Inserat

Inserat

Vorbemerkung: Hier finden Sie Briefe (Faxe) von Urs Beeler an Bert Engelbrecht, Neuseeland.

 

Mythen-Post Mr. Bert Engelbrecht
191 Hackthorne Road
Postfach 7 Cashmere
6431 Schwyz NZ-Christchurch
Tel./Fax 041 811 20 77 Fax/Tel.: 00643 332 4638

 

Schwyz, den 13.11.95

 

Lieber Bert

Heute haben wir herrliches Föhnwetter und ich erlebe die Auferstehung von den Toten… Vergangene Woche war ich praktisch nur eines: depressiv, mit einem Bein im Grab.
Jetzt ist mein Humor – glücklicherweise – wieder zurückgekommen.

Deine Abreise nach Neuseeland setzte mir wirklich zu. Dann noch die Nachricht, dass F.X. in O. ist und der R14 auf dem Schrottplatz. Apropos R14: Am dritten Tag wollte ich meinen geliebten R14 wieder zurückholen.

R.H. meinte, für Fr. 10’000.– könne man den Wagen wieder „wie neu“ machen. Ich rief deshalb frühmorgens Kari Eichhorn an, ob das Auto noch da sei. Er antwortete mit „ja“ und am selben Nachmittag ging ich mir den Wagen anschauen: riesiges Entsetzen! Die Mechaniker hatten den 14er zuvor bereits mit allerlei Gerümpel für den Schrottplatz vollgepackt, den sie jedoch anschliessend auf Kari’s Weisung wieder herausgenommen hatten. Die Sitze hatten aber stark gelitten (viele Flecken) und es stank so bestialisch, dass ich meine R14-Renovationspläne endgültig begraben musste.
Kari Eichhorn tat die Sache enorm leid und er machte sich Vorwürfe. Ich selbst war an diesem Tag am Boden zerstört. Kari meinte im Nachhinein, ich sei an diesem Tag so traurig gewesen, „wie wenn ein lieber Mensch gestorben sei.“

„Vergessen Sie doch endlich diese französische Scheiss-Karre!“ höre ich Deinen Vater in der Phantasie sagen. Tatsache ich, dass ich mein „fahrendes Sofa“ arg vermisse. An den Micra werde ich mich wahrscheinlich nie gewöhnen. Ich bin noch nie so frustriert Auto gefahren wie die vergangenen 4 Wochen. Optisch ist ja alles „glatt“ an diesem Auto und es kommt bei den Kunden gut an. Sie finden die Form gefällig. Aber richtig Spass beim Fahren macht es nicht. Das Fahrwerk ist ein grosser Schwachpunkt. Je mehr ich Micra fahre, desto mehr wird mir bewusst, dass die Japaner von Fahrwerken keine Ahnung haben. Zum langsamen Fahren ist es zu hart und zum schnellen Fahren ist es auch nicht ausgelegt. Störend ist ausserdem die starke Tendenz zum Untersteuern.
Mit Wehmut denke ich an meinem geliebten R5 GT Turbo zurück. Der Micra kann dem wirklich nicht entfernt das Wasser reichen…

Nun die Vorteile: Was super ist, ist die Handlichkeit. Für Kundenbesuche und zum Einkaufen ist der Wagen ideal. Ich kenne kaum ein Auto, das so „spielerisch“ ist (vielleicht noch am ehesten der Peugeot 106). Seitwärtsparkieren in engste Parklücken ist mit der leichtgängigen Servolenkung ein Kinderspiel.
Die übrige Technik ist „typisch Nissan“. Sheka Metha (schreibt man das so?) lässt grüssen. Mit dem Micra kannst du mit brutalster Gangart fahren – der Karren ist so zäh wie ein Geländefahrzeug (Safari Rallye – kein Problem! Du musst nicht einmal etwas modifizieren…). Das ist auch wieder so ein Problem. Der Micra ist mir einfach zu „rauh“. Ich hab’s halt lieber weich und fein.
Punkto Durchschnittsverbrauch bin ich vom Micra ebenfalls etwas enttäuscht: 10 Liter!
Etwas Sorgen machen mir auch rasche Gangwechsel vom 1. in den 2. Gang. Irgendwie [Anmerkung: Dieses Problem verschwand mit der Zeit]. Die Bremsen haben selbst bei niedrigen Aussentemperaturen eine ausgeprägte Tendenz zu Fading. [Anmerkung: Tatsächlich ist es keine „Rennbremsanlage“, aber es ist i.O.]

Während vier Wochen habe ich mir überlegt, ein anderes Auto zu kaufen. Aber der Witz ist, dass es nichts Vernünftiges gibt. Am ehesten vielleicht noch den Peugeot 306 mit 1,4-Liter-Motor. Der hat ein relativ weiches Fahrwerk (weicher als der dunkelgrüne, den wir gefahren sind). Aber so richtig überzeugen tut mich dieser Wagen auch nicht. Optisch gefällt mir der Micra besser. Schönes Rot, keine getönten Scheiben und ein heller, freundlicher Innenraum. Dem gegenüber steht beim Peugeot das bessere Fahrwerk.
Von allen von mir getesteten Autos kommt der 306 dem R14 in der Charakteristik am ehesten entgegen, wobei er aber bei weitem nicht den legendären Federungskomfort bietet.

Kritikpunkt beim 306 ist der laute Motor (das 1,4-Liter-Triebwerk ist noch einiges lauter als der Motor in dem grünen 306, den wir [bei Hediger] gefahren sind). Das Drehvermögen ist aber geradezu brachial! Dieser Motor dreht und dreht und dreht – vergleichbar dem 1,1-Liter-Motor des 106 Diabolo, mit dem wir im Sommer 1993 unterwegs waren.

Ob ich – meinem Rücken und Nacken zuliebe – im Frühling ’96 auf Peugeot umsteigen werde, ist noch offen. Ich weiss schon, dass man Chirac [Anmerkung: In Anspielung auf die damaligen Atom-Tests] boykottieren sollte. Das Verrückte aber ist, dass ich mich offenbar nur in einem französischen Auto „zuhause“ fühlen kann. [Anmerkung: Diese Aussage trifft vor allem auf die alten, bequemen Franzosen zu.]

Dein Fax vom 5.11.95 war für mich ein grosser Aufsteller. Ich habe das Gefühl, dass Du in Neuseeland richtig auflebst! Mögen all Deine Pläne gelingen. Ich wünsche Dir alles Glück!

Umgekehrt macht es mich natürlich traurig, dass Du, mein lieber Freund und Kollege, nicht mehr hier bist. Anfänglich war ich so demprimiert, dass viele mit mir Mitleid empfanden. In der Druckerei sagten sie: „Herr Beeler, heute sehen Sie wirklich schlecht aus…“ Mehrere Leute (Druckerei Kürzi, Kunden, Willy M.) rieten, Dich in Neuseeland zu besuchen. Die Leute verkennen jedoch meine panische Flugangst…

Ich habe mir in den vergangenen Wochen die Frage gestellt, was ich hier in Schwyz soll. Mich dünkt es manchmal, dass hier alles von Tag zu Tag nur noch trostloser wird. Schwyz (die Leute hier, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen) ist ein furchtbares Kaff. Irgendwie möchte ich dem Ganzen entrinnen, umgekehrt gibt es einfach noch gute Gründe [Anmerkung: M. und K., die herrliche Wohnlage, die heimelige Wohnung, das schöne Büro], die mich zum Hierbleiben veranlassen.

Ich bewundere Deinen Mut, Dein Leben total neu zu gestalten. Ich finde das toll! Beim Lesen von Deinem Fax kam mir der Gedanken, auch mein Leben neu zu gestalten. Aber ich hänge an Schwyz nun einmal…

Ich muss hier meinen Kampf fechten – und mich auch finanziell verbessern. Wenn ich vielleicht eines Tages meine Flugangst überwinden kann…

Ich glaube nicht, dass man in Schwyz, der Schweiz, ja Europa im allgemeinen „noch gross glücklich werden kann“. Irgendwie entwickelt sich alles zum Negativen. Dieser Eindruck wird auch durch die negativen Berichte der Medien bestätigt. Es dominiert allgemein die Freudlosigkeit. Man kann nur versuchen, als kleine (Familien)Insel in diesem Wahnsinn zu überleben. [Anmerkung: Gesundheit von M., K. und mir, eine intakte Umgebung, gut gesinnte Leute, gesunde Ernährung und Produkte, genügend Geld, geistige und materielle Unabhängigkeit – dann kann das Leben in der Schwyzer Bierbrauerei-Festung sehr schön sein!]

(…)

Was mich immer wieder erstaunt, ist, dass dieser gesellschaftliche Wahnsinn funktioniert, obwohl doch besseres Wissen da wäre, den Zustand zu ändern. Aber offenbar wollen das die Leute gar nicht. Das ist wirklich irrational!

Ich möchte die Umgebung um mich schöner, freudiger, lebensfroher machen. (…)

Für mich ist es wichtig zu wissen, ob es eine Gesellschaft ausser dieser hier in Europa gibt, die anders, besser ist. Ich bin deshalb sehr gespannt zu erfahren, wie Du Neuseeland und die Leute dort erlebt.

(…) So bin sehr froh, dass ich geschäftlich wenigstens viel mit Leuten (wenn sie auch manchmal schrecklich sind…) zu tun habe. Das lenkt ab.

W.M. meinte kürzlich zu mir: „Du weisst zu viel…“ Wahrscheinlich kommt mir das Leben hier manchmal so unerträglich vor, weil ich tief im Innersten weiss, wie schön es (auch in der Schweiz) sein könnte.

Ich sollte nicht so negativ denken. Schliesslich bin ich ja einigermassen gesund und besitze die Möglichkeit, mein Leben selber zu gestalten. „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmid“, heisst ein Sprichwort. Resignieren bringt nichts.

So lebe ich hier [und] schaue, dass das Geschäft einigermassen läuft – und ich in einigen Jahren finanziell und auch emotional unabhängig bin. Wer sein Leben lang dem Geld nachrennen muss, bleibt ein Sklave.

In diesen Tagen habe ich mir überlegt, ein neues Buch zu schreiben. Ich nehme die Arbeit jedoch nicht auf, weil man an der herrschenden Situation ohnehin nichts ändern kann. Solange die Menschen sich nicht selber ändern wollen, geschieht gar nichts.

Bereits die guten Gedanken in der Bibel, die von Karl Marx, Wilhelm Reich usw. würden genügen, die Welt besser zu machen. Was soll man noch hinzufügen? Jeder Gedanke wäre Verschwendung!

Du hast (vorausgesetzt Neuseeland ist gut) den richtigen Schritt gemacht – und die Umgebung gewechselt. Aus der Feststellung „Jeder Tag in Schwyz ist verloren“ zogst Du die Konsequenzen.

(…) Die Menschen hier sind am Anschlag. Der Konkurrenzdruck ganz allgemein wird härter. Weil’s immer enger wird, werden die Leute noch egoistischer, auf-sich-bezogener. Es wird immer mehr gelogen und geheuchelt – überall.

Das ganze Leben wird automatischer, mechanistischer. Wilhelm Reich hat bereits in seinem Buch „Massenpsychologie des Faschismus“ vor der Mechanisierung des menschlichen Lebens gewarnt. Aber dieses Wissens eines einzelnen oder ein paar weniger ändert offenbar nichts.

(…)

Am vergangenen Samstag vor einer Woche fiel der israelische Ministerpräsident Rabin einem Attentat zum Opfer. (…)

Ich sehe all diese Dinge mit sehr grosser Sensibilität. Tiere besitzen auch diese Sensibilität. Im Gegensatz finden es hiesigen Normalmenschen als normal, Tiere in enge Käfige zu sperren.

Die Menschen sollten endlich lernen, die Tiere als Mitgeschöpfe zu sehen und zu behandeln. So müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, Tiere nicht zu töten und auch nicht zu essen. Den Charakter eines Menschen lässt sich gut danach bemessen, wie sein Verhältnis gegenüber Tieren ist. Mich nähme es deshalb sehr wunder, wie in Neuseeland mit Tieren umgegangen wird – wie weit der Tierschutz entwickelt ist.

Das Problem der heutigen Zeit ist: Ein Grossteil der Leute ist „falsch programmiert.“ Sie wurden mit falschen Daten (Erziehung, Tradition usw.) gefüttert. Im Prinzip müsste man „neu formatieren und frisch laden“…

Ist Neuseeland das „Paradies auf Erden“? (humanere Wirtschaft, ökologische Landwirtschaft, kinderfreundliche Schulen bzw. Erziehung, andere Wertvorstellungen, andere Lebensauffassung?)

Robert Marty aus Brunnen sagte kürzlich, falls es mit der Schweiz so weitergehe, wolle er auch nach Neuseeland auswandern.

Nochmals vielen lieben Dank für Deinen informativen Fax vom 5.11.95. Er sprudelt von Neuigkeiten und Leben. Und herzliche Gratulation natürlich zu Deinem Hauskauf! Ich freue mich für Dich… and wish you all the best (das Englische gesprochen mit der markanten Stimme von Mr. Becker senior).

Viele Grüsse
Urs

PS: Gestern habe ich mit Deiner Mutter telefoniert.

Ich freue mich, dass Deine Eltern wieder da sind und werde sie demnächst besuchen.

Übrigens: Sollten meine Depressionen nicht verschwinden, werde ich zu Vater Engelbrecht in Therapie gehen…

 

Schwyz, den 28.11.95 (Anmerkung 1: Da ist möglicherweise etwas mit den Daten nicht korrekt bzw. schief gelaufen und muss noch korrigiert werden.)

Lieber Bert

Vielen herzlichen Dank für Deinen Fax vom 20.11.95.

Eigentlich wollte ich Dir exakt am 1. Dezember anlässlich Deines Haus-Bezugs noch ein Fax schicken. Leider wurde aus dem guten Vorsatz nichts. An besagtem Freitag raste ich wegen Auto-Versicherungsofferten und div. anderen Dingen herum. Einige vorgesehene Kunden-Besuche fielen ebenfalls ins Wasser.

Nun nachträglich nochmals ganz herzliche Gratulation zu Deinem Hauskauf. Ich bin sicher, dass in einigen Wochen (oder spätestens Monaten) dieses Haus wie neu aussieht, wenn Du mit Deiner bekannten Perfektion Hand anlegst.

Mit schöner neuer Farbe, frischen Tapeten und einer hübschen Inneneinrichtung kannst Du Dir nun ein eigenes Paradies in Neuseeland schaffen.

Du musst ja nicht alles auf einen Schlag machen, sondern kannst Dir Zeit nehmen, so dass das Haus Schritt für Schritt Deinen Vorstellungen entspricht. Diese Arbeit allein wird Dir mit Sicherheit viel Befriedigung verschaffen. Ich weiss noch, wie früher mein Vater neue Wohnungen in unserem Haus plante und realisierte. Das war für ihn eine grosse Passion.

Was gibt’s aus Schwyz Neues zu berichten? Charly, der hinter mir auf dem Tisch pfeift, ist so zutraulich geworden, dass ich ihn mittlerweile sogar streicheln kann (Er besteht sogar darauf, indem er seinen Fuss demonstrativ auffordernd aus dem Käfig hält!). Das Tierchen nimmt – so scheint es mir jedenfalls – durch den Umgang mit mir immer stärkere „menschliche Züge“ an. Auch meine wertkonservative Lebensart teilt er. Auf negative Veränderungen z.B. reagiert er mit vehementem Protest… Auch ist er ein regelrechtes „Nachtlicht“. Am vergangenen Samstagabend schauten wir bis 23.45 Uhr (er wollte nicht schlafen gehen…) Spiegel TV. Die betr. Sendung brachte eine recht ausführliche Biographie über den deutschen Grossverleger Axel Springer. Es nahm mich wunder, wie dieser Mann durch das Verlagsgeschäft „steinreich“ wurde. (…) In der Sendung wurden auch Interviews mit seinen früheren Verlagsmanagern gebracht. Mir war keiner dieser stark oral-regredierten Typen (ein Dicker hatte während des gesamten Interviews immer eine dicke Zigarre in der Hand…) sympathisch. Ich glaube, auch Dir hätten Sie nicht gefallen.

Die Grundidee des Axel-Springer Imperiums scheint mir die gewesen zu sein: Wie kann ich aus dem einfachen Gemüt des kleinen Mannes am meisten Kapital schlagen? Die verlegerischen Produkte wurden dann genau auf dieses Zielpublikum abgestimmt. Mit gewaltigem Erfolg! Das Imperium war bald 1 Mrd. wert!

Ausser einer aussergewöhnlichen Sympathie für den Staat Israel (Springer besuchte z.B. den jüdischen Staatsmann Ben Gurion) und einer unendlicher Trauer über den Holocaust während des 3. Reiches finde ich an Springer nichts menschlich „Anziehendes“ bzw. Bewundernswertes. (Obwohl dieser Mann vermutlich schon etwas Spezielles an sich haben musste, sonst hätte er es nicht geschafft, innerhalb von relativ wenigen Jahren eine solches Imperium aufzubauen.) Was mich aber an Springer enttäuschte, war sein zu wenig vorhandener „philosophischer Background“: Ein (für meine Begriffe) enges nationales Ideal verbunden mit einem (soweit ich es aus dem Film-Beitrag beurteilen kann) bescheidenen allgemeinen Weltbild.

Gerade an diesem Mangel an philosophischem, soziologischen und psychologischem „Background“-Wissen scheint Springer nach 1968 gescheitert zu sein. Trotz einem Riesenvermögen, gewaltiger Macht (höchste Politiker aller Parteien inkl. Bundeskanzler gaben sich regelmässig bei ihm die Ehre) war dieser Mann nicht glücklich. Er hatte sich in Windeseile ein Imperium aufgebaut, das für ihn zu viel wurde und dessen Früchte er gar nicht richtig geniessen konnte. Auch familiär muss sein Leben enttäuschend gewesen sein. Zahlreiche gescheiterte Ehen, ein Sohn, der Selbstmord beging usw. In der Sendung wurden auch Interviews mit seinen früheren Ehefrauen gebracht: Ich hätte (vom Charakter her) keine einzige von ihnen zur Frau haben wollen!

Erstaunlich ist, dass ein Mann wie Springer mit so vielen Komplexen (z.B. Angst, religiösen und mystischen Wahnvorstellungen) und Schwächen (z.B. Faulheit) einen solchen Erfolg haben konnte. Die Zeit nach dem Krieg, wo – vor allem in den Fünfzigerjahren – eine allgemeine Aufbruchstimmung herrschte, kam ihm sicher zugute. (Die Eigendynamik in seiner Firma muss eine gewaltige Rolle gespielt haben!)

Ich habe mir überlegt, was zu tun wäre, um (…) erfolgreich zu machen. Erstens müsste man sie „unentbehrlich“ machen, wöchentlich herauskommen mit einem Veranstaltungskalender und aktuellen Information, günstigen Inseraten (Wohnungs- und Liegenschaftsmarkt, Stellen usw.) (…) Nur will ich das nicht. Ich müsste den Betrieb personell aufstocken. Mindestens 1 Person müsste wöchentlich auf „Inserate-Fang“ gehen, dann müsste man eine fixe Inserate-Annahmestelle an der Kollegiumstrasse schaffen (1 Stelle für Inserate und Administration), hinzu käme 1 Layouter und 1 Redaktor. Ich sehe jedoch von einem solchen Ausbau ab, weil man a) gute Leute nicht kriegt und b) das ganze in mechanische Hektik und Abhängigkeit (vom Personal und den Inserenten) hinauslaufen würde. Ferner habe ich das Gefühl, dass der Markt in Schwyz in den kommenden 1-2 Jahren sowieso „nicht mehr hergibt“. Und ich bin politisch zu umstritten, dass ich alle Kunden anspreche…

Die M.-P. kann weiterhin nur als Nischenprodukt und auf Sparflamme operieren. Mehr liegt nicht drin. Ich kann nur versuchen, aus diesem Minimum, das mir am Markt gegeben wird, ein Optimum herauszuholen. Für 1996 heisst dies konkret: Optimieren des Verkaufs (Themen-Schwergewichte, z.B. Auto, Mode usw. bzw. Orts-Ausgaben, z.B. Muotathal, Schwyz usw.) und des redaktionellen Teils (mehr Themen, griffig geschrieben; mehr Bilder, mehr Information, mehr Unterhaltung, Wettbewerbe usw.). Punkto Verkauf ist wie folgt vorzugehen: 1. Phase: möglichst viele Abschlüsse machen, 2. Phase gezielt auf Themen- bzw. Ortsausgaben Inserate verkaufen. Redaktionell muss ich – marktgerecht – einen Grobplan betr. dem Inhalt für alle 12 Ausgaben des Jahres 1996 zusammenstellen. Nur, wenn ich in Zukunft ein gutes Marketing betreibe, habe ich mit der M.-P. eine Überlebenschance. (Redaktionell werde ich weiterhin einen eigenständigen Kurs halten)

(…)

Zuerst muss ich unbedingt einmal richtig Ordnung in meinen zwei Büros machen. [Anmerkung: Das sagt Beeler seit Jahren!] Unheimlich viel Material hat sich gestapelt und vieles davon muss archiviert werden. Administrativ muss mein Kleinbetrieb total gestrafft werden. Es muss eine klare Ordnung nach Prioritäten geben. (Mittlerweile komme ich mir schon vor wie eine österreichische Verwaltung, die sich selbst verwaltet und unter dem Strich viel zu wenig effizient arbeitet). Wenn Du mir ein paar Tips geben kannst, bin ich Dir dafür sehr dankbar (Mehr sparen kann ich jedoch nicht mehr! Markus Waldvogel sagte mir neulich, ich sei jetzt schon mit Abstand sein sparsamster Klient…)

Was gibt es sonst noch zu berichten? Vom 30. November bis 3. Dezember war Weihnachtsausstellung in der Turnhalle Rubiswil. Ich habe die Ausstellung 2 x besucht und muss sagen, dass sich die Gewerbler viel Mühe gegeben haben. Die Stände waren schön, der Platz recht grosszügig und die Atmosphäre (für Schwyzer Verhältnisse) gut. (Ich habe mit drei 36er Filmen die Ausstellung photografisch festgehalten…)

Spass hatte ich noch an E. v. E. (xy , Brunnen), einer Kundin von mir. Obschon sie verheiratet ist und etwa drei kleinere Kinder hat, zeigt sie (für eine Schwyzerin eine absolute Ausnahmeerscheinung!) spontan ihre Herzlichkeit. Auch ihr Mann D. ist sehr nett. Es ist schön zu wissen, dass es im Talkessel Schwyz auch noch solche Menschen gibt.

An der Weihnachtsausstellung redete ich auch noch mit Deinem alten Schulkollegen F.M. Er sagte, ich solle Dir unbedingt noch einen Gruss von ihm ausrichten. Vielleicht werde er irgendwann auch einmal nach Neuseeland reisen. Seit Jahren schon beschäftige er sich mit der Südsee.

Im Mythen-Center traf ich B.R. (Sohn von T.R.), der mit seiner Freundin neulich in Neuseeland (übrigens auch Christchurch!) war. Dann habe ich noch Grüsse an Karin auszurichten von Frau Dettling (senior) vom Gasthaus Bauernhof in Lauerz. Karin sei die beste Serviertochter gewesen, die sie jemals gehabt habe.

Sonst noch Neues?

Ich habe mir am 28.11. einen roten Peugeot 306 XR mit 1,4-Liter-Motor (75 PS) bei R.H. bestellt. Ich hoffe, dass es der richtige Schritt war (nach über 1’200 km Nissan Micra…).

Wie bereits geschildert, sieht der Micra mit seiner rundlichen Form und dem hübschen Rot zwar gefällig aus. Das Auto ist sehr übersichtlich und handlich. Die Kopffreiheit ist ausgezeichnet und die Instrumente sind übersichtlich angeordnet. Super ist z.B. die Lüftung: einige Sekunden und beschlagene Scheiben werden im Handumdrehen klar (mit einem alten Renault muss man mindestens nach Zürich fahren, bis der Ventilator etwas Wirkung zeigt… (vgl. Othmar Gwerder im R4…) Das ganze Auto wäre i.O. – bis auf die spartanisch-harten Sitze und das Fahrwerk. Im Vergleich zu einem französischen Standard-Fahrwerk ist die Micra-Aufhängung total primitiv (sie sieht aus wie von 6.-Klässlern konstruiert und ist – vor allem auf längeren Strecken – entsprechend zu fahren…). Was mich ebenfalls etwas angurkt, ist der kleine Tank. Alle 400 km ist ein Tankstopp nötig. (Die in der Werbung angepriesenen 5-6 Liter lassen sich wahrscheinlich nur auf dänischen Autobahnen im 5. Gang realisieren…).

(…)

Ich habe mir neulich auch den Almera (Sunny-Nachfolger) bei Kari Eichhorn angeschaut. Die Sitze dieses neuen Modells entpuppten sich als ungefähr so bequem wie ein Brett aus Buchenholz…

Etwas leid tut es mir, jetzt schon einen Markenwechsel vornehmen zu müssen. Kari Eichhorn war (ist) mir gegenüber sehr grosszügig (ein wirklich ausgesprochen fairer Garagist!). Auch neulich z.B., als ich 4 Winterreifen benötigte. Nun kann ich „nur Kari zuliebe“ aber nicht Nissan fahren und Rückenschmerzen haben. [Anmerkung: Kari Eichhorn inserierte später nicht mehr, was nicht so flott war.]

Seit ich Micra fahre, habe ich fast immer Rückenschmerzen.

Der Peugeot 306 XR ist sicher auch nicht das Gelbe vom Ei (sonst hätte ich ihn sicher schon vorher gekauft!). Jedoch bietet er mehr Raum und Komfort. Der 1,4-Liter-Motor gilt als „narrensicher“ (er wird übrigens auch im Peugeot 106 und 205 sowie Citroën AX und ZX verwendet). Was mich optisch am meisten stört, sind die getönten Scheiben (Normalglas ist heute auch bei Opel, VW usw. – soweit ich orientiert bin – nicht mehr erhältlich). Auch das Rot ist nicht so schön wie das des Micra. Klapper- und Knarrgeräusche werden wahrscheinlich „obligatorisch“ mitgeliefert… Dafür hat der Peugeot mit Sicherheit die weicheren Sitze und das komfortablere Fahrwerk. Punkto Geräuschkulisse lasse ich mich überraschen. Das Auto wird voraussichtlich im Januar produziert werden – vielleicht lassen sich die Franzosen für den Jahrgang 1996 noch etwas gegen die hohen Dezibelzahlen einfallen… (Sonst bleibt nur eines übrig: niedertourig fahren. Ein Drehzahlmesser – anstelle der Riesenuhr – ist übrigens laut Prospekt bei diesem Modell serienmässig vorhanden!).

Wann das Auto genau kommt, weiss ich nicht. Momentan wird in Frankreich sowieso noch gestreikt (Gegen Sozialabbau streiken diese Deppen, jedoch nicht gegen Atomtests!!).

Konsequenterweise hätte ich als Atomtest-Gegner im Moment auch keinen Peugeot kaufen dürfen…

Viele Grüsse (auch an Jörg und Karin)
Urs

 

Schwyz, den 30.11.95 (Anmerkung 2: Da ist möglicherweise etwas mit den Daten nicht korrekt bzw. schief gelaufen und muss noch korrigiert werden.)

 

Lieber Bert

Vielen herzlichen Dank für Deinen Fax vom 20.11.95.

Vor zwei Wochen war ich nicht einmal sicher, ob ich noch im Januar mit einem Heft herauskommen kann… Diesbezüglich sieht es glücklicherweise wieder etwas besser aus.

Damit man im Verkauf Erfolg haben kann, muss vor allem das psychische Umfeld stimmen. Am Montagmorgen vor einer Woche glaubte ich noch, diese Basis würde optimal stimmen. „Es wird fein gekocht, die Wäsche ist tip top sauber, die Rahmenbedingungen (wenigstens im Haus) sind gut.“, dachte ich mir. Am Nachmittag kam es dann zu einer fürchterlichen Auseinandersetzung wegen einer absoluten Belanglosigkeit. Ich selbst blieb recht „cool“, focht mit Argumenten. Aber die Angelegenheit eskalierte – bis K. mich schliesslich tätlich angriff (!) und nicht mehr von mir ablassen wollte. Verrückt!

Der Hintergrund? M. geht’s nicht besonders gut. Die Gleichgewichtsstörungen von den starken Medikamenten wollen und wollen nicht bessern. Herz, Lunge und Leber sind ebenfalls in ihrer Funktion stark beeinträchtigt. Klar, dass dann der Mensch als Ganzes angeschlagen ist und überempfindlich reagiert.

Die Devise in unserem Haushalt heisst „schonen“. Ich respektiere das auch. Gerade an diesem Tag aber gab es eine typische Situation, wo ich nicht schweigen konnte. Ich musste meine Meinung sagen…

Das Problem ist nun, dass es solche Konflikte in unserem Haushalt nicht mehr verträgt. (…). Vom psychischen Ablauf her ist mir alles klar. Das Problem aber ist, dass man Probleme meist nicht ausdiskutieren bzw. den „Knopf“ lösen kann. Je mehr ich es versuche, desto grösser werden die Widerstände. Der Widerstand war vor einer Woche so gross, dass mich (wie ich bereits erwähnte) K. tätlich angriff. Das schmerzt einen natürlich. Aber die Zeit lässt Gras darüber wachsen.

Ich selbst kann im nachhinein nicht einmal „böse“ sein, weil ich die gegen mich ausgeübte Aggression als Hilflosigkeit verstehe. Weil Argumente fehlen, wird einfach drauflosgeschlagen.

Wie ging’s weiter? Beide redeten nicht mehr mit mir und behandelten mich als Fremden. Meine Post z.B. musste ich selber vom Briefkasten heraufholen (ihre eigene holten sie, meine wurde „aussortiert“…).

Das ganze Theater war kindisch. Im Prinzip ist jeder Gedanke daran Verschwendung.

Bei der Austragung von Konflikten geht es mir jeweils darum, reinen Tisch zu machen und wieder vorwärts zu schauen. Wenn ich verärgert bin, dann kurz und intensiv – nachher scheint wieder die Sonne. Aber zu derartiger Konfliktbewältigung sind meine „Mitbewohnerinnen“ (wobei: die meisten Leute!) oft nicht fähig. Sie lassen sich vielmehr auf „Zermürbungsschlachten“ ein, die für beide Seiten nichts, aber auch rein gar nichts bringen, sondern nur schaden, weil sie viel psychische Energie fressen.

Am liebsten hätten sie mich an diesem Tag zum Teufel gejagt.

„Wie kann man zu solchen Hassregungen fähig sein, wenn man doch schon so lange unter demselben Dach wohnt?“ fragte ich mich. Da kann doch irgendwie etwas nicht stimmen… „Man“ lässt doch unterschwellige Konflikte nicht so lange anwachsen, bis sie „atomares Potential“ entwickelt haben. (…)

Ein Trost habe ich: Jedes Jahr vor Weihnachten gab es in den vergangenen Jahren solche „psychische Gewitter“.

Schon vor Jahren haben sie mir nahegelegt, ich solle doch „ausziehen“. Erstens wohne und arbeite ich hier gern und zweitens glaube ich nicht, dass sich die Lebensqualität von M. und K. durch meine Abwesenheit erhöhen würde.

Natürlich sehe ich, wieviel die beiden Frauen tagtäglich für mich tun bzw. schon getan habe. Ich schätze ihre Arbeit und zeige auch meine Dankbarkeit. Das Problem ist aber, dass sie gerade ihre Hausfrauenarbeit des öfteren als Druckmittel gegen mich einsetzen…

Einerseits verwöhnen sich mich, andererseits machen sie mich – den „Verwöhnten“ – aber auch abhängig. Denn wenn die gewohnten Dienstleistungen einmal ausfallen, vermisse ich sie sehr…

Umgekehrt sehe ich nicht ein, wieso ich einen eigenen Haushalt führen soll. Ich bin zeitlich (Büro!) dermassen ausgelastet, dass ich sehr froh bin, dass mir wenigstens das Kochen sowie Waschen/Bügeln abgenommen wird. [Anmerkung: Später ändert sich das. Beeler macht alles allein.]

(…) Ich glaube nicht, dass es nötig ist, noch mehr Worte zu diesem Thema zu verlieren. Du kennst mich und meine Situation gut genug.

Was in unserer Familie oft fehlt, ist der „Blick nach vorn“. K. belastet der Gesundheitszustand von M. manchmal so stark, dass sie (wie geschildert) „durchdreht“. Das Thema „Krankheit“ und „Tod“ taucht in unserem Familienalltag immer wieder auf. Dabei bringt dieses negative Denken niemanden weiter. Vor allem: Ich brauche unbedingt einen klaren Kopf zum Arbeiten! (Ich bin schon Masochist genug, ohne dass man mich noch laufend mit Schuldgefühlen vollpumpen muss!!) Mein Ziel ist, in Harmonie zu leben. Ich möchte, dass alle gesund sind und mit Optimismus in die Zukunft gehen. Wenn die Atmosphäre innerhalb einer Familie stimmt, lässt sich eine rauhe Aussenwelt problemlos ertragen.

[Anmerkung: Oder man kann auch allein leben, was Beeler später macht und dabei sehr glücklich ist.]

Als ich es neulich zuhause nicht mehr aushielt, fuhr ich am Abend mit dem Auto fort. „Wie schön wäre es doch jetzt, Bert in Rickenbach aufsuchen zu können“, dachte ich. Ich vermisse Dich wirklich sehr!

Früher hatte ich in jedem Lebensabschnitt Kollegen: in der Primarschule, der Sek., dem Kollegi und auch später. Aber so verdammt verlassen wie jetzt war ich in meinem ganzen Leben noch nie. [Anmerkung: Später macht das Beeler nichts mehr aus. Reine Gewöhnungssache!] Gewiss könnte ich mit irgend jemandem abends weggehen. Doch ich weiss zum vornherein, welch‘ Eintönigkeit mich erwartet.

Mein eigenes Problem ist, dass ich enormen psychischen Schwankungen unterworfen bin. [Auch das hat sich später stabilisiert.] Vergangene Woche dachte ich jeden Morgen nach dem Aufstehen an Selbstmord. Während dem Tag sagte ich mir: „Das Beste wäre eigentlich, gar nicht geboren worden zu sein.“ – Nun, solche Gedanken findet man bereits im Alten Testament.

Ich weiss auch nicht, woher diese enormen Schwankungen meines Gemüts herkommen. [Anmerkung: Das hypersensible Immunsystem!!!] Einerseits hat es sicher etwas mit meinem speziellen Stoffwechsel zu tun, andererseits dürften auch das Wetter und andere Faktoren einen grossen Einfluss auf meine Psyche haben.

Wilhelm Reich ist in den Fünfzigerjahren übrigens auch beim Wetter gelandet und hat es untersucht. Doch momentan habe ich weder Zeit noch Energie, mich mit Fragen der menschlichen Bioelektrik oder Reichs Orgonomie auseinanderzusetzen. Ich muss vor allem schauen, dass ich finanziell überleben kann. Viele Inserate-Abschlüsse sind per Ende Jahr abgelaufen.

Der Verkauf macht mir Spass, obwohl er psychisch unglaublich aufwendig ist. In den vergangenen Tagen habe ich dermassen viel Telefon-Marketing betrieben, dass Vater Engelbrecht und „Herr Scherer“ recht alt ausgesehen hätten… „Urs, Sie sind ja nicht normal…“ höre ich Deinen Vater in meiner Phantasie dazu sagen.

Bezüglich Telefon-Marketing kommt mir heute die Erfahrung von Deinem Vater und „Herrn Scherer“ sehr zugute, wobei ich das ganze Prozedere des Telefonierens auf mich zuschneide, d.h. ich benutze kein festes Schema und verwende auch keine dieser mühsamen und mich abstossenden Verkauf-Tricks. Ich geschäfte meinem Naturell gemäss, wohlwissentlich, dass ich mit meiner Methode zwar wahrscheinlich weniger ökonomischen Erfolg, dafür mehr emotionale Zufriedenheit (ein reines Gewissen!) habe.

Der Verkauf ist heute unglaublich hart. Und es gibt viele Typen, ähnlich dem Herrn Sch. vom Schuhhaus M. in Sattel…

Trotzdem ist der Verkauf eine lustvolle Herausforderung. Es ist, als ob man einen hohen Berg erklimmen will. Das ganze Unterfangen braucht unheimlich viel Kraft. Plötzlich wechselt das Wetter, es fängt (bildlich gesprochen) an zu schneien, dann scheint wieder die Sonne und es wird wärmer.

Einerseits muss man sich auf die äusseren Bedingungen einstellen, andererseits möglichst gut mit seiner eigenen Energie haushalten (ja nicht verausgaben, was ich leider viel zu oft tue!). Ein guter Verkäufer muss gleichzeitig etwas Spieler und Komödiant sein. Man darf das Verkaufen nicht allzu ernst nehmen, sondern muss es aus einer bestimmten psychischen Distanz heraus machen. Ferner ist menschliche Wärme wichtig. [Anmerkung: Ja, hier sagt Beeler interessante Dinge!]

Manchmal macht man 10, 20, 30 oder 50 Anrufe und kein Bein zeigt Interesse zu inserieren. Manchmal wiederum gibt’s Überraschungen, dass man jemanden als neuen Kunden gewinnt, von dem man es nie erwartet hätte.

Der Umgang mit Menschen ist zwar strapaziös, aber sehr interessant.

Wichtig ist, dass man im Verkaufsgespräch vom Gegenüber nicht abhängig ist, sondern denken kann: „Es gibt noch 500 andere potentielle Kunden.“ Mein Fehler war früher oft der, dass ich (masochistisch) viel zu viel Zeit am falschen Ort investierte und meinte, man müsse überall Erfolg haben können. Im Geschäftsleben heisst die Devise: nur dort Zeit und Energie investieren, wo es sich rentiert.

Als Verkäufer darf man auch keine Tabus haben. Ich muss noch viel „hemmungsloser“ werden, wobei nicht ganz so extrem wie der korpulente Geschäftskollege von Vater Engelbrecht, der an einer Ausstellung in einen „Trocken-Max „schlüpfte…

Das Problem ist, dass ich nicht immer die Energie habe, die ein Top-Verkäufer haben muss. Wenn ich depressiv bin, läuft gar nichts.

Geschäftlicher Erfolg hängt sicher einmal von der Markt- bzw. Konkurrenzsituation ab. Der entscheidende Faktor aber ist letztlich der Mensch selbst. Wenn man an etwas scheitert, so glaube ich heute, ist es nicht an der „bösen Aussenwelt“, sondern an sich selbst. Am Horst-Engelbrecht-Satz „Selber schuld!“ ist sehr viel dran! [Anmerkung: Wobei die negative Aussenwelt nicht unterschätzt werden sollte!]

Wenn ich noch immer nicht den gewünschten Durchbruch geschafft habe, dann liegt es an mir und nicht an K. oder am Leser. [Anmerkung: Hier irrt Beeler. Wenn „schlechte“ Zeiten sind, hilft gar nichts.] Und wenn ich in die falschen Aktien investiere, dann ist dies ganz allein mein Fehler. Und selbst wenn ich depressiv werde, ist es meine Schuld, denn schliesslich sollte man sich soweit entwickeln können, depressionsfördernde Situationen zu vermeiden. [Anmerkung: Prophylaxe ist auch hier richtig!]

Noch etwas Humoriges: Neuerdings gibt es eine interessante Software von IBM. Der Autor muss nur noch sprechen und die Maschine schreibt’s. Ich schlage Vater Engelbrecht vor, auf diese Weise ein Buch mit dem Titel „Selber schuld!“ zu verfassen. Das Werk wird 2’480 Seiten umfassen und alles sagen, was es jemals zu diesem Thema zu sagen gab bzw. zu sagen geben wird… („Nun hören Sie schon endlich auf, solchen Mist zu erzählen…)

Zurück zum Thema Marketing. Ich habe in den vergangenen Jahren diesbezüglich einiges verschlafen. Auch redaktionell habe ich am Markt „vorbeiproduziert“. Nun kann ich weiter sagen: „Aber es ging mit dem damaligen Wissen und aus der Situation heraus nicht anders…“ – nur bringt mich dieses Denken nicht weiter. Selbst hier hätte Dein Vater recht, wenn er sagt: „Man muss doch vorwärtsblicken!“

Ich habe das in der Vergangenheit zu wenig gemacht und muss dies nachholen.

Von P. u.a. wurde mir jahrelang eingeimpft, ich sei ein „wirtschaftlicher Nichtsnutz“. Zudem hätte ich nie einen „richtigen Beruf“ erlernt. Den Nachweis, dass man auch ohne eigentliche Berufsausbildung (Lehre, Diplom, Hochschule usw.) erfolgreich sein kann, möchte ich in Schwyz schon noch erbringen. Die (…) soll eines Tages so gut sein, dass selbst die ärgsten Kritiker nichts mehr zu meckern haben.

Wichtig ist im Geschäftsleben ein „Stehauf-Männchen“ zu sein. Entscheidend ist, niemals zu glauben, man habe es jetzt geschafft.

Im wirtschaftlichen Räderwerk zu operieren, bedeutet, täglich neu herausgefordert zu werden und neue Leistungen zu erbringen. Hier muss ich von meinem „Einstufen-Raketen-Vorgehen“ wegkommen. Nur mehrstufige Raketen, die immer und immer wieder zünden, kommen zum Erfolg.

„Urs macht Fortschritte“, würde wahrscheinlich Dein Vater an dieser Stelle sagen. Und ich hoffe, dass ich meine theoretischen Gedanken auch noch erfolgreich in die Praxis umsetzen kann.

Viele Grüsse (auch an Jörg und Karin)
Urs

 

PS: Zum Anfang: Vielleicht habe ich mich um meine Lieben zuhause tatsächlich zu wenig gekümmert und nur an mich selbst gedacht. Ich werde mir Mühe geben, dies zum Guten zu ändern. Selbsterkenntnis! [Anmerkung: Beeler hätte sich gescheiter mehr um seine Lieben gekümmert als für Kessler und andere engagiert.]

 

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