyz und jetziger Kantonsrat) denkt an die gemeinsame Kinder- und Jugendzeit mit Beeler zurück, wie sie auf der Terrasse der alten Brauerei gezeltet haben und vieles mehr.
„Tja, de Beeler“, sinniert auch Peter Abegg, Inhaber der Abegg Bürotechnik AG, Seewen, vieldeutig.
Karl Lindauer, Elektro, Schwyz, meint: Er selbst habe zwar immer eine vorsichtige geistige Distanz zu Beeler gehabt. Wenn man aber richtig überlege, habe der Beeler ja eigentlich schon recht gehabt. (Lieber Kari, wenn man es doch weiss, warum handelt man nicht danach?)
Auch Josef Gasser, Elektro Ibach, meint, Beeler habe eigentlich schon die richtigen Ideen vertreten. (Wenn dem so ist, wieso sind dann Tierquäler-Schweinemäster und Rückständige als Kunden wichtiger?)
Erwin Gantner, Inhaber eines Spielwarengeschäfts in Einsiedeln, sagt, ihn störe Beelers Tod nicht. Er selbst habe sich über Beelers Jagd auf Umweltsünder „selber tödlich aufgeregt“.
Manch einer stimmt den Tod von Urs Beeler doch etwas nachdenklich. Beeler hatte mit seinen Ideen zwar recht – doch das meiste läuft mit Filz und Vetternwirtschaft in Schwyz in gewohntem Stil weiter.
In der Zwischenzeit sind die Trauergäste in der Pfarrkirche St. Martin eingetroffen
Beeler habe in seinem Testament angeordnet, dass sein langjähriger Kampfgefährte, Dr. Erwin Kessler, die Laudatio in der Pfarrkirche Schwyz halte. [Anmerkung der Mythen-Post: Das geschah offensichtlich noch vor Beelers Trennung von Kessler. Denn als er dessen wahres Gesicht erkannte, schrieb er diesen ab.] Dies sei jedoch eine typische Beelersche Provokation, der man unmöglich Folge leisten könne. Ausserdem wisse man nicht, ob Kessler überhaupt getauft sei. Und der Präsident des Kantonal-Schwyzerischen Gewerbeverbandes Alois auf der Maur wendet ein, Kessler habe vor dem Kloster in Einsiedeln demonstriert.
Wer soll die Laudatio halten?
Bruder Peter Beeler schlägt Pfarrer Franz Baumann aus Ibach vor. „Nein, nein – um Himmelswillen! Beeler hatte mit dem nichts am Hut. Der war ihm als Geistlicher viel zu angepasst.“ Ausserdem, so stellt ein Beeler-Nachlass-Forscher später fest, sei Baumann nicht einmal Abonnent/Sponsor der Mythen-Post gewesen, sondern habe die Zeitschrift lediglich gratis gelesen.
„Pfarrer von Euw?“ – „Zu alt. Was soll ein Morschächler in Schwyz? Zudem hat er Beeler nicht gekannt.“
„Mit Don Francesco Bachmann aus Lauerz kam Beeler doch gut aus“, meint ein anderer. „Ja, aber das ist ein Rechtsreligiöser – das geht keinesfalls.“
„Warum nicht Dr. phil. Joseph Bättig? Der ist Theologe“ – Nein, der war nach Beelers Willen viel zu angepasst.
Mit Bruder Peter eine „gute Wahl“
Schliesslich entschliesst die Schwyzer Geistlichkeit, dass Bruder Peter Beeler die Laudatio übernehmen solle. Die meisten Leute finden das gut, weil Peter „einen von ihnen ist“ – auch angepasst. Seinen verstorbenen Bruder Urs verstanden hat er zwar seit Jahrzehnten nicht mehr, aber es gelingt ihm, in der Pfarrkirche Schwyz eine Laudatio zu halten, die beim Publikum ankommt. Klar: als seit Jahren erfolgreicher Verkaufsdirektor der Pick Pay AG versteht er etwas von Marketing. Doch ich persönlich bin verärgert. Es ist nicht nach meinem Geschmack. Peter ist zwar mein Bruder, aber er kapiert es nicht, versteht mich seit Jahren nicht mehr.
Die Musik stimmt
Erstaunlicherweise wird in der Pfarrkirche Schwyz Urs Beelers gewünschte musikalische Umrahmung akzeptiert. Beeler hat in seinem Testament veranlasst, dass die Beschallung für seine Totenfeier extra von Radio/TV Schuler (eine der wenigen Firmen, die Beeler zu Lebzeiten vertraut hatte) übernommen werde. Und die klappt dann auch perfekt. Luciano Pavarotti singt auf dem Höhepunkt seiner sängerischen Karriere „Vento“ – ein Lieblingsstück Beelers. Grossartig! (Aufnahme aus „Pavarotti in Hyde Park“, begleitet von einem Super-Orchester.) Einer von tausend begreift die Musik und sagt zu seiner Banknachbarin: „Das war’s Urs‘ Gefühlswelt!“ Er hat verstanden!
Nach der Messe auf zum Leichenmahl
Auf Beelers ausdrücklichen Wunsch hätte das Leichenmahl „im allerengsten Kreise“ in Muotathal (auch wieder so ein Beelerscher Sonderwunsch!) stattfinden sollen. Aber da Beelers wissenschaftlicher Nachlass nach seinem Tod internationales Aufsehen erregte, wird dieser Anlass zur Gemeinde-Aufgabe.
Gemeinde Schwyz lässt sich nicht lumpen
Der Schwyzer Gemeinderat hat dazu extra Bänke und Tische auf dem Schwyzer Hauptplatz aufstellen lassen – für die zahlreichen auswärtigen Gäste. „Wir machen ein Volksfest für unseren grossen Schwyzer“, lautet die Parole. (Und zu Lebzeiten habe ich von Euch Deppen nicht einmal eine einzige Offert-Anfrage bekommen!!)
Analog: Credit Suisse und UBS wollen extra einen Gedenkbrunnen auf dem unteren Feldli in Schwyz errichten. „Sind die jetzt völlig übergeschnappt?“, denke ich mir, „jahrelang boykottieren und dann ein Gedenkbrunnen!!“ Aber sie hören mich nicht, ich bin ja tot.
Weltliches Geschehen
Auch die Vorbereitungen für mein Leichenmahl sind nicht ohne Streit über die Bühne gegangen. Betreffend Getränke-Lieferung hat die Gemeinde Schwyz Gemeinde-Schwyz-untypisch diesmal Offerten eingeholt. Als günstigste blieben zum Schluss übrig: Küttel’s Getränkemarkt und Getränke Wiget, Brunnen. Obwohl Urs Beeler Daniel Wiget (leider aktuell nicht mehr im Geschäft) den Zuschlag gegeben hätte, geht der Lieferungsauftrag schliesslich an Küttels Getränkemarkt. Wie es heisst, habe Walter Küttel als letztes Mittel den zuständigen Vertreter der Gemeinde Schwyz mit einem Geschenk bestochen (selbstverständlich kommt das in Schwyz nie aus! „Bote“ und „Innerschweizer Anzeiger“ – beide auf Küttel-Inserate angewiesen – schweigen wie die Gräber).
Esther Wiget meint, was da in Schwyz abgelaufen sei, sei „typisch Küttel“. Aber eigentlich mache es ihr nichts aus. Beeler sei ihrer Meinung in den vergangenen Jahren sowieso „viel zu extrem“ gewesen und hätte ihrem Geschäftsimage vielleicht sogar geschadet.
Happy End!
Beim Trauermal auf dem Hauptplatz Schwyz will man mit der Verteilung von Wurst und Brot beginnen. Doch Tierschützer Kessler lässt mit VgT-AktivistInnen den Wurst-Stand besetzen. „An Urs Beelers Leichenmahl werden keine Tierquäler-Produkte verteilt!“ interveniert Kessler.
„De ässid mier halt Brod“, sagt Ruth Schönbächler, langjährige Mitarbeiterin und „Vertraute“ Beelers bei der Druckerei Kürzi in Einsiedeln.
Michael Hetzler, früher ebenfalls Mitarbeiter bei Kürzi und heute bei der Triner AG meint: „Das Brod ich hertt!“ Kein Wunder – es ist von Lüönd!
Sogar jetzt noch unlauterer Wettbewerb!
Auch beim Thema Brot schwirren noch Gedanken des Verstorbenen Urs Beeler in den Köpfen der Leute herum. Gerüchteweise wird behauptet, Beeler hätte zu Lebzeiten behauptet, mit einem dreitägigen Lüönd-Brot könne man „jeden totschlagen“. Schriftlich habe er eine solche Aussage jedoch nie gemacht, da sie „unlauterer Wettbewerb“ bedeutet hätte und von der Schwyzer Justiz sofort mit Busse und/oder Gefängnis bestraft worden wäre.
„Du muesch es halt dünkä…“, ruft ein urchiger Schwyzer Bauer Michael Hetzler zu. Und so kommt trotz kargem Mahl doch noch gute Laune auf.
„Das ist ja kein Leichenmal mehr, sondern eher ein Volksfest“, meint ein alteingesessener Schwyzer.
„Der Beeler ist sowieso nie normal gewesen – wie sollte dann auch seine Beerdigung normal sein?“ kommt als Antwort von einer älteren Frau.
Plötzlich klingelt der Wecker und ich erwache. Alles nur geträumt…