Am 5.1.1998 erschien folgender interessanter Beitrag unter Naturkost.de mit dem Titel „Kampf um Normen: EU wäscht Mineralfasern rein“
Brüssel/Bonn, 5. Januar. Offensichtlich auf Druck der internationalen Mineralfaser-Industrie hat die EU neue Richtlinien für die gesundheitliche Einstufung künstlicher Mineralfasern verabschiedet. Das zuständige Technische Anpassungs-Komitee folgte mehrheitlich einem Vorschlag der EU-Kommission. Kern des Beschlusses sind neue Kriterien für die Beurteilung der Krebsgefahr durch künstliche Mineralfasern mit dem Ergebnis, dass ein Krebsverdacht nunmehr verneint wird. Das berichten die in Frankfurt/Main erscheinenden „Arbeit & Ökologie-Briefe“, ein Informationsdienst der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt.Kern des EU-Beschlusses sind neue Kriterien für die Beurteilung der Krebsgefahr durch künstliche Mineralfasern.
Keinen Krebsverdacht nimmt die EU an, wenn die Faser im Tierversuch eines von vier Kriterien erfüllen kann:
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Welche Folge die Übernahme dieser Regelungen für Deutschland hätte, zeigt der deutsche Markt. Nach den strengeren deutschen Bestimmungen gilt z.B. die Steinwolle der Deutschen Rockwool-Mineralwoll GmbH, Gladbeck, bisher als „im Tierversuch krebserzeugend“, während sich das Konkurrenzprodukt der Grünzweig + Hartmann AG als „frei von Krebsverdacht“ bezeichnen darf. Würde die EU-Richtlinie in Deutschland umgesetzt, würde auch die Rockwool-Steinwolle „frei von Krebsverdacht“, daneben so gut wie alles, was aus Osteuropa den Markt überschwemmt.
Die EU-Entscheidung hat die gesamte Fachwelt in Deutschland aufgescheucht. Die Ablehnungsfront reicht vom Bundesarbeitsministerium über die Deutsche Forschungsgemeinschaft bis zu den Gewerkschaften einschließlich der IG Bergbau-Chemie-Energie.
Die von der EU gesetzten Beurteilungskriterien – so heißt es allgemein – seien wissenschaftlich nicht akzeptabel. Insbesondere die Inhalationstests sind schon seit Jahren umstritten, da unzuverlässig und wenig aussagekräftig. So ist etwa die krebserzeugende Wirkung bei der Asbestfaser „Krokydolith“ beim Menschen nachgewiesen. Inhalationstests mit Ratten dagegen ergaben in der Regel negative Ergebnisse – die Tiere erkrankten nicht. Nach den neuen EU-Kriterien könnten Krokydolith-Hersteller ihr Asbest-Produkt folglich als „frei von Krebsverdacht“ anpreisen. Das Bundesarbeitsministerium sucht jetzt, wie die „Arbeit & Ökologie-Briefe“ berichten, nach Wegen, „die in Deutschland geltenden Schutzbestimmungen zu künstlichen Mineralfasern nicht der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Binnenmarktes zu opfern.“
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[Anmerkung der Redaktion: Im Sommer ’01 hat die Schweiz sich dem EU-Recht betr. KMFs angepasst.]